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Israel: Nutzt Israel Zivilisten in Gaza als Schutzschild?

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Nutzt Israel Zivilisten in Gaza als Schutzschild?

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    Seit Beginn des Gaza-Kriegs gibt es nahezu täglich militärische Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah.
    Seit Beginn des Gaza-Kriegs gibt es nahezu täglich militärische Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah. Foto: Gil Eliyahu, dpa

    Setzt das israelische Militär palästinensische Zivilisten als menschliche Schutzschilde ein? Eine ARD-Recherche scheint das zu bestätigen. So hat ein junger Palästinenser, Mohammed Saad, dem ARD-Studio in Tel Aviv erzählt, israelische Soldaten hätten ihn entführt und gesagt: „Entweder kommt ihr mit oder wir töten euch.“ Die Aufgabe von Mohammed Saad: Er sei von der israelischen Armee vorangeschickt worden, wenn Gefahr drohte. Auf BR24 online wird Saad zitiert: „Sie haben mich und jemanden anderes losgeschickt. Sie haben uns eine Kamera in die Hand gegeben, zusätzlich zur Kamera am Helm. Und sie haben uns per Kopfhörer gesteuert und gesagt: Bleib hier, geh dorthin, filme dieses Haus, halte auf dieser Straße.“ 15 Tage lang sei das so gegangen, erzählt er. Sind die Aussagen von Saad zutreffend, dann hat die israelische Armee den Mann als menschlicher Schutzschild eingesetzt.

    Während Israels Armee im abgeriegelten Gazastreifen weiter gegen die islamistische Hamas vorgeht, kommt es im eigenen Land zu neuen Massendemonstrationen. Bei der Hauptkundgebung in der Hafenmetropole Tel Aviv sowie weiteren Protesten in anderen israelischen Städten forderten die Teilnehmer ein Abkommen mit der Hamas zur Freilassung von rund 100 Geiseln. Die Organisatoren sprachen laut örtlichen Medienberichten von 500.000 Demonstranten allein in Tel Aviv. „Wir dürfen kein Leben mehr opfern, wir dürfen die verbleibenden Geiseln nicht opfern“, sagte die Verwandte einer von den islamistischen Extremisten erschossenen Geisel auf der Kundgebung in Tel Aviv. „Ihre Zeit läuft ab.“

    Trauer und Wut bei den Angehörigen

    Terroristen der Hamas hatten Carmel Gat und eine weitere Frau sowie vier Männer in der vergangenen Woche mit Schüssen aus nächster Nähe getötet. Das israelische Militär fand ihre Leichen in einem Tunnel in Gaza. „Die Sechs wären heute hier unter uns, wenn Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu Ja zu einem Deal gesagt hätte“, rief Gats Verwandte mit Trauer und Wut in der Stimme in die Menge.

    Die Hamas und andere islamistische Terrorgruppen hatten am 7. Oktober vergangenen Jahres den Süden Israels überfallen und dabei mehr als 1.200 Menschen getötet und etwa 250 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Das beispiellose Massaker war Auslöser des Gaza-Kriegs. Nach israelischer Zählung befinden sich noch 101 Menschen in der Gewalt der Hamas, wobei unklar ist, wie viele von ihnen leben. Die indirekten Verhandlungen zu ihrer Freilassung, bei denen die USA, Ägypten und Katar zwischen den Konfliktparteien vermitteln, drehen sich seit Monaten ergebnislos im Kreis. Das angestrebte mehrstufige Abkommen würde auch die Beendigung des Krieges, den Rückzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen und die Entlassung tausender palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen einschließen.

    Kritiker werfen Israels Regierungschef Netanjahu vor, den Abschluss einer derartigen Vereinbarung mit überzogenen Forderungen – wie etwa der nach einem dauerhaften Verbleib des israelischen Militärs an strategischen Stellen des Gazastreifens – zu torpedieren. Netanjahu regiert in einer Koalition mit rechtsextremen Parteien, die jegliche Zugeständnisse an die Hamas ablehnen und ihm mit dem Platzen des Regierungsbündnisses drohen.

    Gibt es doch noch eine Verhandlungslösung?

    Der Chef des US-Auslandsgeheimdienstes CIA, William Burns, hat weitere indirekte Verhandlungen angekündigt. „Wir werden diesen detaillierteren Vorschlag vorlegen, in den nächsten paar Tagen, wie ich hoffe, und dann werden wir sehen“, sagte Burns. Er leitet in der Regel die US-Delegation bei den indirekten Verhandlungen, die meist in Kairo oder in Doha stattfinden. US-Medien hatten bereits kürzlich über einen geplanten letzten Vorschlag für ein Abkommen berichtet. Sollten beide Konfliktparteien auch diesen wieder nicht akzeptieren, könnte es das Ende der Verhandlungen bedeuten, hieß es. Burns‘ Worten zufolge steht unermesslich viel auf dem Spiel – auch für die Zukunft und Sicherheit der gesamten Nahost-Region. Die nötigen Fortschritte bei den Verhandlungen seien am Ende „eine Frage des politischen Willens“, sagte er. Burns hofft, dass die Führungen beider Konfliktparteien die nötigen harten Entscheidungen treffen und politische Kompromisse eingehen werden.

    Derweil gehen die militärischen Auseinandersetzungen zwischen der israelischen Armee und der pro iranischen Hisbollah-Miliz im Libanon weiter. Im Nordens Israels heulten in einem Grenzort die Sirenen. Mehr als 50 Geschosse wurden aus dem Libanon abgefeuert. Die Luftabwehr hat die meisten abgefangen. Zuvor waren bei einem israelischen Angriff im Südlibanon nach örtlichen Behördenangaben mindestens drei Menschen getötet worden. Bei den Opfern handele es sich um Mitarbeiter des Zivilschutzes. Die Hisbollah reklamierte über den Tag verteilt mehrere Angriffe auf Israel für sich.

    Seit Beginn des Krieges im Gazastreifen zwischen Israel und der mit der Hisbollah verbündeten Hamas vor elf Monaten kommt es im Grenzgebiet der beiden Länder nahezu täglich zu militärischen Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der libanesischen Schiiten-Miliz. Auf beiden Seiten gab es dabei Tote – die meisten von ihnen waren Mitglieder der Hisbollah. Die Miliz handelt nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas. (dpa)

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