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Italien nach dem Rücktritt Berlusconis: Messias und Plastikbanane

Italien nach dem Rücktritt Berlusconis

Messias und Plastikbanane

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    Italiener feiern vor dem Präsidentenpalast den Rücktritt Berlusconis.
    Italiener feiern vor dem Präsidentenpalast den Rücktritt Berlusconis. Foto: dpa

    Diese Mischung: Nachthimmel über Rom, Wind dazu, natürlich Wind; Dann: der, wie immer, pathetisch angestrahlte Palazzo di Quirinale auf dem Hügel; der Platz mit dem Dioskurenbrunnen ist voller Menschen, hunderte Menschen. Können auch mehr gewesen sein. Dazu, natürlich, die Trikolore, in allen Varianten. Aus einem Fenster, oberhalb, Händel, "Der Messias". Man trinkt bevorzugt Prosecco. Hallelujah. Aus Flaschen. Unten in der aufgekratzten Menge, lässt sich keine Kamera entgehen, eine große aufgeblasene Banane, mit einem rot-weiß-grünen Tuch. Es ist noch ein bisschen bis 21.43 Uhr. Man singt, laut, nicht schön, aber inbrünstig: "Wer nicht hüpft ist Berlusconi."

    Auf der Regierungsbank saßen sie in der Abgeordnetenkammer am späten Nachmittag auf der Regierungsbank dann alle. Um 17.20 Uhr auch der Ministerpräsident Silvio Berlusconi. An seinem letzten Tag im Amt würdigte er die ziemlich vollzählig anwesenden Vertreter des Volkes in der Aula keines Wortes. Er kam ohnehin erst kurz vor Schluss der Debatte zum Stabilitätsgesetz. Und er schwieg. Der Rest seiner einstmals absolut mehrheitlichen Fraktion des "Volkes der Freiheit" hatte ihn mit "Silvio", "Silvio"-Rufen empfangen.

    "Verräter"-Rufe im Parlament

    Der Mann mit dem geschminkten Gesicht hob paternalistisch zur Erwiderung des Grußes die Hand. Er sorgte dann mit seiner Stimme dafür, dass das Stabilitätsgesetz passieren kann. Nachher wird er zurücktreten. Davor ging es noch munter zu im Abgeordnetenhaus. Schilder mit der Aufschrift "Schande" wurden hochgehoben, Fraktionswechsler als "Verräter" beschimpft. Aber wahr bleibt, was der Fraktionschef der Demokratischen Partei (PD), Dario Franceschini, in seiner Rede fast schon schreit: "Die Zeit Berlusconis ist vorbei, für Italien beginnt eine neue Zeit."

    Fast vorbei. Nicht weit von der gelben Plastikbanane, auf dem Platz vor dem Quirinal, ärgern ein paar junge Männer die Carabinieri, die den Weg für Berlusconis Limousine freihalten müssen. Sie sagen, während sie leicht nach vorne drängen: "Kommt schon, geht mit gutem Beispiel voran, macht einen Rücktritt."

    Es ist demnächst 21.43 Uhr. Als die Limousine zum ersten Mal vorfährt und sein Gesicht im Blitzlichtgewitter fahl erscheint, schreien sie "Buffone", "Hofnarr", "Hanswurst". Sie schreien "Mafia raus aus diesem Staat." Sie schreien noch ganz andere Sachen. Man kann der Meinung sein, dass das auf Italienisch immerhin noch melodiös klingt.

    Drinnen im Palast wartet seit einer halben Stunde Giorgio Napolitano. Dann wird die Erklärung veröffentlicht: "Der Präsident der Republik, Giorgio Napolitano hat den Ministerpräsidenten empfangen. (_) Der Abgeordnete Silvio Berlusconi hat den Rücktritt vom Amt des Ministerpräsidenten erklärt." Es ist der Moment, in dem draußen vor den Mauern der Macht die, die so lange darauf gewartet haben, die Hymne singen, von den "Brüdern Italiens".

    Ein Moment des Triumphes

    Zum Beispiel Stefano Russi, der hat seine Flasche Spumante fast geschafft. Er sagt: "Das ist ein ganz besonderer Tag. In Italien ist es so schwierig die Dinge zu ändern." Er ist 35. Seit er politisch denkt, gibt es Berlusconi.

    Zum Beispiel Anna Maria Cicognani. Sie ist in der Demokratischen Partei (PD), sie sagt: "Ich warte seit 20 Jahren auf diesen Tag. Wir haben gelitten." Und dass Berlusconi so stark, weil die Opposition so schwach war? - Es ist nicht so sehr der Moment der Reflexion, es ist der Moment des Triumphes.

    Um 21.43. hat Silvio Berlusconi den Quirinal als einfacher Abgeordneter verlassen. Auf dem Platz über Rom sind an diesem Abend auch nicht jene, die Berlusconi noch vor drei Jahren wieder ins Amt gewählt haben. Aber für die, die ihn nie wollten, muss die große Trikolore auf dem Palast über Rom heute sehr feierlich in der Nacht wehen.

    Die Plastikbanane und so, übersieht, wer den Blick dorthin nach vorne richtet.

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