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Kampf gegen Antisemitismus: Die ganze Härte des Rechtsstaats um jüdisches Leben zu schützen

Kampf gegen Antisemitismus

Die ganze Härte des Rechtsstaats um jüdisches Leben zu schützen

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    Antisemitismus im Alltag: ein Hakenkreuz und ein durchgestrichener Davidstern sind an einer Gedenkstätte am Nordbahnhof in Berlin zu sehen.
    Antisemitismus im Alltag: ein Hakenkreuz und ein durchgestrichener Davidstern sind an einer Gedenkstätte am Nordbahnhof in Berlin zu sehen. Foto: Daniel Reinhardt, dpa

    Sätze wie diese sind derzeit fast täglich auf Berlins Straßen zu hören: „Wir werden Neukölln zu Gaza machen. Zündet alles an.“ Unverblümt wird zur Zerstörung des Staates Israel aufgerufen, die Polizei greift ein – am Ende kommt es aber nur zu einer schwachen Reaktion des Rechtsstaats, weil die Gesetze zu mau formuliert sind. So sieht es jedenfalls die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Das bisherige Strafrecht verhindere nicht, dass sich tausende Menschen auf den Straßen „eindeutig antisemitisch äußern, antisemitische Signale geben, eine deutliche Hetze gegen den Staat Israel formulieren und zur Vernichtung von Jüdinnen und Juden aufrufen“, sagte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Die Union will deshalb am Freitag entsprechende Verschärfungen im Bundestag durchsetzen. Hier ein Überblick:

    Was ist das Ziel der Union?

    CSU-Chef Markus Söder brachte es wie gewohnt markig so auf den Punkt: „Nur Betroffenheit allein reicht nicht, um jüdisches Leben zu schützen. Es braucht die ganze Härte des Rechtsstaats", sagte der bayerische Ministerpräsident. Konkret forderte Söder "härtere Strafen und Turbo-Abschiebungen von Extremisten". Der Landeschef machte daraus auch einen Arbeitsauftrag für das bayerische Innenministerium, wie Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) unserer Redaktion sagte. Das Ministerium müsse nun Vorschläge für schnellere Abschiebungen erarbeiten. „Da muss man im Rahmen des geltenden Rechts kreativ werden“, sagte Herrmann. 

    Woran hapert es?

    Geltendes Recht muss, darauf wies Unions-Fraktionsgeschäftsführer Thorsten Frei (CDU) am Dienstag vor Journalisten in Berlin noch einmal hin, auch tatsächlich durchgesetzt werden. Damit sei man dann zügig bei der Frage des Personals für die Polizeien der Länder und des Bundes – und das reiche nicht aus. So beklagt etwa der Deutsche Richterbund schon seit Jahren einen eklatanten Fehlbedarf. Frei verwies darauf, dass die schwarz-rote Vorgängerregierung mit dem Pakt für den Rechtsstaat Geld für 2700 neue Justizstellen in Bund und Ländern gegeben habe. Bedauerlicherweise gebe es aber „auch heute noch eine ordentliche Diskrepanz zwischen den Ländern“, sagte Frei. Baden-Württemberg verfüge über eine relativ gute Ausstattung der Justiz, erklärte er und verwies als Gegenbeispiel auf Berlin. Nach den Silvesterkrawallen in der Hauptstadt sei zehn Tage später immer noch nicht bekannt gewesen, wie viele Tatverdächtige es eigentlich gebe. In Heilbronn sei derweil ein an den Berliner Krawallen Beteiligter zu einer Haftstrafe verurteilt worden. 

    Wie soll es besser werden?

    „Nach unserer Meinung muss nun die Zeit der großen Worte vorbei sein und es müssen Taten folgen“, sagte Unions-Fraktionschef Friedrich Merz am Dienstag in Berlin. Diese „Taten“, mit denen die Opposition Druck auf die nach ihrer Meinung zu zögerliche Ampelkoalition ausüben will, sieht einerseits einen Gesetzentwurf „zur Änderung des Strafgesetzbuches – Bekämpfung von Antisemitismus, Terror, Hass und Hetze“ vor. Die Union will damit den Antisemitismus zu einem sogenannten besonderen Merkmal im Bereich der schweren Volksverhetzung machen, die Mindeststrafe bei Volksverhetzung soll von drei auf sechs Monate erhöht werden. Das wiederum führt zum nächsten Vorhaben, dem „Gesetz zur Beendigung des Aufenthalts und Verhinderung der Einbürgerung antisemitischer Ausländer“. Das Asyl- und Flüchtlingsrecht soll so ergänzt werden, dass die Verurteilung zu mindestens sechs Monaten Freiheitsstrafe wegen einer antisemitischen Straftat „zur Nichterteilung beziehungsweise zum Verlust eines humanitären Schutzes in Deutschland führt“. CDU und CSU wollen auch erreichen, dass „die Erlangung der deutschen Staatsangehörigkeit von einem Bekenntnis zum Existenzrecht Israels“ abhängig gemacht wird. Der „Einbürgerungsbewerber“ soll erklären, dass er „keine gegen den Staat Israel gerichteten Bestrebungen verfolgt oder verfolgt hat“. Die beiden Entwürfe werden am Freitag ins Parlament eingebracht, sie liegen unserer Redaktion vor. 

    Wie sind die Chancen?

    Die Ampelkoalition dürfte wohl nicht zustimmen, sie vertritt insbesondere beim Thema Einbürgerung eine andere Haltung, wie der Regierungsentwurf für das neue Staatsangehörigkeitsrecht zeigt. Darin geht es zwar darum, dass antisemitische, rassistische, fremdenfeindliche und sonstige menschenverachtende Handlungen – ausdrücklich auch israelfeindlicher Antisemitismus – den Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit ausschließen. Die Betonung liegt aber auf „Handlungen“.

    Hören Sie dazu auch unseren Podcast "Augsburger Allgemeine Live" vom 30. Oktober 2023 mit den Nahost-Experten unserer Redaktion.

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