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Katholische Kirche: Papst Benedikt XVI. entschuldigt und rechtfertigt sich

Katholische Kirche

Papst Benedikt XVI. entschuldigt und rechtfertigt sich

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    Der emeritierte Papst Benedikt XVI. bittet Opfer des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche um Verzeihung - bestreitet einen zentralen Vorwurf aber.
    Der emeritierte Papst Benedikt XVI. bittet Opfer des sexuellen Missbrauchs in der katholischen Kirche um Verzeihung - bestreitet einen zentralen Vorwurf aber. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Es ist ein Bekenntnis, eine Entschuldigung und eine Rechtfertigung zugleich. Am Dienstag hat sich der emeritierte Papst Benedikt XVI. zu den Vorwürfen geäußert, er habe in seiner Stellungnahme für das vor drei Wochen vorgestellte Missbrauchsgutachten der Erzdiözese München und Freising absichtlich die Unwahrheit angegeben. Dabei war es speziell um die Teilnahme des früheren Erzbischofs von München und Freising (1977-82) an einer Ordinariatssitzung am 15. Januar 1980 gegangen. Damals wurde über die Aufnahme eines des Missbrauchs überführten Priesters im Erzbistum entschieden.

    In seiner von ihm unterschriebenen Stellungnahme für das Gutachten der Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl hatte der 94-Jährige fälschlicherweise angegeben, an der Sitzung nicht teilgenommen zu haben. Im Sitzungsprotokoll war seine Anwesenheit jedoch zweifelsfrei festgehalten. Die Glaubwürdigkeit des Ex-Papstes im schwierigsten und derzeit wichtigsten Themenfeld für die katholische Kirche, dem Umgang mit sexuellem Missbrauch, war dahin.

    Privatsekretär Gänswein sprach von redaktionellem Fehler

    „Dieser Fehler, der bedauerlicherweise geschehen ist, war nicht beabsichtigt und ist, so hoffe ich, auch entschuldbar“, schreibt der 94-jährige Benedikt nun in einem vom Presseamt des Vatikan veröffentlichten Brief, der sichtlich seinem eigenen Sprachstil entspricht. Bereits im Januar hatte sein Privatsekretär Georg Gänswein „einen redaktionellen Fehler“ zugegeben. Damals waren Zweifel aufgekommen, inwiefern die vom 94-jährigen Joseph Ratzinger unterschriebene 82 Seiten lange Stellungnahme für das Gutachten authentisch oder vielmehr Produkt eines Beraterstabes sowie seines Sekretärs Gänswein sei. Die Gutachter werteten die Einlassung damals als „Verteidigungsschrift“.

    In einem dem Brief beigefügten „Faktencheck“ der von Benedikt auch schon zur Verfassung seiner Stellungnahme beauftragten Rechtsanwälte und Berater wird nun der Hergang des „Fehlers“ dargestellt. Der in Rom ansässige Kirchenrechtler Stefan Mückl habe von der Kanzlei WSW die alleinige Einsicht in 8000 Seiten Akten bekommen. Dem Buchloer Kirchenrechtler Stefan Korta sei dann „in einem der weiteren Arbeitsschritte ein unbemerkter Übertragungsfehler“ unterlaufen, der auch den anderen drei Beratern nicht aufgefallen sei. Die Berater hätten auch nicht aktiv bei Benedikt nachgefragt, ob dieser sich an seine Teilnahme an der Sitzung im Januar 1980 erinnere. 

    „Benedikt XVI. hat diesen Fehler aufgrund des hohen Zeitdrucks, unter dem seine Überprüfung der Stellungnahme in wenigen Tagen wegen enger Fristsetzung der Gutachter notwendig war, nicht erkannt, sondern sich auf die vermeintliche schriftliche Protokollierung seiner Abwesenheit verlassen“, heißt es in dem Schreiben. Dass dieses „Versehen ausgenutzt wurde, um an meiner Wahrhaftigkeit zu zweifeln, ja, mich als Lügner darzustellen, hat mich tief getroffen“, schreibt Benedikt in seinem Brief.

    Benedikt bleibt dabei: Er war nicht an einer Vertuschung beteiligt

    Auch in der Sache bleiben der Ex-Papst sowie seine Berater bei ihrer Darstellung, als Erzbischof habe sich Joseph Ratzinger nichts zuschulden kommen lassen. Als damaliger Erzbischof habe Joseph Ratzinger weder Kenntnis davon, dass der Priester Missbrauchstäter sei, noch dass er in der Seelsorge eingesetzt werde, heißt es in dem vom Vatikan beigefügten Schreiben seiner Rechtsberater. Auch in keinem der anderen drei Fälle, in denen Ratzinger Fehlverhalten angelastet wurde, habe dieser „Kenntnis von Taten oder vom Tatverdacht sexuellen Missbrauchs der Priester“ gehabt. „Als Erzbischof war Kardinal Ratzinger nicht an einer Vertuschung von Missbrauchstaten beteiligt“, halten die Berater fest, zu denen auch der emeritierte Münchner Kirchenrechtler Helmuth Pree sowie Rechtsanwalt Carsten Brennecke aus Köln zählen.

    Trotz dieser kompletten Zurückweisung aller Vorwürfe fragt sich der emeritierte Papst in einer nachdenklichen Passage seines Briefes, „ob ich nicht ebenfalls heute von übergroßer Schuld sprechen muss“. Bei allen Begegnungen als Papst mit Betroffenen sexuellen Missbrauchs „habe ich den Folgen einer übergroßen Schuld ins Auge gesehen und verstehen gelernt, dass wir selbst in diese übergroße Schuld hineingezogen werden, wenn wir sie übersehen wollen oder sie nicht mit der nötigen Entschiedenheit und Verantwortung angehen“. Er bitte alle Opfer sexuellen Missbrauchs aufrichtig um Entschuldigung und drücke seine „tiefe Scham“ und „großen Schmerz“ aus „über die Vergehen und Fehler, die in meinen Amtszeiten und an den betreffenden Orten geschehen sind“. Benedikt übernimmt damit generelle Verantwortung, direkte persönliche Verantwortung lehnt er aber weiter ab. Nicht zu übersehen ist auch, dass der 94-Jährige bei dieser vagen Haltung die Unterstützung von Vatikan und Papst Franziskus hat. Nicht nur liefen die Verlautbarungen über den offiziellen Pressekanal des Vatikan. Benedikt schreibt außerdem, er sei „besonders dankbar...für das Vertrauen, für die Unterstützung und für das Gebet, das mir Papst Franziskus persönlich ausgedrückt hat“. 

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