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Italien: Hundert Tage als Ministerpräsidentin: Keine Angst mehr vor Meloni

Italien

Hundert Tage als Ministerpräsidentin: Keine Angst mehr vor Meloni

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    Giorgia Meloni ist seit Oktober 2022 Regierungschefin der Republik Italien.
    Giorgia Meloni ist seit Oktober 2022 Regierungschefin der Republik Italien. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Vor den Wahlen im Oktober galt sie vielen als „die gefährlichste Frau Europas“. Giorgia Meloni wurde dann die erste Frau, die eine Regierung in Italien führt. Mehr als 100 Tage sind vergangen seit dem Amtsantritt der Römerin und ihrer Partei „Fratelli d'Italia“. Die Befürchtungen, unberechenbaren politischen Zeitbombe für Europa verwandeln, haben sich nicht bestätigt.

    Melonis Rechtspartei, die zusammen mit der nationalistischen Lega und der gemäßigt konservativen Berlusconi-Partei Forza Italia regiert, wird gerne als „postfaschistisch“ bezeichnet. Das trifft im Hinblick auf die Geschichte der Partei auch zu, sie versteht sich als Nachfolgepartei der italienischen Neofaschisten des Movimento Sociale Italiano (MSI). Post- oder gar neofaschistisch war Melonis Politik in den ersten drei Monaten ihrer Amtszeit jedoch nicht. 

    Giorgia Meloni gibt sich in Brüssel zahm

    Die 46-Jährige wird insbesondere von der europäischen Linken weiterhin mit Argwohn beobachtet. Auf den Gebieten der Wirtschafts- und Finanzpolitik, aber auch außen- und sicherheitspolitisch fügte sich die Regierung Meloni bislang beinahe nahtlos in die proeuropäische Tradition Italiens ein. „Der Spaß ist vorbei für die EU“, hatte Meloni noch im Wahlkampf getönt. Ihre Regierung allerdings gibt sich große Mühe, in Brüssel nicht anzuecken.

    In Rekordzeit verabschiedete das Parlament in Rom zum Jahresende das wichtige Haushaltsgesetz für 2023. Meloni ist sich sicher, dass der Zahlung der dritten Tranche aus dem EU-Konjunkturprogramm in Höhe von 19 Milliarden Euro nichts mehr im Wege steht. Im Hinblick auf das gute Wachstum in Höhe von 3,9 Prozent im Jahr 2022 profitiert die Rechtsregierung von der Arbeit der Vorgänger-Exekutive unter Mario Draghi. Doch auch andere Gradmesser sind bislang positiv.

    Italienische Staatsfinanzen haben sich stabilisiert

    Der Spread genannte Zinsaufschlag, den Anleger für italienische Anleihen im Vergleich zu deutschen Papieren zahlen müssen und der ein Indikator für die Tragbarkeit der Kosten der italienischen Staatsschulden ist, sank seit Amtsantritt maßgeblich. Als Nationalistin mokierte sich Meloni früher über den Spread, nun zitiert sie ihn selbst als Nachweis für ihre erfolgreiche Arbeit. Bestandteil sind gleichwohl die Zahlungen in Höhe von rund 200 Milliarden Euro, die Italien im Gegenzug für Strukturreformen aus dem EU-Hilfsfonds erwartet. Würde sich Meloni politisch nicht fügen, würden diese Hilfsgelder blockiert. Offenbar ist sich auch die Bevölkerung der klammen Lage der italienischen Staatsfinanzen bewusst. Meloni hatte im Wahlkampf versprochen, den Rabatt auf Benzin auch 2023 beizubehalten, konnte dieses Versprechen aber angesichts der hohen Kosten nicht einlösen.

    In Europa registriert man zufrieden, dass Italien nicht nur in der EU (fast) keine Probleme macht. So trug die Regierung in Rom etwa die Blockade der EU-Kommission von über sechs Milliarden Euro mit, die Ungarn wegen Rechtsstaatsbedenken vorenthalten wurden. Und das, obwohl Meloni politisch eigentlich mit Ungarns Regierungschef Viktor Orban auf einer Linie liegt. Auch in der Ukraine-Frage zieht Rom mit Brüssel an einem Strang. Zusammen mit Frankreich hat sich Italien verpflichtet, Kiew das Luftabwehrsystem SAP/T zu liefern.

    Sogar in der Migrationspolitik mussten Meloni und ihr parteiloser Innenminister Matteo Piantedosi einlenken. Während die Schiffe der NGOs im Mittelmeer zu Beginn noch mit Einfahrverboten belegt wurden, dürfen sie nun Migranten in italienischen Häfen abliefern. Schikaniert werden die Migranten gleichwohl: Die Hilfsschiffe dürfen nicht mehr auf Sizilien anlegen, sondern müssen entferntere Häfen anlaufen und damit lange auf See bleiben.

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