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Klimaaktivisten: Klimakleber wollen in ganz Deutschland den Verkehr blockieren

Klimaaktivisten

Klimakleber wollen in ganz Deutschland den Verkehr blockieren

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    Ein Klimaaktivist sitzt in der Münchner Innenstadt auf der Fahrbahn und blockiert die Straße.
    Ein Klimaaktivist sitzt in der Münchner Innenstadt auf der Fahrbahn und blockiert die Straße. Foto: Lennart Preiss, dpa

    Der Klimaaktivist Joel Schmitt hat keine Angst vor dem Knast. „Wir lassen uns nicht von Gefängnisstrafen abschrecken, für eine gute Zukunft zu kämpfen“, sagt der Student. Schmitt ist noch nicht so lange raus aus Stadelheim. Dort hatten ihn die Behörden in Präventivhaft genommen, nachdem er sich Anfang November am Münchner Stachus festgeklebt hatte. Nächsten Montag will Schmitt mit seinen Leuten den Verkehr am Platz im Zentrum der Landeshauptstadt erneut blockieren. Gefängnis nimmt er in Kauf. „Ich weiß, dass mir das erneut droht“, sagt Schmitt bei einer Videokonferenz mit den Anführern der selbsternannten Letzten Generation. 

    Bei der Blockade in München soll es nicht bleiben, in Berlin werden sich die Autos auf neuralgischen Verkehrsachsen stauen, wenn die Kleber vorgehen, wie sie es angekündigt haben. Doch die beiden Metropolen reichen den radikalen Klimaschützern nicht aus. Die zu Ende gehende Woche der Protestpause nutzten sie, um Dazugestoßene in der Taktik der Blockade zu schulen. In der ganzen Republik wollen sie Sand im Getriebe sein. Nicht nur auf den Straßen, sondern vielleicht auch wieder in Museen mit Farbattacken auf Kunstwerken oder in Gebäuden der Staatsmacht, in denen der Feueralarm ausgelöst wird. „Wir werden jeden Tag mehr und mehr Menschen. Der Widerstand wird weitergehen, er wird friedlich sein, aber er wird stärker werden“, verkündete die Sprecherin der Letzten Generation, Carla Hinrichs. 

    Den Kapitalismus abschaffen

    Sie und ihre Mitstreiter eint das Gefühl, die Letzten zu sein, die das Ruder auf dem erhitzten Planeten noch rumreißen können. Die im zähen Aushandlungsprozess der Demokratie beschlossenen Gesetze und Pläne zum Klimaschutz halten sie für viel zu zaghaft, um die große Katastrophe der Erderhitzung zu bremsen. Dass Deutschland und die anderen Wirtschaftsmächte zu wenig tun, um die Erwärmung des Planeten bei 1,5 Grad zum vorindustriellen Zeitalter zu halten, ist unter Klimaforschern unumstritten.

    Beliebtestes Mittel des Protests: Ein Klimaaktivist klebt seine Hand auf die Fahrbahn.
    Beliebtestes Mittel des Protests: Ein Klimaaktivist klebt seine Hand auf die Fahrbahn. Foto: Lennart Preiss, dpa

    Die Letzte Generation will deshalb radikaler vorgehen und zum Beispiel die Marktwirtschaft mit ihrem Wachstumsdiktum abschaffen. Ersetzt werden soll sie durch eine Kommandowirtschaft, in der der Staat Energie und Ressourcen zuteilt. Als Vorbild dient Großbritannien im Zweiten Weltkrieg. „Wir kommen zurück auf ein materielles Level aus den 1970er Jahren, wo es den Leuten auch nicht schlecht ging“, erklärt Henning Jeschke, einer der Gründer der Bewegung. Finanziell unterstützt werden die Klimakämpfer vom Climate Energy Fund aus den USA, den reiche Erben amerikanischer Unternehmerdynastien wie Getty und Disney speisen. Mit dem Geld werden zum Beispiel Geldstrafen bezahlt, zu denen einzelne Aktivisten verdonnert werden. 

    Dass der Staat in Zukunft härter zu Werke geht, darauf müssen sich die Protestler einstellen. Auf Wunsch der Unionsländer soll ein bundesweites Lagebild über die Aktionen von Klimaaktivisten erstellt werden. Das beschlossen die Innenminister von Bund und Ländern am Freitag bei ihrer Konferenz in München. Bayerns Ressortchef Joachim Herrmann nannte es offenkundig, dass eine straffe Organisation hinter den Aktionen stehe. In der Folge müsse geklärt werden, ob es sich sogar um eine kriminelle Vereinigung handele. 

    Polizeigewerkschaft fordert Beobachtung durch Verfassungsschutz

    Der Deutschen Polizeigewerkschaft geht das nicht weit genug. „Natürlich müssen die Aktivisten vom Verfassungsschutz beobachtet werden, sie wollen das demokratische System schwächen“, sagte Gewerkschaftschef Rainer Wendt unserer Redaktion. „Das sind Antidemokraten“, fügte er hinzu und warnte vor einem Radikalisierungspotenzial der Aktivisten.

    Innenministerin Nancy Faeser (SPD) rief die Länder auf, sich auf eine einheitliche Linie bei Anwendung und Dauer von Präventivhaft zu verständigen. In Bayern können Menschen in Einzelfällen etwa für bis zu 30 Tage in Präventivgewahrsam genommen werden. In den meisten anderen Bundesländern ist die maximale Dauer wesentlich kürzer. 

    CDU-Generalsekretär Mario Czaja forderte vom Berliner Senat, die Haftzeit zu verlängern. Berlin sei nicht ohne Grund Zentrum der Proteste, sagte er unserer Redaktion. „Es war ein großer Fehler des Berliner rot-rot-grünen Senats, den möglichen Gewahrsam im letzten Jahr auf maximal 48 Stunden zu verkürzen“, monierte der CDU-General. Die Vorbeugehaft müsse dringend wieder auf vier Tage erhöht werden.

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