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Interview: Sahra Wagenknecht: "Linke muss wieder Stimme der Unzufriedenen werden"

Interview

Sahra Wagenknecht: "Linke muss wieder Stimme der Unzufriedenen werden"

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    Sahra Wagenknecht:  "Müssen uns an Alltagsproblemen und der Sprache normaler Menschen orientieren."
    Sahra Wagenknecht: "Müssen uns an Alltagsproblemen und der Sprache normaler Menschen orientieren." Foto: Michael Kappeler, dpa

    Frau Wagenknecht, die Linke hat bei der Bundestagswahl die Fünf-Prozent-Hürde gerissen und das schlechteste Wahlergebnis seit ihrer Fusion erzielt. Wo sehen Sie die Gründe?

    Sahra Wagenknecht: Es gibt einen starken Wunsch nach einem Politikwechsel, doch SPD und Grüne waren nicht bereit, ihn gemeinsam mit uns durchzusetzen. In dieser Situation hätte die Linke selbstbewusster auftreten und die Unterschiede zu anderen Parteien betonen müssen, statt

    Sie haben vor der Wahl selbst für internen Streit gesorgt und vor „Lifestyle-Linken“ gewarnt...

    Wagenknecht: Wir haben schon länger das Problem, dass wir mehr und mehr zu einer Partei von Akademikern werden. Das macht es für uns zunehmend schwer, normale Arbeitnehmer, Rentner und Ärmere mit unseren Botschaften zu erreichen.

    Wie müsste eine inhaltliche und personelle Neuausrichtung Ihrer Partei Ihrer Meinung nach aussehen?

    Wagenknecht: Wir müssen soziale Fragen in den Mittelpunkt stellen und uns dabei an den Alltagsproblemen und der Sprache normaler Menschen orientieren. Wir müssen wieder zu einer Stimme der Unzufriedenen werden, ihre Existenzängste ernst nehmen und ihren Protest gegen die vorherrschende Politik zum Ausdruck bringen. Ich bin sicher, dass die neue Regierung uns viele Angriffsflächen liefern wird. Wer wie die FDP aber auch wie Olaf Scholz und die Grünen lieber mit Konzernen kuschelt statt Reichtum gerecht zu besteuern, wird diese Gesellschaft noch tiefer spalten.

    Und wo sehen Sie personellen Veränderungsbedarf? Welche Rolle wollen Sie zukünftig spielen?

    Wagenknecht: Nach dieser Niederlage sollten wir nicht in erster Linie Personaldebatten führen. Ich habe mit der Fraktionsführung um Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch immer gut zusammengearbeitet und unterstütze sie.

    Was wären dann für Sie die jetzt wichtigsten nächsten Schritte, damit Ihre Partei aus der Krise kommen könnte?

    Wagenknecht: Wir brauchen eine ehrliche Diskussion und Analyse, warum wir so viele Stimmen verloren haben. Und natürlich müssen wir jetzt die soziale Opposition werden, die der nächsten Regierung Paroli bietet. Rentenarmut und Mietenwahnsinn, Personalnotstand in der Pflege, steigende Preise für Energie und Lebensmittel, Ungerechtigkeit im Bildungswesen – diese und viele andere Probleme wird die künftige Regierung links liegen lassen. Wir werden auch mit aller Kraft darum kämpfen, dass man nicht wieder den einfachen Leuten in die Tasche greift, um den ökologischen Umbau zu finanzieren oder die Finanzlöcher zu stopfen, die durch die Corona-Krise entstanden sind.

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