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Italiens neues Asyl-Experiment: Flüchtlinge jetzt in albanischen Lagern

Migration

Italiens Flüchtlingslager in Albanien: Experiment auf hoher See

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    Erstmals hat die italienische Marine am Mittwoch Migranten nach Albanien gebracht, wo sie in speziellen Lagern ein Asylverfahren nach italienischem Recht durchlaufen. 
    Erstmals hat die italienische Marine am Mittwoch Migranten nach Albanien gebracht, wo sie in speziellen Lagern ein Asylverfahren nach italienischem Recht durchlaufen.  Foto: Armando Babani, dpa

    Die linksgerichtete italienische Zeitung La Repubblica schrieb von einer „Farce“. Der Corriere della Sera von einem eher holprig begonnenen „Experiment“. In dieser Woche hat Italien die ersten im Mittelmeer aufgelesenen Migranten in exterritoriale Lager nach Albanien transportiert. Das Marineschiff Libra hatte am Mittwoch 16 Männer, zehn aus Bangladesch sowie sechs Ägypter, in den albanischen Hafen Shëngijn gebracht. Vier von ihnen traten allerdings noch am selben Tag wieder die Rückfahrt nach Italien an, weil sie die Anforderungen für den Verbleib in den albanischen Lagern nicht erfüllten.

    Italiens Rechtsregierung unter Ministerpräsidentin Giorgia Meloni will die Migration über das Mittelmeer eindämmen und Nachahmer abschrecken. Dazu nahmen in dieser Woche zwei von Italien betriebene Auffanglager in Albanien ihren Betrieb auf. Eingewiesen werden nur Männer aus als sicher eingestuften Herkunftsländern, die auf dem Weg über das Mittelmeer nach Europa von Schiffen der italienischen Behörden aufgegriffen werden. Frauen, Kinder und gesundheitlich angeschlagene Menschen werden auch künftig direkt nach Italien gebracht. Die nach Albanien transportierten Migranten können nach Ankunft einen Asylantrag stellen, über den dann von italienischen Beamten vor Ort innerhalb von 28 Tagen entschieden werden soll.

    Italienisches Asyl-Lager in Albanien: UNHCR ist an Kontrolle beteiligt

    Die nach Albanien transportierten Migranten waren am Sonntag südlich der Insel Lampedusa von der italienischen Küstenwache auf hoher See aufgelesen worden. Insgesamt wurden 80 Menschen, die die Überfahrt aus Libyen auf sich genommen hatten, aufgenommen. Nach einer ersten Auswahl auf hoher See, an der die Internationale Organisation für Migration (IOM) beteiligt war, wurden 16 Männer an das Marineschiff Libra übergeben, das nach rund 50 Stunden Überfahrt am Mittwochmorgen den Hafen von Shëngijn erreichte. Hier hat Italien nach einem im November 2023 mit Albanien geschlossenem Abkommen einen ersten Hotspot errichtet. 

    Im Hotspot von Shëngijn fand am Mittwoch dann eine zweite Überprüfung der Migranten statt, an der auch das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR beteiligt war. Diese ergab, dass vier der Migranten nicht in das Abschiebelager nach Albanien gebracht werden können. Zwei von ihnen waren minderjährig, zwei in gesundheitlich prekärem Zustand. Die vier Migranten wurden am Mittwoch per Schiff nach Italien gebracht. Die italienische Polizei brachte die zwölf verbliebenen Geflüchteten noch am Mittwochabend in das 20 Kilometer entfernte Abschiebelager Gjadër. Auch hier haben italienische Beamte das Sagen.

    Die Lager kosten Italien Hunderte Millionen Euro

    Menschenrechtsaktivisten protestierten am Mittwoch bei Ankunft der Migranten in Shëngijn. Aktivisten hielten ein Transparent in den Händen mit der Aufschrift „Der europäische Traum endet hier“. Kritisiert wurde auch die Beteiligung der Internationalen Organisation für Migration (IOM), die an der Auswahl der nach Albanien zu transportierenden Migranten beteiligt ist. IOM-Sprecher Flavio Di Giacomo rechtfertigte die Beteiligung und wies darauf hin, dass IOM-Personal besonders sensibilisiert auf Zustand und Rechte von Migranten sei. „Es ist besser, wenn wir dabei sind. Es wären wahrscheinlich noch mehr Migranten nach Albanien gebracht worden, wenn die Auswahl von weniger qualifiziertem Personal durchgeführt worden wäre“, sagte er.

    Die von Italien geführten albanischen Zentren sollen jährlich 30.000 Migranten durchlaufen. Die beiden Lager kosten Italien über einen Zeitraum von fünf Jahren insgesamt etwa 670 Millionen Euro.

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