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Italien: Ein Flugzeug als Raubgut: Italien entschuldigt sich bei Äthiopien

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Ein Flugzeug als Raubgut: Italien entschuldigt sich bei Äthiopien

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    In den 1930er-Jahren führte Italien eine Schreckensherrschaft in Äthiopien. Diese Männer und Frauen erinnern an ein Massaker, das General Rodolfo Graziani 1937 befahl.
    In den 1930er-Jahren führte Italien eine Schreckensherrschaft in Äthiopien. Diese Männer und Frauen erinnern an ein Massaker, das General Rodolfo Graziani 1937 befahl. Foto: Yonas Tadesse, AFP

    Die Frage steht jetzt im Raum: Geht so Wiedergutmachung? Kann man so ein Tabu brechen? Italiens Kolonialvergangenheit in Äthiopien ist eigentlich kein Thema, das in der Öffentlichkeit diskutiert wird. Doch nun hat die Regierung der Postfaschistin Giorgia Meloni ein während des Faschismus geraubtes Flugzeug zurückgegeben. Der Akt wurde als große Geste gefeiert. 

    Die rote „Tsehay“ aus Addis Abeba war das erste in Äthiopien gebaute Flugzeug. Konstruiert wurde sie 1935 von äthiopischen Mechanikern unter Anweisung des Freiburger Jagdfliegers und Ingenieurs Ludwig Weber, der damals für die Firma Junker nach Äthiopien entsandt wurde. Der Breisgauer Weber, der unter anderem der späteren Nazi-Größe Hermann Göring das Fliegen beibrachte, wurde zum persönlichen Piloten des äthiopischen Kaisers Haile Selassie. Der Kaiser wünschte sich ein eigenes äthiopisches Flugzeug und gab ihm, als es fertig war, den Namen seiner jüngsten Tochter Tsehay. Nur ein Jahr lang flogen Weber und die Äthiopier mit der roten Maschine. Dann besetzte das faschistische Italien Äthiopien und stahl das Flugzeug. Webers „Tsehay“ wurde koloniales Raubgut.

    Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali bedankte sich überschwänglich

    Nun, 88 Jahre später, brachte Verteidigungsminister Guido Crosetto das Flugzeug, das ein Schmuckstück im Militärischen Luftfahrtmuseum von Bracciano bei Rom war, bei einem Besuch vor Tagen in Addis Abeba den Eigentümern zurück. Crosetto ist Mitgründer der Meloni-Partei Fratelli d'Italia, die das Flammensymbol im Wappen trägt, als Reminiszenz an die faschistische Vergangenheit Italiens.

    Der äthiopische Ministerpräsident Abiy Ahmed Ali bedankte sich geradezu überschwänglich: „Heute ist ein Tag großen Stolzes für die Äthiopier, denn wir feiern die offizielle Übergabe von 'Tsehay' durch die italienische Regierung“, schrieb er auf X. Ali sprach vor allem Ministerpräsidentin Giorgia Meloni „große Dankbarkeit“ aus.

    Kommentatoren wiesen auf das plötzlich gewachsene heutige italienische Interesse an Afrika hin. Die Regierung Melonis versucht, afrikanische Länder in einem großen, nach Enrico Mattei, dem Gründer des italienischen Energiekonzerns Eni benannten Plan, für sich einzunehmen. Im Gegenzug für Infrastruktur, Bildung und Entwicklung sollen Länder wie Äthiopien Italien und der EU die Migranten vom Leib halten. Die Vertreter von 46 afrikanischen Ländern kamen Ende Januar zu diesem Zweck nach Rom.

    Im Abessinienkrieg setzte Italien systematisch chemische Massenvernichtungswaffen ein

    Nun steht der Flugzeugraub von 1936 im Zusammenhang mit der faschistischen Schreckensherrschaft in Äthiopien. Im sogenannten Abessinienkrieg ab 1935 setzte Italien systematisch chemische Massenvernichtungswaffen ein, Hunderttausende Äthiopier starben. General und „Vizekaiser“ Rodolfo Graziani führte eine Schreckensherrschaft im Land und errichtete eine Art Apartheidsystem. Nach einem Attentat auf ihn im Mai 1937 befahl er Massenmorde an Schwarzen. Nie wurde Graziani juristisch für seine Taten belangt. Stattdessen hat der General bis heute Verehrer in Italien, unter Rechtsextremisten und sogar bei Regierungsmitgliedern. In der Kleinstadt Affile bei Rom wurde ihm 2012 ein Mausoleum errichtet. Mitinitiator war der damalige Landesminister Francesco Lollobrigida. Der ist nicht nur der Schwager Giorgia Melonis, sondern heute auch Landwirtschaftsminister in ihrer Regierung und eine der Figuren aus Melonis engstem Kreis. Die „Zuneigung zu General

    Die Rückgabe der roten „Tsehay“ wirkt angesichts solcher Worte wie eine Farce. Sie könnte aber auch ein Anfang sein, um 90 Jahre später Licht in Italiens Verbrechen in Afrika zu bringen.

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