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Interview
03:00 Uhr

Süßmuth: "Wir sind ein Land, das viel klagt – aber auch viel schafft"

Rita Süßmuth prägte die deutsche Politik und kämpft auch mit 87 Jahren noch leidenschaftlich für ihre Themen.
Foto: Stella von Staldern

Rita Süßmuth hat mit ihren politischen Überzeugungen die Republik mitgeprägt. Die CDU-Politikerin ist an Krebs erkrankt – den Mut hat sie nicht verloren.

Frau Süßmuth, Sie haben in diesem Jahr ihren 87. Geburtstag gefeiert. Wären Sie gerne noch einmal jung?

Rita Süßmuth: Im Augenblick ja – aber nur in Teilen. Man kann sein Leben nicht zurückdrehen. Aber ich wäre gerne noch einmal jung, um andere mitzureißen. Die Menschen müssen verstehen, dass wir gar nicht so schwach sind, wie wir uns gerade geben. Natürlich, wir haben eine sehr komplizierte Lage, in der niemand behaupten sollte, dass alles ganz einfach gehen würde. Was wir gerade erleben, erfordert die Anstrengung von uns allen, von Jung und Alt, Männern und Frauen. Wir müssen uns dennoch wieder darauf besinnen, dass wir kein schwaches Land sind. Angst vor der Gestaltung der Zukunft dürfen wir nicht haben. 

Sie selbst sind ein Kriegskind. Deutschland hat schon so viel geschafft: den Wiederaufbau nach dem Krieg, die Wiedervereinigung – warum blicken wir vor diesem Hintergrund nicht zuversichtlicher in die Zukunft?

Süßmuth: Ich bin kein rückwärtsgewandter Mensch, aber wenn wir auf unsere Geschichte schauen, dann müssen wir uns fragen: Wie war das denn 1945, als alles in Schutt und Asche gelegen war? Damals gab es allen Grund zu glauben, dass wir das nicht schaffen. Aber das haben wir nicht gesagt! Selbst die Alliierten waren überrascht, was sich in unseren Kellern noch an kleinen Blumensträußchen fand – es gab Hoffnung. Heute geht es uns im Vergleich zu damals sehr gut. Passen wir auf, dass wir das nicht verlieren. 

Wie geht das?

Süßmuth: Die Politik muss Botschaften formulieren, die glaubwürdig sind. Nur so erreicht sie die Menschen. Die Dinge verändern sich. Denken Sie an die Lokomotiven – einst wurden sie als Teufelswerk bezeichnet, heute haben wir elektrische Eisenbahnen. Die Deutschen waren immer fähig, mit Veränderungen umzugehen. Wir sind ein Land, das viel klagt – aber in der gleichen Zeit auch viel schafft. Deutschland braucht wieder ein Ziel, deshalb sollten wir nicht länger von unserer Erschöpfung reden, sondern von unserer Kraft. Und von der haben wir eine Menge. Mein Motto war immer, wenn es hieß, das geht nicht: Das wollen wir doch mal sehen! Aber wir müssen die Menschen da abholen, wo sie stehen. Wenn in Sachsen Menschen in Armut leben, brauche ich denen nicht zu erzählen, wie toll ihr Bundesland doch ist. 

Gerade die Kluft zwischen Ost und West scheint eher größer zu werden …

Süßmuth: Wir im Westen haben nie bedacht, dass die Menschen im Osten immer darauf gewartet haben, dass wir auch ihre Arbeit, ihr Leben wertschätzen. Ich werde nie vergessen, wie mich in Erfurt einmal eine Selbstständige angeschrien hat: Ihr habt keine Ahnung, wie wir gelebt haben. Eure feministischen Theorien passen nicht zu uns! Wir müssen anerkennen, dass es auch andere Lebensentwürfe gibt, in denen etwas geleistet wurde und wird. Lasst uns doch mal nach dem Gemeinsamen suchen und uns gegenseitig zuhören. Das hat man 1989 verpasst, weil es schnell gehen musste mit der deutschen Einheit. Der Westen dachte, er beschenkt den Osten. Dabei haben die Menschen in der DDR bewiesen, wie stark sie sind – so stark, dass sie den Widerstand gewagt haben. 

Eigentlich ist „leben und leben lassen“ ein schönes Prinzip, doch vielen Menschen fällt es schwer, Unterschiede auszuhalten. Wie erleben Sie das?

Süßmuth: Mein Vater hat immer zu mir gesagt: Rita, bedenke, der andere könnte auch Recht haben. Das haben wir ein Stück weit verlernt. 

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Bräuchte es eine politische Führungsfigur, die nicht nur Mut hat, sondern den Menschen auch Mut macht? Kanzler Olaf Scholz ist eher sparsam mit Ruck-Reden.

Süßmuth: Der Kanzler ist nicht kommunikativ. Warum das so ist, weiß ich nicht. Was ich an ihm schätze, ist seine Vorsicht. Olaf Scholz weiß, welche Risiken mit unserem Handeln verbunden sind. Aber die Frage, wie wir miteinander sprechen, wie wir Kritik üben, ist ganz wesentlich. Wir müssen nicht nur zuhören, sondern auch so antworten, dass der andere das Gefühl hat, ernst genommen zu werden. Wir brauchen eine neue Kultur wechselseitiger Anerkennung. Leider herrscht im Moment die Methode „hau drauf“ vor. Diese Aggressivität, die wir uns angewöhnt haben, ist menschenerniedrigend.

Die Erfahrung machen immer wieder auch Politiker, die Angriffe werden schärfer. 

Süßmuth: Wir reden alle von Menschenrechten, aber die grundlegendsten beachten wir nicht. Wir müssen von der Aggressivität zurück in die Produktivität kommen. Und trotzdem würde ich, wenn Sie mich danach fragen, worauf ich baue, sagen – und jetzt erschrecken Sie nicht: auf die Menschen. Wir haben ungeheure Fähigkeiten, wir nutzen sie nur nicht. Wir können so vieles, wenn wir nur wollen. Ich bin keine Nationalistin, aber ich möchte schon, dass auch mein Land in seiner Tatkraft erkannt wird. Wir dürfen nicht nur das Elend in der Welt sehen, sondern müssen auch Augen haben dafür, wie Elend beseitigt werden kann. Wie viele Menschen spenden Kleidung oder sammeln Müll oder stellen Unterkünfte bereit? Es sind viele. Die Deutschen sind nicht kaltherzig und abweisend, auch wenn wir Schwächen haben. 

Manche Menschen haben schlicht Angst vor Veränderung, wollen das festhalten, was sie sich aufgebaut haben – egal, ob es das eigene Häuschen oder die Ölheizung ist. Verstehen Sie das?

Süßmuth: Ja, das verstehe ich, denn dafür haben die Menschen hart gearbeitet. Dass man das nicht verlieren möchte, ist nachvollziehbar. Auch ich ertappe mich dabei, wie ich mich frage: Was bleibt von mir? Niemand sollte den Leuten das Recht absprechen, das, was sie sich aufgebaut haben, erhalten zu wollen. 

Sie waren Deutschlands erste Frauenministerin, mussten auch in ihrer eigenen Partei, der CDU, für die Gleichstellung der Geschlechter kämpfen. Das wurde nicht immer belohnt. Haben Sie ihren Mut manchmal bereut?

Süßmuth: Nein, auf den Gedanken bin ich noch nie gekommen. Natürlich bin ich manchmal gescheitert. Und natürlich sind wir längst noch nicht am Ziel. Wir tun bis heute so, als ob Frauen ständig nur die Hand aufhalten würden, damit der Staat ein wenig Geld reinlegt. Dabei haben Frauen das meiste selbst geschafft. Noch im vorigen Jahrhundert war nach vier Grundschuljahren Schluss mit der Bildung. Schauen Sie doch einmal, wie viele Frauen inzwischen gute Schulabschlüsse machen, wie viele gute Berufe haben, wie viele studieren! 

Brauchen Frauen in der Politik mehr Mut als Männer?

Süßmuth: In der Tat! Wir Frauen waren über Jahrhunderte für das Private zuständig und dadurch abhängig vom Mann. Überlegen Sie nur, wie lange es gedauert hat, bis Frauen studieren durften, bis sie ohne Zustimmung des Mannes arbeiten durften. Doch durch mutige Frauen wurde viel erreicht – und das über Parteigrenzen hinweg. Egal ob es Helene Weber aus der CDU oder Elisabeth Selbert aus der SPD war – sie haben nie aufgehört, für die Frauen zu kämpfen. Der Satz in unserem Grundgesetz, dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, stammt von Elisabeth Selbert. Mehrmals ist die Abstimmung darüber gescheitert, denn dass Männer und Frauen gleichberechtigt sind, war damals keineswegs allgemeine Auffassung. Am Ende kam der Satz dennoch ins Grundgesetz. Sie haben gefragt, ob wir mehr Mut brauchen. Ich sage: Wir können auch zu geduldig sein. Manchmal muss man auch deutlich machen, was man will. 

Wie ist das in Ihrer Partei? Ist da die Zeit der starken Frauen vorüber?

Süßmuth: Wir haben jetzt die laufende Wahlperiode, danach schauen wir weiter. Aber meine Forderung bleibt: Wir brauchen verbindliche Regelungen, die andere Länder längst haben. Deutschland ist in Fragen der Parität deutlich zurückgefallen im europäischen Vergleich. Aber Krisenzeiten waren immer Zeiten, in denen sich für Frauen etwas bewegt hat – weil es ohne sie nicht geht. 

Sie kämpfen gegen Krebs – wie schaffen Sie es, trotz allem den Mut nicht zu verlieren?

Süßmuth: Vor drei Jahren erfuhr ich von meiner Diagnose. Ich bin seitdem in Behandlung. Trotzdem ist das kein Grund für mich, meine Arbeit einzuschränken. Wie auch mein neues Buch zeigt - ich setze mich weiterhin dafür ein, dass unsere Gesellschaft nicht die wichtigen Themen aus den Augen verliert!

Aktuell ist von Rita Süßmuth das Buch "Über Mut" im Bonifatius Verlag erschienen. 
Foto: Bonifatius Verlag

Zur Person: Rita Süßmuth, Jahrgang 1937, war von 1985 bis 1988 Bundesfamilienministerin, von 1988 bis 1998 Bundestagspräsidentin. Süßmuth kämpft bis heute für die Gleichstellung von Männern und Frauen und ringt auch mit ihrer eigenen Partei, der CDU, um das Thema Parität. Aktuell ist ihr Buch "Über Mut" im Bonifatius Verlag erschienen. 

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