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Istanbul: US-Präsident in Saudi-Arabien: Joe Bidens Gang nach Canossa

Istanbul

US-Präsident in Saudi-Arabien: Joe Bidens Gang nach Canossa

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    US-Präsident Joe Biden begrüßt den saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman mit der Faust. Den Mann also, den er bereits als „Paria“ bezeichnet hatte.
    US-Präsident Joe Biden begrüßt den saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman mit der Faust. Den Mann also, den er bereits als „Paria“ bezeichnet hatte. Foto: Saudi Press Agency, AP, dpa

    Hat er oder hat er nicht? Kaum war Joe Biden auf dem Heimweg aus Saudi-Arabien nach Washington, da fing der Streit über seinen Besuch in dem Königreich an. Der amerikanische Präsident behauptete, er habe den saudischen Thronfolger Mohammed bin Salman klar und deutlich auf dessen Verantwortung für den Mord an dem Journalisten und Washington Post-Kolumnisten Jamal Kha-shoggi angesprochen. Ein saudischer Diplomat, der bei dem Treffen dabei war, widersprach: Er habe davon nichts gehört. Auch sonst redeten der 79-jährige Präsident und der 36-jährige Kronprinz aneinander vorbei.

    Für Biden war der Besuch im saudischen Dschiddah, wo er an einem regionalen Gipfeltreffen teilnahm, ein Gang nach Canossa. Nach dem Mord an Khashoggi im Jahr 2018 hatte er angekündigt, Saudi-Arabien als „Paria“ zu behandeln. Seit seinem Amtsantritt vor anderthalb Jahren ging er dem direkten Gespräch mit Thronfolger Mohammed bin Salman aus dem Weg - doch jetzt musste er Abbitte leisten. In China am Golf begrenzen.

    Für Mohammed bin Salman war Bidens Besuch ein Erfolg

    Das weiß auch Mohammed bin Salman. Für ihn war Bidens Besuch ein Erfolg - die Visite war ein Eingeständnis, dass die USA in der Region nicht ohne Saudi-Arabien vorankommen. Daran änderte auch die Tatsache nichts, dass der amerikanische Präsident demonstrativ einen Handschlag mit Kronprinz Mohammed verweigerte und auf die Corona-Faust auswich.

    Der saudische Außen-Staatsminister Abdel al-Jubeir bestätigte zwar, dass Biden hinter verschlossenen Türen den Fall Khashoggi angesprochen habe. Allerdings sei das nicht in anklagender Form geschehen. Kronprinz Mohammed nannte den Mord demnach einen „schrecklichen Fehler“, konterte aber mit dem Hinweis auf amerikanische Kriegsverbrechen im Irak und auf den Tod der Journalistin Shireen Abu Akleh, die kürzlich von israelischen Soldaten erschossen wurde.

    Auch beim Thema Öl beißt Joe Biden auf Granit

    Auf Granit biss der amerikanische Präsident auch beim Thema Öl. Thronfolger Mohammed bekräftigte zwar das allgemeine Ziel seines Landes, die Kapazitäten für die Ölförderung von derzeit zwölf Millionen Barrel (je 159 Liter) pro Tag auf 13 Millionen zu erhöhen. Doch nach den saudischen Plänen wird der Ausbau Jahre dauern. Ob er vor den amerikanischen Kongresswahlen mehr Öl fördern wird, will der Kronprinz nicht gemeinsam mit den USA entscheiden, sondern zusammen mit Russland: Am 3. August wollen Riad und Moskau im Rahmen der Gruppe „Opec+“ beraten. Saudi-Arabien denkt auch nicht daran, sich an westlichen Sanktionen gegen

    Während des Besuches des US-Präsidenten in Dschiddah meldete die Nachrichtenagentur Reuters, der Öl-Gigant Saudi-Arabien kaufe russisches Öl in Rekordmengen: Mit dem Öl, das Russland wegen der westlichen Sanktionen verbilligt anbieten muss, betreiben die Saudis im Sommer ihre Klimaanlagen und verkaufen das eigene Öl auf dem Weltmarkt zu höheren Preisen. Die Vereinigten Arabischen Emirate, enge Partner der

    Einen konkreten Erfolg konnte Biden nur mit Bezug auf China melden. Er vereinbarte mit Mohammed bin Salman eine amerikanisch-saudische Zusammenarbeit beim Aufbau eines 5G- und 6G-Netzwerkes in Saudi-Arabien. Damit soll der chinesische Konzern Huawei aus dem arabischen Markt gedrängt werden.

    Zudem versicherte Biden den arabischen Verbündeten, die durch die strategische Umorientierung der USA auf den Konkurrenzkampf mit China verunsichert sind, Amerika bleibe im Nahen Osten präsent: „Die Vereinigten Staaten gehen nirgendwo hin.“ Von saudischer Seite hieß es allerdings, mehr Zusammenarbeit mit den USA bedeute nicht weniger Zusammenarbeit mit Russland oder China.

    Frustriert wirkte US-Präsident Joe Biden bei seiner Rückkehr aus Saudi-Arabien. Der umstrittene Besuch wurde nicht nur in seinem Heimatland sehr kritisch verfolgt und kommentiert.
    Frustriert wirkte US-Präsident Joe Biden bei seiner Rückkehr aus Saudi-Arabien. Der umstrittene Besuch wurde nicht nur in seinem Heimatland sehr kritisch verfolgt und kommentiert. Foto: Evan Vucci, AP, dpa

    Kritiker Bidens, die dem Präsidenten schon vor dem Besuch einen Kniefall vor Mohammed bin Salman vorgeworfen hatten, sehen sich bestätigt. Biden habe „grundlegende Prinzipien der Menschenrechte“ aufgegeben, schrieb der Chef der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch, Kenneth Roth, auf Twitter. Was habe Biden denn im Gegenzug dafür bekommen, fragte Roth rhetorisch. Fred Ryan, der Herausgeber der Washington Post, nannte Bidens Faust-Gruß mit Mohammed bin Salman eine Schande.

    Nach seiner Heimkehr nach Washington wirkte Biden dementsprechend frustriert. Er bestritt die saudische Darstellung seines Gesprächs mit dem saudischen Kronprinzen über Khashoggi und reagierte genervt auf Fragen von Reportern nach der Faust-Begrüßung mit dem Thronfolger: „Warum redet ihr nicht mal über was Wichtiges?“

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