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Wikileaks-Gründer Julian Assange darf Berufung gegen USA einlegen

Justiz

Vorerst keine Auslieferung: Anhänger von Assange jubeln

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    Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker fordern Assanges sofortige Freilassung.
    Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen, Journalistenverbände, Künstler und Politiker fordern Assanges sofortige Freilassung. Foto: Kirsty Wigglesworth, AP/dpa

    "Befreit Julian Assange", skandierten rund 200 Demonstranten, die sich am Montag vor dem Royal Court of Justice in London versammelt hatten. In den Händen hielten sie Plakate mit dem ikonischen Antlitz des wohl berühmtesten Gefangenen der Welt. Darauf stand: "Bestraft Kriegsverbrechen, nicht Whistleblower". Dem Gründer der Enthüllungsplattform Wikileaks drohte am Montag die umgehende Auslieferung in die USA. Doch dazu kam es nicht. Denn er kann gegen dagegen noch einmal Berufung einlegen. 

    Assanges Team zeigte sich erleichtert. "Die Richter haben eine gerechte und richtige Entscheidung getroffen", sagte Kristinn Hrafnsson, Chefredakteur von Wikileaks am Montag nach der Anhörung vor dem historischen Gerichtsgebäude. Drinnen umarmten sich seine Anwälte. Schließlich hatten sie die

    Wäre das Berufungsverfahren abgelehnt worden, hätte Assange innerhalb von 28 Tagen abgeschoben werden können

    Die Richter Victoria Sharp und Jeremy Johnson kamen zu dem Urteil, nachdem ihnen die von den USA gemachten Zusicherungen ihnen nicht ausgereicht hatten. Sie hatten die Entscheidung im März vertagt und gefordert, dass Assange sich in den USA als ausländischer Staatsbürger auf das Recht der Meinungsfreiheit berufen kann. Die US-Staatsanwaltschaft überzeugte die Richter mit ihren Zusagen jedoch nicht. Assanges Anwalt Edward Fitzgerald bezeichnete diese am Montag als "eklatant unzureichend". 

    Wäre das Berufungsverfahren am Montag vom britischen Gericht abgelehnt worden, hätte Assange innerhalb von 28 Tagen in die USA abgeschoben werden können, wo ihm wegen Spionage und Computerkriminalität bis zu 175 Jahre Haft drohen. Seine Frau Stella Assange versicherte bereits im Februar, dass seinen Anwälten dann nur noch der Gang zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte geblieben wäre, um dort eine einstweilige Verfügung gegen die Abschiebung zu beantragen. 

    Die US-Regierung fordert seit Jahren Assanges Auslieferung. Er habe gegen Gesetz verstoßen und Informanten gefährdet, indem er sich gemeinsam mit der US-Whistleblowerin Chelsea Manning durch Hacking Zugang zu geheimen Informationen über Militäreinsätze im Irak und in Afghanistan verschafft und diese dann veröffentlicht habe. Seiner Verteidigung zufolge habe er damit jedoch Verbrechen aufgedeckt und der Öffentlichkeit einen wichtigen Dienst erwiesen. 

    Unter den Daten, die der Australier 2010 ins Internet gestellt hatte, befand sich ein Video mit dem von der Plattform gewählten Titel "Collateral Murder". Es zeigt US-amerikanische Soldaten bei einem Einsatz in Bagdad. Sie töten aus einem Kampfhubschrauber heraus Zivilisten und begehen damit mutmaßlich Kriegsverbrechen. Assange wurde durch das Video weltberühmt, geriet jedoch auch ins Visier der US-Justiz.

    Um einer Auslieferung an die USA zu entgehen, hält sich Assange seit 2012 in Großbritannien auf. Seit fast fünf Jahren ist er im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh im Südosten der Hauptstadt untergebracht. Zuvor hatte ihm die ecuadorianische Botschaft in London Unterschlupf gewährt, bis er dieser 2019 nach einem Machtwechsel in dem südamerikanischen Land verwiesen wurde. 

    In den vergangenen Wochen wurden die Rufe danach, Assange freizulassen, international deutlich lauter. Das australische Repräsentantenhaus in Canberra stimmte Mitte Februar einem Antrag zu, in dem die USA und Großbritannien dazu aufgefordert werden, sämtliche Verfahren gegen den 52-Jährigen einzustellen und ihm seine Rückkehr in sein Heimatland zu ermöglichen. Regierung und Opposition hatten zuvor kritisiert, dass sich das Verfahren schon viel zu lange hinziehe.

    USA prüft Antrag auf Einstellung der Strafverfolgung

    Auch Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach sich kürzlich gegen eine Auslieferung von Assange an die USA aus. "Ich bin der Meinung, dass es schon gut wäre, wenn die britischen Gerichte ihm den notwendigen Schutz gewähren, weil er ja mit Verfolgung in den USA rechnen muss angesichts der Tatsache, dass er amerikanische Staatsgeheimnisse verraten hat", sagte Scholz Anfang März.

    Amerika will nach den Worten von US-Präsident Joe Biden einen australischen Antrag auf Einstellung der Strafverfolgung des inhaftierten Wikileaks-Gründers prüfen. "Wir denken darüber nach", sagte Biden im April im Weißen Haus auf eine entsprechende Frage. Weitere Details nannte er nicht. 

    Die UN-Sonderberichterstatterin über Folter, Alice Jill Edwards, hofft auf ein Einlenken der USA. Assange habe fünf Jahre in einem britischen Hochsicherheitsgefängnis verbracht und damit "seine Zeit abgesessen", sagte sie dieser Zeitung.

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