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Iran: Europa greift zum Öl-Boykott

Iran

Europa greift zum Öl-Boykott

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    Öl-Raffinerie im Iran: Die EU-Staaten bereiten ein Verbot von Öl-Einfuhren aus dem Iran vor. Foto: Abedin Taherkenareh dpa
    Öl-Raffinerie im Iran: Die EU-Staaten bereiten ein Verbot von Öl-Einfuhren aus dem Iran vor. Foto: Abedin Taherkenareh dpa

    Brüssel Es sind schwere Geschütze, die Europa gegen Teheran auffährt: Ab dem 1. Juli werden die EU-Mitgliedstaaten den Mullahs kein Öl mehr abkaufen. Geschäfte mit der iranischen Zentralbank werden mit wenigen Ausnahmen auf Eis gelegt, die Konten eingefroren. „Wir können nicht akzeptieren, dass der Iran nach der Atombombe greift“, begründete Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Montag in Brüssel den Schritt, auf den sich die 27 Außenamtschefs der Gemeinschaft zuvor verständigt hatten.

    Ein „außerordentliches Sanktionspaket“ nannte Großbritanniens Außenminister William Hague den Beschluss, der nur ein Ziel habe: „Teheran soll finanziell ausgetrocknet werden, um keine Reserven mehr für sein Atomprogramm zu haben.“ Westerwelle: „Das ist eine Frage der Sicherheit für die ganze Welt.“ Seit 2005 ringt die Union mit Teheran um eine Einigung im Atomstreit. Ein hoher EU-Diplomat des Auswärtigen Dienstes: „Jetzt ist Schluss.“

    US-Flugzeugträger passiert die Straße von Hormus

    Die USA hatten ihre Verbündeten zu entsprechenden Schritten aufgerufen. Vor der Küste des Iran passierte der US-Flugzeugträger „Abraham Lincoln“ im Konvoi unbehindert die Straße von Hormus Richtung Persischer Golf. Der Iran hatte angekündigt, im Falle von Sanktionen gegen seine Ölexporte diese Meerenge zu sperren, durch die ein großer Teil des nahöstlichen Erdöls transportiert werden muss.

    Kern der europäischen Strafmaßnahmen ist ein Stopp iranischer Öllieferungen, von denen nur Italien ausgenommen wird. Teheran bezahlt nämlich einen Teil seiner Auslandsschulden an Rom durch Rohöl-Lieferungen ab. Dies soll auch über den 1. Juli möglich sein. Alle anderen Mitgliedstaaten werden – gemeinsam mit den USA – ab diesem Tag kein „schwarzes Gold“ mehr aus dem Iran beziehen.

    Eine neue Öl-Krise sei deshalb nicht zu befürchten, sagen Brüsseler Experten. Ganze 5,7 Prozent des in Europa verbrauchten Öls stammen aus iranischen Quellen. In den vergangenen Jahren wurden die Einkäufe bereits heruntergefahren.

    Dass dieses Instrument wirken könnte, halten Fachleute für sicher, da Teheran auch aufgrund langfristiger Lieferverträge so schnell keine neuen Abnehmer finden dürfte. Sogar China habe sich in den letzten Monaten nach anderen Lieferanten umgesehen und seine Abnahmemenge um die Hälfte reduziert. Derzeit laufen Verhandlungen zwischen Teheran und Peking, bei denen die Chinesen offenbar den Ausstieg der Europäer nutzen wollen, um den bisherigen Preis pro Barrel um die Hälfte zu drücken.

    Schon von heute an sollen Geschäfte mit der iranischen Zentralbank auf Eis gelegt werden. Ausnahmen gebe es nur für einige „legitime Kontakte“, die aber strenger Kontrolle unterliegen.

    Kritik vom russischen Außenminister

    „Teheran kann jederzeit für ein sofortiges Ende dieser Sanktionen sorgen“, heißt es im Beschluss der Außenminister. Sobald das Land bereit sei, sich den „üblichen Kontrollen zu stellen, die eine ausschließlich friedliche und zivile Nutzung der Kernenergie belegen, werden wir reagieren“.

    Iranische Politiker zeigten sich gestern demonstrativ gelassen. „Das Embargo wird keine Auswirkungen auf den Iran haben“, sagte der Vorsitzende des Parlamentsausschusses für Nationale Sicherheit, Alaeddin Borujerdi. Die durch den Boykott ausgelösten „wirtschaftlichen Turbulenzen“ würden Europa härter treffen als den Iran.

    Russland wandte sich gegen die neuen Sanktionen. „Diese einseitigen Schritte sind nicht hilfreich“, sagte Außenminister Sergej Lawrow. Aus russischer Sicht bestehe kein Anlass, über die im UN-Sicherheitsrat vereinbarte gemeinsame Linie hinauszugehen.

    Ein hochrangiges Expertenteam der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA wird Ende des Monats den Iran besuchen. Dabei soll es um bisher nicht beantwortete Fragen zum vermuteten geheimen Atomwaffenprogramm des islamischen Landes gehen. (mit dpa)

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