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Irak: Demonstranten stürmen schwedische Botschaft in Bagdad

Irak

Demonstranten stürmen schwedische Botschaft in Bagdad

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    Nach Ankündigung einer weiteren geplanten Koran-Verbrennung in Schweden haben Demonstranten die Botschaft des Landes im Irak vorübergehend gestürmt und dort Feuer gelegt.
    Nach Ankündigung einer weiteren geplanten Koran-Verbrennung in Schweden haben Demonstranten die Botschaft des Landes im Irak vorübergehend gestürmt und dort Feuer gelegt. Foto: Ali Jabar, dpa

    Schon wieder eskaliert die Stimmung im Irak: Mitten in der Nacht waren hunderte Demonstranten vor der schwedischen Botschaft in der Hauptstadt Bagdad aufgetaucht, kletterten über Absperrungen und setzten das Gebäude in Brand. „Ja zum Koran“, skandierten sie. Sicherheitskräfte brauchten mehrere Stunden, um die Angreifer zu vertreiben.

    Die schwedische Polizei hatte zuvor einen Antrag für eine öffentliche Versammlung genehmigt, die am Donnerstag vor der irakischen Botschaft in Stockholm stattfinden sollte. Nach Angaben der schwedischen Nachrichtenagentur TT wollte dabei eine Person einen Koran und eine irakische Flagge verbrennen. Nur zwei Personen sollen demnach an der Demonstration teilnehmen. Demonstranten in Bagdad sagten laut Augenzeugen, der hiesige Protest sei eine Reaktion auf die neue geplante Koran-Verbrennung in Schweden. Doch: Was wie ein spontaner Ausbruch religiöser Wut aussah, war in Wirklichkeit eine Wahlkampfaktion im politisch fragilen Irak. Der schiitische Prediger und Populist Moktada al-Sadr signalisierte damit sein Comeback in die irakische Politik.

    Moktada al-Sadr blamiert die irakische Regierung

    Einige der Demonstranten in Bagdad trugen Bilder von Sadr. Der 48-jährige Geistliche ist Anführer einer Bewegung von Millionen Irakern, die ihm treu ergeben sind, und Chef einer Miliz. Schon im Juni hatten Sadr-Gefolgsleute in Bagdad gegen eine Koran-Verbrennung in Schweden protestiert. Mit dem Sturm auf die Botschaft blamierte Sadr nun die irakische Regierung, die von der Aktion genauso überrascht wurde wie die schwedischen Diplomaten. 

    Per Twitter forderte er Ministerpräsident Mohammed Shia al-Sudani zu einer entschiedenen Reaktion auf die Koran-Verbrennungen in Schweden auf. Davon werde er sein weiteres Vorgehen abhängig machen. Sudani verurteilte den Angriff auf die Botschaft, drohte Stockholm aber gleichzeitig mit dem Abbruch der diplomatischen Beziehungen, wenn in Schweden erneut ein Koran verbrannt werden sollte. 

    Moktada al-Sadr nutzt die aufgeheizte Stimmung im Irak.
    Moktada al-Sadr nutzt die aufgeheizte Stimmung im Irak. Foto: dpa

    Die schwedische Botschaft liegt am Ostufer des Tigris außerhalb der stark gesicherten Grünen Zone von Bagdad, in der viele internationale Vertretungen untergebracht sind. Vollkommenen Schutz bietet aber auch die rund zehn Quadratkilometer große Grüne Zone nicht, die nach der US-Invasion von 2003 eingerichtet wurde. Im vergangenen Jahr besetzten Sadr-Anhänger das Parlamentsgebäude in der Zone.

    Sadr will die Regierung zum Rücktritt bewegen

    Sadr ist ein Sohn des Groß-Ajatollahs Mohammed Sadek al-Sadr, der 1999 vom Regime des Diktators Saddam Hussein getötet wurde und noch heute von vielen Irakern verehrt wird. Der junge Sadr machte sich zunächst mit dem Widerstand seiner Miliz gegen die US-Besatzungstruppen nach der Invasion von 2003 einen Namen, konzentrierte sich später jedoch auf den Kampf gegen den Einfluss des Nachbarn Iran im Irak. Im Jahr 2019 schloss sich Sadrs Bewegung landesweiten Protesten gegen die Korruption in der irakischen Politik an, die zum Sturz der damaligen Regierung führten.

    Bei den Wahlen 2018 und 2021 wurde Sadrs Bewegung stärkste Kraft im irakischen Parlament. Er scheiterte aber mit der Bildung einer Regierung und verkündete im vorigen Jahr seinen Rückzug aus der Politik. Nun hat er seine Meinung geändert. Sadr habe sich schon häufiger aus der Politik verabschiedet, um wenig später eine Kehrtwende einzuleiten, schreibt die Nahost-Expertin Geneive Abdo in einer Analyse für die US-Denkfabrik AGSIW

    Sadr kann seine Anhänger jederzeit auf die Straße schicken, um sich zu profilieren. Sein erstes Ziel sind die Regionalwahlen Ende des Jahres. Zudem fordert er vorgezogene Neuwahlen für das irakische Parlament; turnusgemäß stehen 2025 Neuwahlen an. „Al-Sadr aktiviert seine Basis im Dienst seiner politischen und religiösen Ziele“, sagt Joe Macaron, Nahost-Experte und früherer UN-Berater mit Sitz in Paris. Der Sturm auf die schwedische Botschaft in Bagdad könnte der Anfang neuer Unruhen im Irak gewesen sein. 

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