Vor Beginn der EKD-Synode in Ulm hat sich die Debatte um eine mögliche gesetzliche Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs intensiviert. Dabei häuft sich die Kritik an einer Stellungnahme des Rates der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) – aus den eigenen Reihen wie aus Reihen der katholischen Kirche. Die frühere Ratsvorsitzende und evangelische Landesbischöfin Margot Käßmann sprach sich nun gegenüber unserer Redaktion für eine Beibehaltung des Paragrafen 218 aus. Demnach ist ein Schwangerschaftsabbruch grundsätzlich rechtswidrig, wird aber unter bestimmten Bedingungen nicht bestraft, etwa wenn er in den ersten zwölf Wochen vorgenommen wird.
Käßmann: "Ich finde, die bisherige Regelung, die mir auch schon Sorgen bereitet, hat sich bewährt"
Der Rat der EKD will laut einem Mitte Oktober veröffentlichten Positionspapier zwar keine "vollständige Entkriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs", tritt aber dafür ein, Regulierungen "für bestimmte Konstellationen auch außerhalb des Strafrechts zu formulieren". Spätestens ab der 22. Schwangerschaftswoche "sollte ein Schwangerschaftsabbruch strafrechtlich geregelt und nur in klar definierten Ausnahmefällen zulässig sein". Die geltenden Regelungen würden die Verantwortung für den Schutz des ungeborenen Lebens primär an die Frau übertragen, der Rat betone die Verantwortung von Staat und Gesellschaft.
Käßmann erinnerte an eine ältere gemeinsame Erklärung des Rates der EKD mit der katholischen Deutschen Bischofskonferenz: "Gott ist ein Freund des Lebens". "Darin haben wir festgehalten, alles zu tun, um einer Frau einen Weg mit dem Kind aufzuzeigen. Aber: Es gilt auch, die Frau zu achten, die sich für eine Abtreibung entscheidet." Ihr zufolge ist es "richtig, dass Abtreibung nicht bestraft wird, und ich möchte, dass Abtreibungen – wenn sie denn stattfinden – in medizinisch sicheren Verhältnissen vorgenommen werden." Mit Blick auf die EKD-Stellungnahme sagte sie: "Ich finde, die bisherige Regelung, die mir auch schon Sorgen bereitet, hat sich bewährt."
Der evangelische Landesbischof Gohl und der katholische Bischof Fürst kritisieren die EKD
Zuletzt sprachen sich Ernst-Wilhelm Gohl und Gebhard Fürst für eine Beibehaltung der bestehenden gesetzlichen Regelung aus. In einem gemeinsamen Schreiben kritisierten der Landesbischof der Evangelischen Landeskirche in Württemberg und der Bischof der katholischen Diözese Rottenburg-Stuttgart die EKD-Stellungnahme scharf. Die Bundesregierung hatte im März eine Kommission eingesetzt, die unter anderem Möglichkeiten der Regulierungen für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen soll. Die "4. Tagung der 13. Synode der EKD" findet von Sonntag bis Mittwoch statt. Die Synode ist eines der drei Leitungsorgane der EKD.