Giorgia Meloni ist am Ziel. Am Freitagabend erteilte ihr Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella den Auftrag zur Bildung einer Regierung in Rom. Damit steht in Italien erstmals eine Frau an der Spitze der Exekutive. Die Römerin Meloni ist 45 Jahre alt und seit 2012 Vorsitzende der von ihr gegründeten rechtsradikalen Partei „Fratelli d'Italia“. Das Kabinett wird am Samstag um zehn Uhr vereidigt werden.
Rechts-Koalition hat die Mehrheit der Sitze im italienischen Parlament
Meloni und ihre Partei waren aus der Parlamentswahl am 25. September mit 26 Prozent der Stimmen als Sieger hervorgegangen. Eine Rechts-Koalition der postfaschistischen Fratelli d'Italia, der rechtsnationalen Lega Matteo Salvinis sowie der Partei von Ex-Premier Silvio Berlusconi, Forza Italia, verfügt über die absolute Mehrheit der Parlamentssitze in beiden Kammern. Am Freitagvormittag hatten die drei Parteien bei Konsultationen mit dem Staatsoberhaupt Meloni als Ministerpräsidentin vorgeschlagen. Das Kabinett Meloni soll sich kommende Woche im Senat und Abgeordnetenhaus der Vertrauensabstimmung stellen.
Damit hat Italien knapp einen Monat nach der Wahl bereits eine neue Regierung. Die Eile liegt vor allem darin begründet, dass die neue Regierung in den kommenden Wochen den Haushalt für das Jahr 2023 verabschieden muss. Gelingt das nicht, drohen Probleme mit dem hochverschuldeten Staatshaushalt. Staatspräsident Sergio Mattarella war deshalb an einer raschen Regierungsbildung gelegen. Der Staatspräsident ist in Italien die entscheidende Person bei der Regierungsbildung, weil er laut Verfassung Garant der internationalen Verträge Italiens ist.
Mattarella ist deshalb in wichtigen Ressorts an Politikern gelegen, die nicht EU-feindlich eingestellt sind. Das gilt etwa für den künftigen Wirtschafts- und Finanzminister Giancarlo Giorgetti, den Vizeparteichef der Lega, einen moderaten und pro-europäischen Politiker. Giorgetti war Befürworter der Vorgängerregierung unter Mario Draghi und bekleidete dort das Amt des Ministers für wirtschaftliche Entwicklung. Der Lega-Vorsitzende Matteo Salvini wird Minister für Transport und Infrastruktur. Da das Verkehrsministerium auch für die Küstenwache zuständig ist, wird damit gerechnet, dass Salvini wie schon 2019 hart gegen Migranten und Hilfsorganisationen durchzugreifen versucht. Salvini wird zudem Vize-Regierungschef.
Mario Draghi bestreitet letzten EU-Gipfel als Regierungschef
Als Außenminister nominierte der Staatspräsident auf Vorschlag Melonis den ehemaligen Chef des EU-Parlaments Antonio Tajani, einen Mann der Berlusconi-Partei Forza Italia. Innenminister wird der derzeitige Polizeipräfekt der Stadt Rom, Matteo Piantedosi. Er war unter dem früheren Innenminister Salvini dessen Kabinettschef. Das Amt des Verteidigungsministers wird der Meloni-Vertraute Guido Crosetto übernehmen. Streit gab es in der Koalition unter anderem über die Nominierung des Justizministers. Der für die Meloni-Partei ins Parlament eingezogene frühere Staatsanwalt Carlo Nordio übernimmt das Amt, dass der mehrfach angeklagte Forza-Italia-Chef Berlusconi vergeblich für seine Partei beansprucht hatte.
Einige Ministerien werden von der neuen Regierung umbenannt. In den Umbenennungen sind bereits politische Botschaften versteckt. So heißt das Familienministerium künftig Ministerium für Familie, Geburten und Gleichberechtigung. Eines der großen Themen der Meloni-Partei im Wahlkampf war der Geburtenrückgang in Italien. Das Landwirtschaftsministerium der neuen Rechtsregierung trägt den Zusatz als Ministerium für „Lebensmittel-Souveränität“. Es wird von Melonis Schwager Francesco Lollobrigida geführt, der mit der Schwester der neuen Regierungschefin verheiratet ist. Das Ministerium für den ökologischen Wandel heißt fortan Ministerium für Umwelt und Energiesicherheit und wird von Paolo Zangrillo (Forza Italia) geführt. Zusätzlich wird aus dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung das „Ministerium für Unternehmen und Made in Italy“ (Adolfo Urso, Fratelli d'Italia).
Am Freitag war der bisherige Regierungschef Mario Draghi von seinem letzten EU-Gipfel in Brüssel nach Rom zurückgekehrt. Von den EU-Kollegen war Draghi mit lang anhaltendem Applaus verabschiedet worden. Auf die Frage, ob er Tipps für seine Nachfolgerin Meloni habe, entgegnete Draghi: „Ich gebe der neuen Regierung keine Ratschläge.“