Für Bundeskanzler Olaf Scholz ist klar: Deutschland soll keine Kriegspartei werden. Doch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an westlichen Waffen kann als Kriegsbeteiligung gesehen werden. Das geht aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages hervor, das dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) vorliegt.
Zählt die Lieferung schwerer Waffen bereits als Kriegsbeteiligung?
Aus dem Bericht geht hervor, dass die Lieferungen westlicher Waffen im völkerrechtlichen Konsens nicht als Kriegseintritt gesehen werden - solange sich niemand an den Kampfhandlungen beteiligt. Das gelte unabhängig davon, ob "offensive" oder "defensive" Waffen geliefert würden.
Doch in dem Gutachten heißt es weiter: "Erst wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen." Das heißt: Waffenlieferungen sind in Ordnung, die Ausbildung ukrainischer Soldaten grenzwertig.
US-Militär bildet bereits ukrainische Soldaten in Deutschland aus
Das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes der Bundesregierung, der die Bundestagsabgeordneten neutral beraten soll, trägt den Titel "Rechtsfragen der militärischen Unterstützung der Ukraine durch NATO-Staaten zwischen Neutralität und Konfliktteilnahme". Dieses wurde bereits im März erstellt - also noch vor dem Beschluss der Bundesregierung, deutsche Panzer direkt an die Ukraine zu liefern und ukrainische Streitkräfte an westlichen Waffen ausbilden zu wollen.
Am Freitag hatte das US-Verteidigungsministerium erklärt, dass ukrainische Soldaten bereits an verschiedenen Standorten in Deutschland an westlichen Waffen ausgebildet werden. Dies geschehe in enger Absprache mit der Bundesregierung, die bei der Organisation und Koordinierung helfe, so ein Sprecher. Auch Verteidigungsministerin Christine Lambrecht (SPD) hatte vergangenen Dienstag die Beteiligung Deutschlands an der Ausbildung ukrainischer Truppen angekündigt.
Hebestreit: Ausbildung keine Kriegsbeteiligung
Regierungssprecher Steffen Hebestreit will das Gutachten nicht kommentieren. Die Bundesregierung befände sich immer wieder in schwierigen Abwägungen, sagt Hebestreit. Er sei jedoch überzeugt, dass die Ausbildung ukrainischer Soldaten kein Kriegseintritt sei.