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Interview: Union-Fraktionsvize Lange: "Heizungsgesetz ist ein Brandbeschleuniger der Krise"

Interview

Union-Fraktionsvize Lange: "Heizungsgesetz ist ein Brandbeschleuniger der Krise"

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    Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) warnt mit Blick auf Ampel-Pläne vor einer Gefahr für den sozialen Frieden.
    Unions-Fraktionsvize Ulrich Lange (CSU) warnt mit Blick auf Ampel-Pläne vor einer Gefahr für den sozialen Frieden. Foto: Christina Brummer

    Herr Lange, die Bundesregierung will beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) Vermieter von weiten Teilen der Förderung ausschließen. Die Ampel argumentiert, die Wohnungswirtschaft werde alte Heizungen ohnehin ersetzen und habe neben der Förderung auch noch Abschreibungs- und Umlagemöglichkeiten. Die
    ULRICH LANGE: Auch ich habe bisher die Information, dass Vermieter, die nicht selbst im Gebäude wohnen, teilweise von der Förderung ausgeschlossen sind – zum Beispiel von den Boni, die auf die Grundförderung aufgeschlagen werden können. Auch sinken für Mehrparteienhäuser mit zunehmenden Wohneinheiten die förderfähigen Investitionskosten. Während sie für die erste Wohneinheit noch bei 30.000 Euro liegen soll, sind es nur noch 3000 ab der siebten Wohneinheit. Darin sehe ich eine Benachteiligung der Wohnungswirtschaft, auch wenn sie noch andere Möglichkeiten wie Umlagen und Abschreibungen hat. 

    Wie ernst ist die Lage? 
    LANGE: Wir haben am Wohnungsmarkt und in der Bauwirtschaft eine tiefe Krise. Die Branche spielt eine sehr wichtige, wenn nicht gar die zentrale Rolle, um da wieder rauszukommen. Ohne Baufirmen und Wohnungsunternehmen, die in neuen Wohnraum investieren, können wir einpacken – nicht nur wirtschaftlich, sondern auch mit Blick auf den sozialen Frieden. Deshalb ist es keine Option, weiter zu befeuern, dass Baufirmen reihenweise in die Insolvenz rutschen und Wohnungsunternehmen massiv geplante Projekte streichen. Fakt ist, dass das GEG mit seinen überzogenen Regelungen das Bauen und Wohnen noch weiter verteuert. Das können wir in der aktuellen Situation mit hoher Inflation, hohen Bauzinsen, die für die Unternehmen schon Belastung genug sind, und einer Ampel, die schon genug Schaden angerichtet hat, überhaupt nicht gebrauchen.

    Die Baubranche beklagt, dass die Bestimmungen des Heizungsgesetzes das Eigenkapital der Unternehmen aufzehren und sie deshalb nicht in die Schaffung von neuem Wohnraum investieren können. Sie sind lange in der Politik tätig – ist das der übliche Alarm der Lobbyverbände oder steckt doch mehr dahinter?
    LANGE: Aus meiner Erfahrung heraus ist es so, dass Hilferufe von Verbänden immer ernster und echter werden, je länger eine Krise dauert. Und in der Bau- und Wohnungswirtschaft dauert sie schon sehr lange, die Zahl der Insolvenzen von Bauträgern spricht für sich. Das Heizungsgesetz ist bestimmt nicht der alleinige Auslöser aller Probleme, aber mit Sicherheit ein Brandbeschleuniger der Krise. Das hat die Ampel den Grünen, die das GEG initiiert haben, zu verdanken. Der Kardinalfehler liegt darin, dass der Klimaschutz von den verklärten Ideologen wieder einmal völlig isoliert gesehen und über alles gestellt wird. Wir leben aber nicht unter einer Klimaschutz-Käseglocke, wir leben in einer Welt mit Realitäten. 

    Es kursieren Zahlen, wonach im sozialen Wohnungsbau Mieten von 16 Euro und im ungebundenen Wohnungsbau mindestens 22 Euro pro Quadratmeter erhoben werden müssten, um die Kosten zu decken. Das sei, heißt es in der Branche, auch auf das Heizungsgesetz zurückzuführen. Gleichzeitig ist klar, dass niemand solche Mieten zahlen kann oder will. Deckt sich das mit Ihren Einschätzungen?
    LANGE: Diese Zahlen sind mir so auch bekannt. Solche Mieten kann niemand bezahlen und das sollte auch niemand müssen. Es kann nicht wahr sein, dass man sich eine vernünftige Wohnung gar nicht mehr leisten kann oder die Miete einen Großteil des Einkommens auffrisst. Deshalb hatten wir in den vergangenen Wahlperioden schon einiges dagegen unternommen, zum Beispiel auskömmliche Neubauförderungen, Baukindergeld, Mietpreisbremse. Am Ende kommt man aber immer wieder zu der Erkenntnis, das gegen hohe Mieten nur eines hilft: bauen, bauen, bauen. Ich bleibe dabei: Das GEG ist hier ein zusätzlicher Kostentreiber, der sich einreiht in die vorherigen Fehlsteuerungen der Ampel und ein Umfeld mit hoher Inflation und Zinsen. 

    Das GEG wird mit einiger Sicherheit ohne Änderungen von der Ampel im Bundestag verabschiedet werden. Allerdings steht wegen der Klage des Abgeordneten Heilmann das Hauptsacheverfahren in Karlsruhe noch aus. Zudem soll es am 25. September einen Wohnungsgipfel im Kanzleramt geben. Es hat ganz den Anschein, als ob die Messe noch nicht gelesen ist?
    LANGE: Wenn sich dieser Anschein bewahrheiten würde, wäre es das Vernünftigste. Aber daran habe ich so meine Zweifel. Die Grünen sind extrem fixiert auf das Gesetz und die Ampel ist total zerstritten. Der Wohnungsgipfel im Kanzleramt wird wohl nicht dazu führen, dass das GEG noch mal geändert wird, nachdem es kurz zuvor verabschiedet wurde. Dort wird man sich wahrscheinlich eher überlegen, was man tun kann, um die Bau- und Wohnungswirtschaft zu bauchpinseln. 

    Wie das?
    LANGE: Möglicherweise wird wieder viel Geld versprochen. Es wäre dann wie so oft bei der Ampel Geld, das man noch nicht erwirtschaftet hat und für das unsere Kinder und Kindeskinder zahlen müssen. Das sähe der Ampel ähnlich. Absurd ist doch auch, dass die Regierung auf der einen Seite das Bauen und Wohnen ständig selbst verteuert, zum Beispiel durch das GEG und zu hohe Effizienzstandards, dann auf der anderen Seite aber beklagt, dass zu wenig gebaut wird, und sie einen Gipfel abhalten will, um über Lösungen zu reden. Ich habe da einen Ratschlag für SPD, Grüne und FDP, der viel Gipfel -und Lebenszeit spart: Es wäre hilfreich, erst gar keine Probleme zu schaffen, die anschließend Hilfen und Lösungen erfordern. 

    Zur Person

    Ulrich Lange wurde am 6. Juni 1969 in Meran/Südtirol geboren und wuchs in Nördlingen (Bayern) auf. 1992 trat er dort der Jungen Union bei. Der studierte Jurist und Rechtsanwalt ist seit 2009 Mitglied des Bundestages und seit 2021 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, zuständig für die Bereiche Verkehr, Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Lange ist verheiratet und hat zwei Kinder.

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