Das Jahr der Spalter, 2020? Dafür spricht einiges. Nicht, weil es 2019 an Politikern fehlte, die mit der Spaltaxt gesellschaftliches Wurzelholz teilten, sondern weil Männer wie US-Präsident Donald Trump oder der britische Premier Boris Johnson besonders wild das Beil schwangen.
Eine Auswahl der Wahlversprechen von Donald Trump:
In den ersten zehn Monaten sollen zehn Millionen neue Jobs geschaffen werden
Steuern sollen sinken
Bis Ende des Jahres soll ein Impfstoff gegen das Coronavirus entwickelt werden
Wichtige Medikamente sollen künftig in den USA hergestellt werden
Eine Million Fertigungsjobs aus China sollen zurück in die USA geholt werden
Unternehmen, die Arbeitsplätze nach China auslagern, sollen keine Aufträge der Bundesregierung mehr bekommen
China soll für die Ausbreitung des Coronavirus zur Verantwortung gezogen werden
Medikamentenpreise sollen gesenkt werden
Die Amtszeiten im Kongress - dem aus Repräsentantenhaus und Senat bestehenden US-Parlament - sollen begrenzt werden
Bürokratie soll abgebaut werden
Illegal eingereisten Migranten soll der Zugang zu Sozialleistungen verwehrt werden
Angehörige krimineller Banden sollen verpflichtend ausgewiesen werden
Auf dem Mond soll eine permanente US-Präsenz geschaffen und die erste bemannte Mission zum Mars geschickt werden
Die Infrastruktur soll zur weltbesten ausgebaut werden
Die "endlosen Kriege" der USA sollen beendet und die US-Soldaten nach Hause geholt werden
Verbündete sollen ihren "fairen Anteil" an Verteidigungsausgaben bezahlen. (dpa)
Fangen wir ganz oben an. Die These, dass potenzielle Spalter immer dann mit besonderem Furor ans Werk gehen, wenn sie unter Druck geraten, bestätigte sich in Washington eindrucksvoll. Der noch amtierende US-Präsident streifte die Reste der bereits löchrigen Maske mit einer unwilligen Handbewegung vollends ab. Seine Tweets, oft eine Mixtur aus hasserfüllten Botschaften und dreisten Lügen, zeigten Wirkung. Zumal seine eigene Partei längst kein Korrektiv mehr ist. Die Angst ist dort auch in gemäßigten Kreisen größer als das Verantwortungsgefühl.
Das Ergebnis der Wahlen bestätigt die Diagnose: Die US-Bevölkerung fällt recht sauber auseinander in zwei vergleichbar große Gruppen, die sich unversöhnlich gegenüberstehen. Aus Sicht des Spalters, heißt das: Gute Arbeit! Schönheitsfehler ist jedoch, dass Trump in Zukunft aus der zweiten Reihe weiterspalten muss.
Johnson spaltet zuhause zweifelhafte Erfolge herbei
Auf solch ein Zeugnis darf Boris Johnson für 2019 nicht hoffen. Sicher, er war „stets bemüht“, aber in Großbritannien dämmert auch konservativen Wählern, dass der Brexit eben nicht ein einziger beglückender Rausch aus Freude über die gesprengten Fesseln sein wird. Offen ist die Frage, ob Johnson den Weg einer harten Trennung von Festlandeuropa vollendet oder diesen Schritt, wenn es hart auf hart kommt, doch noch vermeidet. Immerhin konnte der wilde Boris an der Heimatfront zweifelhafte Erfolge herbeispalten: Seine Torys sind ähnlich zerstritten wie das ganze Land. Den Rest erledigt der große Macher mit seiner katastrophalen Corona-Politik.
Global gesehen ist Andreas Edwin Kalbitz natürlich eher ein Spalter im Westentaschenformat. Das macht seinen Fall nicht weniger interessant. Die Galionsfigur des rechtsextremistischen Flügels in der AfD spaltete offensichtlich nicht nur politisch, sondern bisweilen auch handgreiflich. Nach einem „freundschaftlichen Knuff“ ging ein Riss quer durch die Milz seines Parteifreundes und Konkurrenten Dennis Holoch. Kalbitz ist seit Mai offiziell nicht mehr Mitglied der AfD. Er spaltet nun vorerst von außen weiter.
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