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Israel tötet Hisbollah-Chef Nasrallah in Beirut

Krieg in Nahost

Israel tötet Hisbollah-Chef Nasrallah in Beirut

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    Anhänger erheben ihre Fäuste und jubeln, während sie eine Rede des Hisbollah-Führers Nasrallah auf einem Bildschirm verfolgen.
    Anhänger erheben ihre Fäuste und jubeln, während sie eine Rede des Hisbollah-Führers Nasrallah auf einem Bildschirm verfolgen. Foto: Mustafa Jamalddine, AP/dpa (Archivbild)

    „Hassan Nasrallah wird die Welt nicht mehr terrorisieren.“ Mit diesem Satz verkündete die israelische Armee am Samstagvormittag den Tod des Hisbollah-Anführers. Der 64-jährige libanesische Milizenchef starb demnach am Freitagabend bei einem israelischen Luftangriff im Süden von Beirut, wie die Hisbollah mittlerweile bestätigte. Nasrallahs Tod trifft die Hisbollah hart und erhöht den Druck auf den Iran als Schutzherrn der Miliz, in den Konflikt einzugreifen. Revolutionsführer Ajatollah Ali Khamenei spielte die Bedeutung von Nasrallahs Tod jedoch herunter. Teheran befürchtet offenbar einen israelischen Anschlag auf Khamenei.

    Nasrallahs Tod ist der schwerste Rückschlag für die Hisbollah seit dem Tod ihres Gründers Abbas al-Musawi bei einem israelischen Angriff im Jahr 1992. Der aus Beirut stammende Nasrallah hatte sich kurz nach Gründung der Hisbollah 1982 der Hisbollah angeschlossen und übernahm nach Musawis Tod das Ruder der iranisch unterstützten Miliz.

    Nasrallah machte Hisbollah zur stärksten Miliz im Nahen Osten

    Unter Nasrallah entwickelte sich die schiitische Hisbollah – der Name bedeutet „Partei Gottes“ – zur militärisch stärksten Miliz im Nahen Osten. Im Jahr 2000 vertrieb sie die israelische Armee aus dem Libanon – das ist bis heute der größte militärische Erfolg, den eine arabische Gruppe jemals gegen den jüdischen Staat errungen hat.

    Als enger Verbündeter Teherans unterstützte Nasrallah seit dem vorigen Oktober den Krieg der ebenfalls iranisch unterstützten Hamas gegen Israel und ließ Israel vom Libanon aus mit Raketen beschießen, um israelische Truppen an der Grenze zum Libanon zu binden. Israel begann daraufhin mit Luftangriffen, bei denen seit einer Woche mehr als 700 Menschen getötet worden sind.

    Nasrallah starb wohl bei Luftangriff der israelischen Armee

    Nasrallah trat aus Furcht vor israelischen Angriffen seit langem nicht mehr öffentlich auf und meldete sich zuletzt am 19. September in einer Fernsehansprache zu Wort, die an einem geheimen Ort aufgezeichnet worden war. Am Freitagabend bombardierte Israel einen Wohnblock in Dahieh, einem schiitischen Viertel in Beirut, das eine Hochburg der Hisbollah ist. Nasrallahs unterirdisches Hauptquartier lag nach israelischen Angaben unter den Wohnhäusern, die bei dem Luftangriff zerstört wurden. Dabei starben mindestens sechs Menschen.

    Die Hisbollah bestätigte Nasrallahs Tod mittlerweile und setzte ihre Raketenangriffe auf Israel fort. Auch die israelischen Luftangriffe im Libanon gingen am Samstag weiter.

    Hisbollah muss ihre Führung im Krieg gegen Israel neu ordnen

    Ohne Nasrallah, der die Hisbollah 32 Jahre lang führte, muss die Miliz mitten im Krieg gegen Israel ihre Führung neu ordnen. Als möglicher Nachfolger wird Haschem Safieddine gehandelt, ein Cousin von Nasrallah und Mitglied der Hisbollah-Führung. Mit Nasrallah starb nach Angaben Israels auch Ali Karaki, der Befehlshaber der Hisbollah-Truppen an der Grenze zu Israel; in den vergangenen Tagen waren mehr als ein Dutzend weitere Kommandeure der Hisbollah von Israel getötet worden.

    Das wird die Hisbollah zurückwerfen, dürfte sie aber nicht zur Kapitulation zwingen. Hisbollah und Hamas haben schon öfter Anführer bei israelischen Angriffen verloren; Hamas-Chef Ismail Hanijeh starb Ende Juli bei einem Anschlag in Teheran.

    Iran trifft Vorkehrungen für Angriff Israels

    Nun trifft der Iran Vorkehrungen gegen einen möglichen Angriff Israels auf den 85-jährigen Khamenei. Der Revolutionsführer sei vorsorglich an einen sicheren Ort gebracht worden, meldete die Nachrichtenagentur Reuters. Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hatte am Freitag gesagt, Israel könne jeden Ort im Iran erreichen. Israel hatte dies mit dem Anschlag auf Hanijeh mitten in Teheran bewiesen.

    Khamenei verzichtete nach Nasrallahs Tod auf direkte Vergeltungsdrohungen gegen Israel, das „viel zu schwach“ sei, um die Hisbollah zu erschüttern. Der Iran und andere anti-israelische Gruppen in Nahost unterstützen die Hisbollah, erklärte Khamenei.

    Damit habe der Revolutionsführer grünes Licht für iranische Verbündete gegeben, sich in den Libanon-Konflikt einzuschalten, sagte der Iran-Experte Arman Mahmoudian von der Universität Süd-Florida unserer Zeitung. Selbst wolle der Iran offenbar weiterhin nicht direkt intervenieren.

    Iran unterstützt Hisbollah im Konflikt mit Israel nur verbal

    Khameneis Regime unterstützt die Hisbollah im Konflikt mit Israel verbal, will aber nicht für ihren Verbündeten in die Schlacht gegen Israel ziehen. Israels Angriffe im Libanon seien eine Falle, um den Iran in einen regionalen Konflikt zu verwickeln, sagt der iranische Präsident Massud Peseschkian. Darauf werde er nicht hereinfallen. Der im Juli gewählte Präsident will vor allem die iranische Wirtschaft wieder flottkriegen und strebt dafür neue Atomgespräche mit dem Westen an; Gefechte mit Israel würden diesen Versuch scheitern lassen. Khamenei ist ebenfalls für Zurückhaltung, weil er befürchtet, dass ein Krieg gegen Israel und die USA das theokratische System im Iran zerstören könnte.

    Die Hisbollah hatte in der iranischen Strategie bisher die Aufgabe, loszuschlagen, wenn iranisches Staatsgebiet durch israelische Angriffe gefährdet werden sollte. Andersherum gelte diese Gleichung nicht, sagt der Iran-Experte Arash Azizi von der Universität Boston: „Die Hisbollah weiß, dass sie nicht viel an direktem iranischen Engagement erwarten kann“, sagte Azizi unserer Zeitung. „Sich auf eine direkte Konfrontation mit Israel einzulassen, entsprach noch nie der iranischen Politik.“

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