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Kanzlerkandidatur: Olaf Scholz setzt CDU und Grüne unter Zugzwang

Kanzlerkandidatur

Olaf Scholz setzt CDU und Grüne unter Zugzwang

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    „Mit Tatkraft und Zuversicht“ – so lautete der Titel des Vortrags, den Ministerpräsident Laschet am Sonntag in der Reihe DomGedanken in Münster hielt.
    „Mit Tatkraft und Zuversicht“ – so lautete der Titel des Vortrags, den Ministerpräsident Laschet am Sonntag in der Reihe DomGedanken in Münster hielt. Foto: dpa

    Während Scholz (SPD) keine Gelegenheit auslässt, sich kraftvoll als Deutschlands nächster Kanzler zu präsentieren, der den Staat souverän durch die Krise führen könne, lavieren die Strategen der anderen Parteien noch immer herum. Grünen-Chef Robert Habeck sagt seit Monaten, dass es zu früh sei für die Entscheidung, ob sich er selbst oder seine Co-Vorsitzende Annalena Baerbock nach vorne an die Wahlkampf-Rampe stellen wird. Seit Scholz seine Kandidatur verkündet hat, aber stellt sich diese Frage umso dringender, das Zögern wird schwieriger und wird schnell zum Zaudern.

    Seit AKK-Rückzug ist die Lage in der Union verworren

    Gleiches gilt für die CDU , die seit Annegret Kramp-Karrenbauers Rückzugsankündigung im Februar mitten im internen Führungskampf steckt. Drei Männer streiten um das Erbe von Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Der Sieger um den Parteivorsitz ist aber nicht automatisch gesetzt, die Christdemokraten in den Wahlkampf zu führen. Denn beliebter im Volk ist Markus Söder, Vorsitzender der kleinen Schwesterpartei CSU und bayerischer Ministerpräsident. Die Lage ist verworren und wird durch den überraschenden Coup der Sozialdemokraten unangenehm. Die Kanzler-Frage ist der Elefant, der immer mit im Raum steht.

    Die CDU versucht vorerst, die Personalie Scholz möglichst zu ignorieren. Nach einer Sitzung der Parteispitze per Videoschalte erklärte Generalsekretär Paul Ziemiak, dass der bisherige Zeitplan für die Kür beibehalten werden soll. „Nein“, antwortete der General auf die Frage, ob sich die Christdemokraten wegen Scholz unter Zugzwang sehen. Dann schob er hinterher: „Es geht ja nicht darum, als Erster den Kandidaten zu haben. Sondern es geht darum, den richtigen Kandidaten zu haben.“

    Greift Markus Söder doch noch zu, um erster CSU-Kanzler zu werden?

    Der bisherige Zeitplan sieht vor, dass die Vorsitzenden-Frage auf dem Parteitag Anfang Dezember geklärt wird. Danach soll mit der CSU beraten werden, ob einer der drei Bewerber oder Markus Söder ins Kanzler-Rennen geht. Markus Söder erklärt zwar steif und fest, dass sein Platz in Bayern sei, lässt aber die Tür offen, ob er nicht doch zugreift, um der erste CSU-Kanzler zu werden.

    Das wollen Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Armin Laschet, der frühere Unionsfraktions-chef Friedrich Merz und der Außenpolitiker Norbert Röttgen vermeiden. Unter den drei Konkurrenten hat sich noch kein klarer Favorit herausgeschält, wer den CDU-Vorsitz übernehmen wird. Alle haben ihre Stärken, aber berichtet wird vor allem über ihre Schwächen.

    Laschet hat bei der Bekämpfung des Coronavirus Fehler gemacht und seinen Ruf beschädigt, weil er allzu schnell auf Lockerungen der Gegenmaßnahmen aus war. Der erneute Zwangsstillstand im Kreis Gütersloh wegen des Seuchenausbruchs rund um die Schlachthöfe wurde dem Ministerpräsidenten schwer angelastet. Merz ist nach Jahren in der Wirtschaft erst 2018 in die politische Arena zurückgekehrt. Im ersten Kräftemessen um den Vorsitz hatte er gegen Kramp-Karrenbauer verloren, die aber an der Skandalwahl in Thüringen scheiterte. Merz bekam eine zweite Chance, hat aber in der aktuellen Krisenphase kein Regierungsamt inne, in dem er glänzen könnte. Gleiches gilt für Röttgen, der von Beginn an eher als Außenseiter galt.

    Olaf Scholz kann sich im Amt tagtäglich als Macher profilieren

    Während Scholz als Finanzminister und Vizekanzler an seinem Ruf als Sachwalter Merkels arbeiten kann, der die Bundesrepublik ebenso verlässlich und vernünftig führt, haben zwei der drei CDU-Aspiranten diese tagtägliche Möglichkeit nicht. Der Dritte hat sie, konnte sie aber als Ministerpräsident bisher nicht nutzen.

    Gelingt es Scholz, in den kommenden zwei, drei Monaten die SPD in den Umfragen nach oben zu hieven, würde sich dazu parallel der Druck auf die Union erhöhen. Die offene K-Frage würde immer drängender. Der Wahltermin im Herbst nächsten Jahres erscheint noch weit weg, aber einen Wahlkampf zu planen, bedarf einer intensiven Vorbereitung. Ein Gesicht, ein Image muss aufgebaut und mit zentralen Botschaften versehen werden. Wiederholung sticht die Überraschung. Der unfreiwillige Abgang von FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg geschieht genau aus diesem Grund: FDP-Chef Christian Lindner traut ihr nicht zu, eine schlagkräftige Kampagne zu organisieren.

    Die Union lebt davon, dass ihr eine eigentlich abgeschriebene Kanzlerin im Herbst ihrer Karriere noch einmal zu ungeahnter Gunst bei den Wählern verhilft. Diese Welle wollen Laschet, Merz, Röttgen – solange es nur irgendwie geht – reiten. Bricht sie zu früh, könnte Scholz an ihnen vorbeisegeln. Weil er die Methode Merkel dann ausreichend lange kultiviert hat, um die CDU mit ihren eigenen Waffen zu schlagen.

    Lesen Sie dazu den Kommentar: Der Bundestagswahlkampf hat offiziell begonnen

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