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Kleine Boshaftigkeiten zwischen Söder und Merz bei der Klausur in Seeon

Bundestagswahl 2025

Merz lässt Söder im Regen stehen – der CSU-Chef kontert trocken

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    Schirmherren Markus Söder, Friedrich Merz und Alexander Dobrindt in Kloster Seeon.
    Schirmherren Markus Söder, Friedrich Merz und Alexander Dobrindt in Kloster Seeon. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Ein Besuch in der Höhle des bayerischen Löwen ist für CDU-Vorsitzende seit jeher mit Risiken verbunden. Man weiß nie so ganz genau, was einen dort erwartet. Für Friedrich Merz sollte der Ausflug zum Treffen der CSU-Bundestagsabgeordneten in Kloster Seeon allerdings drehbuchgemäß ein Heimspiel werden. Schließlich ist der Mann Kanzlerkandidat der Union und ein paar Wochen vor der Wahl ist kein idealer Zeitpunkt für Befindlichkeiten zwischen den Schwesterparteien. Aber wie das so läuft mit dem Drehbuch, irgendwas ist ja immer. Und erst mal lässt der CDU-Vorsitzende seine Gastgeber im Regen stehen.

    Dobrindt und Söder stehen im Regen — und warten

    Da warten Markus Söder und Alexander Dobrindt also im grauen Nasskalt des Mittwochmorgens mit ihren Schirmen — und werden langsam unruhig. Merz ist längst vorgefahren, bleibt aber minutenlang im warmen Auto sitzen. Zufall? Ein wichtiges Telefonat? Oder doch eher eine kleine Machtdemonstration, wer hier der Boss ist? Als der CDU-Chef dann endlich auftaucht, fragt er mit gespielter Empörung: „Was ist denn mit dem weiß-blauen Himmel?“ Bisher sei das Wetter eigentlich ganz schön gewesen, kontert Söder trocken — und schon steht es wieder unentschieden.

    Was hier etwas unterkühlt beginnt, soll eigentlich der Start in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes werden. Doch bei aller demonstrierter Einigkeit zwischen Kanzlerkandidat und Beinahe-Kanzlerkandidat treten schon hier deutliche Unterschiede zutage. Söder und seine Leute produzieren seit Weihnachten Schlagzeilen im Akkord, während Merz gedanklich noch im Auto zu sitzen scheint. Zur Erinnerung: Söder hatte Armin Laschet einst ermahnt, man werde nicht „im Schlafwagen“ ins Kanzleramt fahren.

    Bei der Mütterrente sind sich CDU und CSU nicht einig

    Immerhin: Inhaltlich sind sich CDU und CSU tatsächlich nahe wie lange nicht. Vorbei die Zeiten, in denen man sich intern mehr zoffte als mit den politischen Konkurrenten. Wirtschaft, Migration, Sicherheit — das sind die Themen, mit denen die Union punkten will. Zwar löste die neue CSU-Forderung zur Mütterrente Irritationen aus: „Die schwerste strukturelle Wirtschaftskrise der Bundesrepublik ist keine Zeit für Sozialgeschenke“, kritisierte der CDU-Wirtschaftsrat im Gespräch mit unserer Redaktion und verwies auf die schwierige Haushaltslage. Aber das sind im Vergleich zu früheren Streitigkeiten Peanuts. Viel problematischer: Merz selbst zieht nicht wirklich. Seine Popularitätswerte bleiben mies, in den Studien von Meinungsforschern kommt die Union trotz des chaotischen Ampel-Scheiterns nicht vom Fleck. Am Mittwoch sorgte eine neue YouGov-Umfrage für weitere Unruhe im Kloster, die CDU und CSU sogar unter 30 Prozent sieht.

    Der Kanzlerkandidat sagt, Deutschland werde derzeit „unter Wert regiert“, kommt aber auch in Seeon einfach nicht in die Offensive. Und in Bayern wird man langsam ungeduldig. Von den CSU-Abgeordneten wird er zwar mit frenetischem Applaus empfangen — exakt eine Minute lang. Aber entscheidend ist ja immer, was hinter den Kulissen geredet wird. Anders als im epochal vermasselten Wahlkampf mit Laschet 2021, lassen sich die CSU-Leute hier nicht zu verbalen Boshaftigkeiten hinreißen. Aber ohne Frage erwarten sie mehr Präsenz von Merz. Erst recht jetzt, da der Rechtsruck in Österreich, die Kampagne von Elon Musk für die AfD und immer neue beunruhigende Wortbeiträge von Donald Trump einen Vorgeschmack darauf geben, was da alles über der nächsten Regierung hereinzubrechen droht.

    Und dann ist da ja auch noch die Sache mit den möglichen Koalitionen. Hier scheinen sich Söder und Merz auf eine gewagte Arbeitsteilung verständigt zu haben. Die CSU knallt die Tür für eine Zusammenarbeit mit den Grünen bei jeder Gelegenheit lautstark zu, ehe die CDU sie dann wieder einen Spalt breit aufmacht. Dahinter stecken zwei Denkschulen: Für Söder und Dobrindt steht fest, dass schon der Hauch eines Verdachts, man könnte nach der Wahl gemeinsame Sache mit den Grünen machen, viele potenzielle Wählerinnen und Wähler abschreckt. Im Merz-Lager wiederum fürchtet man, sich in Koalitionsverhandlungen mit der SPD erpressbar zu machen, wenn man Schwarz-Grün nicht zumindest als Notausgang im Spiel hält. Ausgestanden ist die Sache nicht. Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther, den man in der CSU hinter vorgehaltener Hand despektierlich „Genosse Günther“ nennt, hat Söder gerade erst empfohlen, „einfach den Mund zu halten“, anstatt ständig eine schwarz-grüne „Scheindebatte“ mit sich selbst zu führen. Söder keilte sofort zurück. Und Merz will auch in Seeon keine Koalition ausschließen, hat der CSU aber immerhin ein kleines Geschenk mitgebracht, indem er ungefragt erklärt, sein „innerer Abstand“ zu Robert Habeck und den Grünen sei in den vergangenen Tagen noch einmal „ein gehöriges Stück größer geworden“, nachdem er sich intensiv mit der wirtschaftlichen Lage des Landes den dafür Verantwortlichen dafür beschäftigt habe.

    Gewagte Doppelstrategie im Umgang mit den Grünen

    So oder so: Mit ihrer Doppelstrategie bewegt sich die Union auf oblatendünnem Eis und mindestens einmal wäre der Kanzlerkandidat schon um ein Haar eingebrochen. Als Merz vor einigen Wochen in einer Talkshow andeutete, Habeck könne unter Umständen auch unter ihm als Kanzler Minister bleiben, grätschte ihn die CSU humorlos ab, wie einst Stefan Effenberg einen Gegenspieler, der ihm zu frech geworden war. Das eigentlich Interessante daran: Merz ließ es geschehen. Er weiß seit dem Laschet-Debakel, wie wichtig Stimmung und Stimmen in Bayern sind, wenn man die Wahl gewinnen will. Die CSU wird einen Löwenanteil zum Wahlergebnis beitragen, liegt in Umfragen meilenweit vor seiner CDU. Und so weiß er auch, dass er hier in der Höhle des CSU-Löwen gute Miene machen muss, auch ohne weiß-blauen Himmel.

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    12 Kommentare
    Robert Miehle-Huang

    Es gibt neben CDU und CSU auch noch andere Parteien, falls Ihnen das entgangen sein sollte, werte Redaktion,

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    Dirk Thum

    Wieso, es gibt doch immer wieder Berichte über die Notwendigkeit der FDP...

    Burghard Deichmann

    Bis 2019 gab es den Bayernkurier. Der war übrigens für Mitglieder kostenlos.

    Franz Wildegger

    Andere Parteien, darauf kann ich nur antworten: Weil sie einfach zuuu schwach sind, dass sie einfach der AZ. nicht als erwähnenswert erscheinen. Und da muss ich doch der Redaktion einfach recht geben, dass sie sich eben nur auf die "wichtigen Sachen" im Leben beschränken, "Lach" Aber ein Friedrich Merz sollte sich bitte noch nicht schon über der Ziellinie sehen. Das nämlich glaubte auch ein Armin Laschet, bis ihm im falschesten Moment, ein "besonderer Lacher" auskam. Und ab da, wusste wohl auch die "Schäuble-Union" da schon ganz genau, dass man wohl aufs falsche Pferd gesetzt hat. Und ich bin mir gar nicht mal so sicher, ob das die Union auch nach dieser Wahl nicht "wiederum" zugeben muss, aufs falsche Pferd, sprich "Kanzler-Kandidaten" gesetzt zu haben Für mich jedenfalls, ist diese Wahl noch "nicht für Merz" gelaufen, Nein! So schlecht wie Manche das wohl denken, ist dieser Artikel nämlich gar nicht, Nein!

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    Burghard Deichmann

    Aus welcher Partei kamen die Minister für Verkehr, für Bundeswehr, für die marode Bahn u.s.w. Alles Minister der CSU. Die haben dem Steuerzahler sehr viel Geld gekostet. Von daher finde ich die Überbewertung durch die AZ schon komisch. Dazu ein MP der jeden Tag was anderes verkündet. Der soll sich endlich einmal um Bayern kümmern. Da gibt es genug zu tun. Aber Bayern interessiert den Herrn ja nicht.

    Franz Wildegger

    Nur eine kurze Frage an Sie: Warum und weshalb will dann alles nach Bayern, wenn es da so schlecht ist? Warum nur z.B. ziehen Sie selber nicht in ein anders Bundesland wo doch dort alles viel besser als in Bayern ist? Fragen über Fragen gäbe es da an solche Leute wie Sie, die alles schlecht machen, was in Bayern und der CSU und vor allem am Ministerpräsident Markus Söder liegt! Ist der denn um so viel schlechter als sein Vorgänger Horst Seehofer, der doch die Richtung für Bayern vorgegeben hat und soviel versaut hat. Nämlich die Ausländer-Maut, an der sich soviele "linksgrüne Schreiber" wie Sie es sind, so gerne aufhängen. Darüber sollten Sie einmal ganz ernsthaft nachdenker Herr Burghard Deichmann. Nein und ich halte auch nicht alles was Söder macht für gut, aber vielleicht wacht auch er endlich nach der Wahl auf, falls die schieft geht. Denn dann gibt es (zumindest für mich als Nicht-Mitglied) die CSU endlich zu einer eigenständige Bundes-Partei zu machen und nicht nur Regionalpartei

    Martin Dünzl

    Den Söder interessiert doch eh nur der Söder...

    Klemens Hain

    Ich glaube das hat mit Sicherheit nichts mit der CSU unter Herr Söder zu tun. Bayern ist in der tat ein schönes Land, aber nochmal, dass hat nun wirklich nichts mit der CSU zu tun. Berge und Ski fahren ist doch auch ein Ziel, nach Bayern zu kommen und Urlaub kann man auch in Schwaben machen und Norddeutschland und einige Ostländer sind auch tolle Bundesländer. Ich finde Fortschritt in Sachen Unabhängigkeit hat es die Bayerische Regierung verschlafen und Erneuerbare Energien immer ausgebremst. Der desolate Zustand der Bahn? Verkehrsminister der CSU. Ich finde Diese Polarisierung von Herrn Söder schaffen für mich kein Vertrauen mehr Herr Wildegger, war lange CSU und CDU Wähler, dann doch lieber Herr März, aber auch da sehe ich keine Moderne Zukunft.

    Jens Wagner

    Wohnungsnot und hohe Mieten bzw. Immobilienpreise spielen da sicher eine Rolle.

    Richard Merk

    Warten Sie es doch ab Herr Franz Wildegger was der Wendehals Söder noch so von sich gibt. Es wird noch sehr interessant werden wenn eine AfD profitiert, weil der Hampelmann Söder sich nicht im Griff hat. Momentan macht er sich fast in die Hose wegen lauter Angst vor den Grünen. Seine Brandmauer gegen die AFD hat er schließlich schon verschoben zu einer Brandmauer gegen die Grünen. Wir brauche keinen Psychopathen, sondern Politiker die zum dem stehen was sie sagen. Es bleibt nur ein 'Vater Unser' um sich von so einem schrägen Typen wie Söder zu schützen.

    Robert Miehle-Huang

    Und der CDU-Ministerpräsident von Schleswig-Holstein meint zu Söder noch viel trockener: "Halt einfach mal den Mund". Wird Söder nur leider nicht machen...

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