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Israel: Das heilige Fest in Zeiten des Krieges: So wird in Bethlehem die Weihnachtszeit gefeiert

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Das heilige Fest in Zeiten des Krieges: So wird in Bethlehem die Weihnachtszeit gefeiert

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    Weihnachten direkt in Bethlehem zu erleben, das ist für viele Christen noch immer ein unvergessliches Erlebnis.
    Weihnachten direkt in Bethlehem zu erleben, das ist für viele Christen noch immer ein unvergessliches Erlebnis. Foto: Myriams-Fotos, dpa

    Im Heiligen Land einen guten Christstollen zu finden, ist erstaunlich schwer. Es gibt Whatsapp-Gruppen deutschsprachiger Einwanderer und Expats in Israel, in denen das Thema mit Leidenschaft verhandelt wird. Manche empfehlen Supermärkte russischer Einwanderer, nur um sich zurechtweisen zu lassen: Die Stollen dort seien mit Marzipan gebacken statt mit Butter, schreiben kritische Kommentatoren, und damit bestenfalls ein kläglicher Abklatsch richtiger Christstollen. Eine Frau gibt schließlich den entscheidenden Tipp: die Patisserie Abu Seir in der Jerusalemer Altstadt, nahe dem „Neuen Tor“.

    Die Konditorei hat geöffnet. Aus dem Schaufenster fällt warmes Licht auf das feuchte Pflaster. Drinnen, in der kleinen Verkaufsstube, duftet es nach frisch gebrühten Kaffee. Hier, endlich, Zeichen vom bevorstehenden Weihnachtsfest: Tannenzweige, Glaskugeln, eine rote Weihnachtsmütze, die von einem Wandschrank hängt. In Glasvitrinen sind Gebäckstücke mit Glasierungen in fast allen Farben des Regenbogens aufgereiht. Und daneben, auf der Verkaufstheke, stehen sie auf einem Tablett, einzeln in Folie verpackt, üppig mit Puderzucker bestreut: die berühmten Christstollen. Mit Butter, nicht mit Marzipan.

    Die Patisserie in der Altstadt ist eine Institution

    Liest man Online-Kommentare, klingt es, als sei die Patisserie in der Altstadt eine Institution. Dabei gibt es sie noch nicht lange: Abu Seir gründete sie im Juni 2020, wenige Monate nach Ausbruch der Covid-Pandemie. Es waren denkbar schwierige Startbedingungen, doch das Geschäft überlebte. “Ich glaube, dass Gott jedem hilft, der es verdient”, sagt Abu Seir. “Und ich glaube, dass meine Familie es verdient.”

    Er führt die Patisserie zusammen mit seiner Tochter, dem jüngsten seiner drei Kinder. Das Ausbleiben der Touristen treffe sein Geschäft hart, sagt er, so wie alle Geschäfte der Altstadt. „Es hilft, dass wir hier die Chefs sind: So können wir ein bisschen mit den Preisen spielen, die Dinge etwas günstiger anbieten. Wir schaffen es, den Kopf über Wasser zu halten. Aber nur so gerade eben.“

    Der Unterschied zwischen Israel und Norwegen

    Vor ein paar Jahren, sagt er, sei er nach Norwegen gereist und habe den Menschen dort gesagt: „Wisst ihr, was der Unterschied zwischen Norwegern und Palästinensern ist? Ihr fragt euch, was ihr morgen machen werdet, denn bei euch ist es ruhig. Wir sorgen uns darum, was morgen geschehen wird.” Wie die anderen Unternehmer und Händler im christlichen Viertel hat er darauf verzichtet, einen Weihnachtsbaum vor dem Geschäft aufzustellen. Damit folgt er der Stadtverwaltung Bethlehems, die, ebenso wie im Vorjahr, alle öffentlichen Festlichkeiten und Zeremonien abgesagt hat, darunter auch das ansonsten traditionelle Aufstellen eines riesigen Weihnachtsbaumes auf dem Platz vor der Geburtskirche. Solange im Gazastreifen Krieg herrscht, gelten öffentliche Feierlichkeiten als unangemessen.

    “Tausende Menschen sind gestorben, viele Kinder”, sagt Ibrahim Abu Seir, „über Hunderttausende verletzt. In früheren Jahren hatten wir hier einen sehr schönen Baum. Aber dieses Jahr geht das nicht.“ Auf der Gasse, die von der Patisserie aus tiefer in die Altstadt hinein führt, stehen vereinzelt aufblasbare Weihnachtsmänner vor kleinen Supermärkten oder Souvenirgeschäften. Doch Feierstimmung verbreiten sie nicht. In keinem der wenigen offenen Geschäfte sind Kunden zu sehen. Ein Händler sitzt auf einem Schemel vor seinem Laden, in dem Holzkreuze und Marienfiguren vergeblich auf Käufer warten, und schaut sich Videos auf seinem Telefon an.

    Das Wegbleiben der Touristen trifft die Händler hart

    „Ich habe seit heute Morgen keinen einzigen Kunden gehabt“, klagt der Besitzer eines Schmuckgeschäftes, dessen Name Chamis lautet, zu Deutsch „Fünf“: Er ist das fünfte Kind seiner Eltern. Er überlege, sagt er, den Schmuckverkauf aufzugeben und stattdessen Waren für die lokale palästinensische Bevölkerung anzubieten. „Es hat keinen Sinn, auf die Touristen zu warten.“

    Einige Schritte weiter führt eine offene Glastür in den Verkaufstraum der „Fair Trade Women Cooperative“, einer palästinensischen Nichtregierungsorganisation. Angeboten werden hier Gewänder, Tischdecken und Kissenbezüge, verziert mit traditionellen palästinensischen Stickereien in Rot und Schwarz, angefertigt von Frauen im Westjordanland, die sich damit ein kleines Einkommen verdienen. Auch sie habe seit dem Morgen noch keinen einzigen Kunden gehabt, berichtet frustriert die Verkäuferin, die ihren Namen nicht nennen möchte; ausländische Reporter, erklärt sie, hätten sie einmal gegen ihren Willen mit politischen Aussagen zitiert. „Wir haben im Moment kaum Aufträge für die Frauen“, seufzt sie. „Die Arbeit, die wir früher einer einzigen Frau gegeben hätten, müssen wir jetzt unter sieben oder acht Frauen aufteilen.“

    An der Wand hängt die Koransure

    Zurück in der Patisserie Abu Seir haben sich inzwischen mehrere Kunden eingefunden. An niedrigen Tischen sitzen sie draußen vor dem Geschäft und wärmen sich die Hände an ihren Kaffeetassen: ein Mann und eine Frau, die sich leise auf Hebräisch unterhalten; zwei junge Mädchen, die auf Arabisch miteinander plaudern. Ibrahim Abu Seir aber ist Muslim. Weiter rechts an der Wand, eher unauffällig neben einem Schrank platziert, hängt das gerahmte Bild einer kalligrafierten Koransure.

    „Und da“, sagt Abu Seir und zeigt auf eine stilisierte Hand aus verschnörkelten Metallstreben, „habe ich die jüdische Hamsa.“ Die „Hamsa“, die vor dem bösen Auge schützen soll, ist zwar kein rein jüdisches Symbol, aber in der Tat beliebt in orientalischstämmigen jüdischen Gemeinden. Die Botschaft seiner Wanddekoration ist offensichtlich: Hier, in dieser kleinen, nach Kaffee duftenden Oase, soll auch in Zeiten der Krise jeder willkommen sein.

    „Ich glaube, Religion ist eine Sache zwischen Mensch und Gott“, sagt Abu Seir. „Es ist nicht wichtig, welche Religion du hast – glaubst du an Gott, ist das genug. Unser Problem sind diejenigen, die sich selbst zu den Helfern Gottes erklären und über andere Menschen entscheiden wollen.“

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