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Kanzlerkandidatur: Entscheidung vertagt: Markus Söder gibt im Machtpoker nicht auf

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    Ebenso wie Armin Laschet trat Markus Söder am Montag vor die Presse.
    Ebenso wie Armin Laschet trat Markus Söder am Montag vor die Presse. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Fast war es schon so etwas wie eine Antrittsrede als nächster Bundeskanzler. Als Armin Laschet am Montagmittag vor die Kameras tritt, zählt er selbstbewusst auf, welchen Weg Deutschland mit ihm beschreiten würde. Mehr Europa, Umweltschutz in Verbindung mit Wirtschaftspolitik, soziale Gerechtigkeit – es sind die großen Dinge, die der CDU-Chef in den Blick nimmt, nicht mehr das Klein-Klein der Personalstreitereien, so das Signal. Laschet hat durchaus Grund dazu: Auch wenn die CDU noch nicht offiziell abgestimmt hat, so scheint der Weg für ihn als Kanzlerkandidat geebnet. Die Partei-Führungsgremien erteilen ihm vollen Rückhalt.

    „Es gibt eine breite Unterstützung für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten von CDU und CSU“, sagt CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak nach Beratungen von Präsidium und Bundesvorstand. Deshalb will Laschet auch nicht lange warten. „Alle Fakten liegen auf dem Tisch. Deshalb wollen wir schnell eine Lösung mit der CSU suchen“, sagt er. Doch so sehr sich Laschet und sein Herausforderer um die Kandidatur, Markus Söder, auch um demonstrative Harmonie bemühen: In der Union ist ein offener Machtkampf entbrannt.

    Markus Söder sieht keinen Widerspruch zu seiner Ankündigung

    Denn der Bayer will trotz der deutlichen Signale aus der CDU nicht aufgeben. „Bei mir geht nichts mit Biegen und Brechen“, sagt Söder und hält das Spiel erst mal offen. Erst Ende der Woche soll eine Entscheidung fällen. Es ist ein Affront gegen Laschet und die große Schwesterpartei. Er habe von den Landesverbänden, aus der Fraktion, aber auch aus der Bevölkerung deutliche Rückendeckung erhalten, erklärt Söder seine Position. Auch die seien Teil der Union, nicht nur das Präsidium selbst. Deshalb sieht er in seiner Haltung auch keinen Widerspruch oder gar einen Wortbruch nach seiner Ankündigung, selbst zurückzustecken, wenn die CDU dies will. Man könne sich nicht abkoppeln von der Mehrheit der Menschen.

    Tatsächlich sind auch nicht alle Bundestagsabgeordneten der CDU glücklich mit dem Verhalten der Parteispitze. Auf die Frage, ob Söders selbstbewusster Auftritt Irritationen in Berlin ausgelöst habe, sagt ein CDU-Parlamentarier unserer Redaktion: „In der Fraktion gibt es vor allem Irritationen über das CDU-Präsidium, viele Kollegen werden aus ihren Kreisverbänden bestürmt.“

    Markus Söder: "Umfragen sind nicht alles, aber sie sind ein deutlicher Maßstab"

    Unterstützung erhält Söder auch von seinem einstigen Rivalen Manfred Weber. „Markus Söder hat das Zeug zum Kanzler und genießt viel Vertrauen in der Bevölkerung“, sagt der stellvertretende CSU-Chef und Europapolitiker unserer Redaktion. Was aus Sicht seiner Anhänger am stärksten für den bayerischen Ministerpräsidenten spricht, sind seine Siegchancen bei der Bundestagswahl. „Umfragen sind nicht alles, aber sie sind ein deutlicher Maßstab“, sagt Söder selbst. Er weiß, dass die Zahlen für ihn sprechen.

    Wer von den beiden Kandidat von CDU und CSU wird, ist weiter offen.
    Wer von den beiden Kandidat von CDU und CSU wird, ist weiter offen. Foto: Michael Kappeler, dpa

    In einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstitut Forsa gaben 36 Prozent Söder als gewünschten Bundeskanzler an, wenn sie freie Auswahl hätten. Nur desaströse drei Prozent nannten Laschet, während beispielsweise die beiden potenziellen Grünen-Kanzlerkandidaten Robert Habeck und Annalena Baerbock auf elf beziehungsweise zehn Prozent kamen. „Die Union muss jetzt selbst darüber befinden, ob sie mit Markus Söder die Chance wahren will, bei der kommenden Bundestagswahl die stärkste Partei zu bleiben, oder ob sie mit Armin Laschet eine verheerende Niederlage riskieren will“, sagt Forsa-Chef Manfred Güllner.

    Auch der Politikwissenschaftler Heinrich Oberreuther denkt nicht, dass sich Söder vom Meinungsbild in der CDU beeindrucken lässt. „Ich glaube, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist“, sagt er. „Für Söder ist diese Empfehlung eine Erschwernis, allerdings ist es eben nur eine Empfehlung, keine Entscheidung, die in Stein gemeißelt ist.“

    Armin Laschet will weit weniger auf Umfragen blicken

    Tatsächlich ist bei den Konservativen die Furcht in den letzten Wochen enorm gewachsen, im September unterzugehen und nach anderthalb Jahrzehnten aus dem Kanzleramt verdrängt zu werden. Der Berliner Landesverband der CDU plädiert deshalb am Montag für Söder als gemeinsamen Kandidaten. Auch in der Bundestagsfraktion gibt es eine Gruppe, die ihn eher als Zugpferd sieht als den eigenen Parteichef. Hier scheint Söder noch eine Chance zu wittern. Während Laschet es nicht unbedingt für nötig hält, mit dem CSU-Rivalen in der Bundestagsfraktion vorstellig zu werden, will dieser gerne noch einmal „hineinhorchen“ – und womöglich doch noch den einen oder anderen CDU-Abgeordneten auf seine Seite ziehen? Um seinen vermeintlichen Wortbruch gegenüber Laschet zu verdecken, hob Söder mehrfach darauf ab, dass der Kandidat die breite Unterstützung der gesamten Partei brauche und nicht nur der Spitze. Man könne keine Partei mehr „nur von oben führen“.

    Beeindrucken lassen will sich Laschet davon nicht, schon gar nicht von den Verweisen auf die Umfragen. „Man muss Politik aus einem Grundverständnis heraus machen, das nicht auf Umfragen schaut“, sagt er. Tatsächlich ging der Rheinländer auch überraschend als Sieger aus der Landtagswahl 2017 hervor, als er die eigentlich beliebte SPD-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft im sozialdemokratischen Stammland NRW überholte.

    Klingbeil kritisiert Streit der Union um Kanzlerkandidatur

    Genervt reagiert inzwischen der Koalitionspartner. Die SPD kritisiert den Kampf um die Kanzlerkandidatur der Union angesichts der zuspitzenden Corona-Pandemie als unverantwortlich. „Der offene Machtkampf lähmt CDU und CSU, während ihrer öffentlichen Raufereien um die Kanzlerkandidatur gerät für Laschet und Söder die Pandemiebekämpfung völlig in den Hintergrund“, sagt SPD-Generalsekretär Lars Klingbeil unserer Redaktion. „Ein solch egoistisches Verhalten ist absolut unverantwortlich und wird der schwierigen Lage in unserem Land nicht gerecht“, kritisiert Klingbeil. Der ehrwürdige Satz „Erst das Land, dann die Partei“ gelte in der Union offenbar nicht mehr. „Während Laschet und Söder öffentlich streiten, regelt Olaf Scholz gemeinsam mit der Kanzlerin die politischen Herausforderungen in diesem Land.“

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