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Jahresausblick: Gefangen in der Corona-Zeitschleife? Was uns 2022 erwartet

Jahresausblick

Gefangen in der Corona-Zeitschleife? Was uns 2022 erwartet

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    Diese Maske wird Neu-Kanzler Olaf Scholz so schnell wohl nicht ablegen können: Corona hat Deutschland nach wie vor fest im Griff und bestimmt den Zeittakt der Politik.
    Diese Maske wird Neu-Kanzler Olaf Scholz so schnell wohl nicht ablegen können: Corona hat Deutschland nach wie vor fest im Griff und bestimmt den Zeittakt der Politik. Foto: Kay Nietfeld, dpa

    Es fühlt sich an wie die böse Fassung des Filmes „Und täglich grüßt das Murmeltier“. In der Komödie muss der Held den gleichen chaotischen Tag immer von Neuem durchleben. Im vergangenen Jahr verabschiedeten sich die Politiker nicht nur mit guten Wünschen für das Weihnachtsfest und den Start in 2021. Sie wünschten vor allem Kraft und Zuversicht, um die dunklen Corona-Monate des Winters zu überstehen.

    In diesem Jahr werden sie es wieder tun müssen. Das ist die bittere Realität. Das Leben wirkt wie zurückgespult. Wieder wird es in eine Art Zwangsstarre versetzt, um das Virus zu bremsen. Wieder werden gute Freunde zu seltenen Gästen. Wieder werden die Kultur, das Ausgehen, die Begegnung zum Verzichtbaren erklärt. Der einzige Unterschied zum letzten Jahr: Die Kanzlerin ist jetzt ein Kanzler.

    Corona wird auch 2022 tiefe Einschnitte nötig machen

    Das Virus wird uns wieder dominieren und das alles bestimmende Thema sein. So wie es das im vergangenen Jahr war. Es stellte das Land auf den Kopf und die Politik vor eine Bewährungsprobe, die nicht immer erfolgreich bestanden wurde. Die mittlerweile ehemalige Kanzlerin Angela Merkel musste sich entschuldigen für die verkorksten Beschlüsse („Osterruhe“) einer Nachtrunde mit den Ministerpräsidenten.

    Merkel wollte immer früh gegen sich aufbauende Virus-Wellen anregieren, kam aber immer zu spät. Um dann doch im Gespann mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder und Berlins Regierendem Michael Müller dem Fernsehpublikum mit vor Müdigkeit grauen Gesichtern tiefe Einschnitte zu verkünden.

    Vertrautes Bild aus dem vergangenen Jahr: Eine Sitzung nach einer Ministerpräsidentenkonferenz. Wird wohl auch 2022 kommen, nur mit anderem Personal.
    Vertrautes Bild aus dem vergangenen Jahr: Eine Sitzung nach einer Ministerpräsidentenkonferenz. Wird wohl auch 2022 kommen, nur mit anderem Personal. Foto: Christian Mang, dpa

    Es wird im neuen Jahr wieder so kommen, nur die Verkünder werden andere sein. Der Neu-Kanzler Scholz musste ohnehin da weitermachen, wo die Altkanzlerin mit letzter Kraft erreichte, dass die Ministerpräsidenten eine geeinte Antwort geben.

    Das war im Herbst wieder nötig geworden, weil im Wahlkampf die Seuche Sommerpause hatte und die Wahlkämpfer den Wählerinnen und Wählern die unfreundliche Wahrheit ersparen wollten, dass Herbst und Winter wieder heftig werden. Also ließ sich Deutschland Zeit mit den Booster-Impfungen und vieles wurde ausgeschlossen, was nun wieder beschlossen werden muss.

    Hieße der Bundeskanzler ohne Corona-Krise jetzt Armin Laschet?

    Es bleibt Spekulation, wie die Bundestagswahl ausgegangen wäre, wenn es Corona nicht gegeben hätte. Unionsspitzenkandidat Armin Laschet nahm für die Niederlage von CDU und CSU zwar einen Großteil der Schuld auf sich. Klar ist aber auch, dass er nicht den Wahlkampf führen konnte, der nötig gewesen wäre. Das war auch dem Kleinkrieg geschuldet, mit dem

    Das eigentlich Unfassbare für CDU und CSU ist, dass Olaf Scholz ihnen die Macht genommen hat, indem er einfach Angela Merkel kopierte. Sachlich, unemotional, nüchtern und rational schlich er mehr durch den Wahlkampf, als das er kämpfte. Und er gewann. Seine Koalition mit Grünen und Liberalen hat sich den Fortschritt auf die Fahnen geschrieben, hat aber vor allem mit der fortschreitenden Pandemie zu tun, die auch die Parteien am Beginn ihrer Regierung unterschätzten und gleich mal die schweren Geschütze der Pandemiebekämpfung abschafften. Nun gehen sie in das Arsenal, um sie wieder hervorzuholen. Das Einhegen der Seuche wird der Gradmesser für Scholz.

    Ende März steht die erste Landtagswahl im neuen Jahr an

    Der erste Test erfolgt Ende März im Saarland. Die Landtagswahl wird zeigen, ob die SPD den Kanzlerbonus nutzen und Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) vom Thron stoßen kann. Die CDU wird alles daransetzen, diese erste wichtige Wahl im neuen Jahr zu gewinnen. Es geht nicht nur um die Stimmung in der Partei selbst, es geht auch ums Standing des neuen Parteivorsitzenden Friedrich Merz und es geht um die Mehrheitsverhältnisse im Bundesrat. In der Länderkammer kann die Union nur Einfluss auf die Regierungspolitik nehmen, wenn sie dort keine Sitze verliert.

    Harte Währung sind auch die Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am 8. Mai sowie eine Woche später in Nordrhein-Westfalen. In Kiel und Düsseldorf sind mit Daniel Günther und Hendrik Wüst zwei CDU-Politiker an der Macht. Sie wollen es auch bleiben, weil ihnen ein Sieg neue Karrierechancen eröffnen könnte. Beide sind jung an Jahren und hätten bei einem Wahlerfolg sicherlich gute Chancen, nächster Kanzlerkandidat der Union zu werden. Im Frühjahr dürfte die Pandemie abebben und beide Wahlen werden Abstimmungen über die Corona-Leistung der Ampel sein.

    Setzt Scholz im Habitus die Methode Merkel fort, können die Sozialdemokraten darauf hoffen, dass er wie Angela Merkel ein paar Prozentpunkte extra holt, auch bei denen, die keine SPD-Fans sind. Es gibt im Jahr einige Termine im Kalender, bei denen er sich als Staatsmann profilieren kann. Das schon für Januar geplante Weltwirtschaftstreffen in Davos wurde wegen Corona bereits auf den Frühsommer verschoben. Für Scholz könnte ein Aufeinandertreffen mit vielen großen Staats- und Regierungschefs dann im Februar kommen. Auf der Münchner Sicherheitskonferenz, die seit Jahrzehnten ein Stelldichein wichtiger politischer Entscheider aus aller Welt ist. Dort könnte der neue Kanzler auf der internationalen politischen Bühne glänzen und wichtige Kontakte pflegen. Mit US-Präsident Joe Biden zum Beispiel, mit dem er bislang als Kanzler nur telefoniert hat.

    Im Sommer sind die Staats- und Regierungschefs zu Gast bei Olaf Scholz

    Im Juni ist Scholz Gastgeber im eigenen Land. Deutschland übernimmt am 1. Januar den Vorsitz in der Gruppe der sieben wichtigsten Industrienationen (G7) und verantwortet damit das jährliche Treffen der Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Japan, die Vereinigten Staaten von Amerika und Kanada. Der G7-Gipfel wird wie schon im Juni 2015 auf Schloss Elmau in den bayerischen Alpen stattfinden.

    Das gesamte politische Handeln allerdings steht wie schon im vergangenen Jahr unter Corona-Vorbehalt. Das Virus kann Konferenztermine auslöschen, Reisen verhindern. Es kann die Wirtschaft ins Stocken bringen, wenngleich die Ökonomen noch ein kräftiges Wachstum voraussagen. Aber was sind die Schätzungen wert, die selbst in normalen Zeiten nicht sehr beständig sind? Beruhigend ist, dass der Staat noch genügend Spielraum für Kredite hat, um den Ausfall zu kompensieren. Scholz und sein Finanzminister können noch einmal mit „Wumms“ gegenhalten.

    Wenn Corona im Frühjahr oder Sommer tatsächlich zurückgedrängt ist, stellt sich die Frage, ob es sich in der kalten Jahreszeit erneut mit Macht zurückmeldet. Der witzige Murmeltierfilm ist mittlerweile ein Klassiker des Weihnachtsfernsehens. In diesen Jahren hat die Komödie einen schalen Beigeschmack.

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