Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Corona-Variante "Krake" wird dominant: Grund zur Sorge, Professor Watzl?

Interview

Neue Corona-Variante wird dominant: Ist das ein Grund zur Sorge, Professor Watzl?

    • |
    XBB.1.5 ist in Deutschland inzwischen dominant. Bisher sorgten neue Corona-Varianten immer für einen Anstieg der Infektionen. Dieses Mal ist das anders.
    XBB.1.5 ist in Deutschland inzwischen dominant. Bisher sorgten neue Corona-Varianten immer für einen Anstieg der Infektionen. Dieses Mal ist das anders. Foto: Sebastian Kahnert, dpa

    In Deutschland wird gerade eine neue Corona-Variante dominant, sorgt also für den größten Teil der Neuinfektionen: XBB.1.5. Verändert das die
    CARSTEN WATZL: XBB.1.5 entgeht der Immunität in der Bevölkerung besser als BA.5, deshalb hat die Mutation einen Vorteil und wird gerade zur vorherrschenden Variante. Aber bisher ist es nicht so, dass wir eine neue Infektionswelle sehen. Die Leute, die sich sonst mit BA.5 angesteckt hätten, stecken sich jetzt mit XBB.1.5 an. Wir unterschätzen zwar sicherlich die Inzidenz, weil so wenig getestet wird. Aber auch in den Krankenhäusern und in den Intensivstationen gibt es bisher nicht merklich mehr Fälle.

    Als Omikron Delta abgelöst hat und als BA.5 dominant wurde, war das ein großes Thema. Bei der neuen Variante scheint es keine Aufregung zu geben. Dabei wurde doch vor einiger Zeit vor XBB.1.5 gewarnt, sie hat sogar den bedrohlich klingenden Beinamen "Kraken-Mutation“.
    WATZL: Der Unterschied ist die fehlende Welle. Bei BA.1, BA.2 und BA.5 war das anders, da stieg mit dem Wechsel auch die Inzidenz. Und der Name… Solche Namen bekommen die Varianten im Internet, etwa auf Twitter. BQ.1.1 wird auch "Höllenhund“ genannt. Das spiegelt nicht unbedingt die reale Bedrohung wider. Die Erkrankung durch XBB.1.5. scheint nicht schlimmer zu sein als bei anderen Varianten.

    Carsten Watzl ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie.
    Carsten Watzl ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie. Foto: TU Dortmund/dpa

    Aber XBB.1.5 umgeht die bestehende Immunität besser als bisherige Varianten. Ist das kein Grund zur Sorge?
    WATZL: Da kommt es auf den eigenen Anspruch an. Wenn man verhindern will, sich mit Corona zu infizieren, dann macht es das XBB.1.5 schwieriger. Anders ist es, wenn es darum geht, nicht mit einer Corona-Infektion im Krankenhaus zu landen. XBB.1.5 ist eine weitere Omikron-Variante, die nicht an Gefährlichkeit zugelegt hat. Die Grundimmunität, die wir in der Bevölkerung haben, sorgt dafür, dass die allermeisten Infektionen leicht sind. Das kann schon heißen, dass man zwei, drei Tage mit Fieber im Bett liegt. Aber man landet eher nicht im Krankenhaus.

    In Bayern gelten inzwischen keine landesspezifischen Corona-Regeln mehr; bis auf einige wenige Maßnahmen sind alle Einschränkungen weggefallen. Sorgt XBB.1.5 dafür, dass man das noch einmal überdenken muss?
    WATZL: Nein, selbst wenn die Variante jetzt noch eine Welle auslösen würde, müssten wir dank der Grundimmunität in der breiten Bevölkerung wohl nicht mehr auf allgemeine Regeln zurückgreifen. Natürlich gibt es noch immer Menschen, die an Corona sterben. Wie aber auch an anderen Atemwegserkrankungen. Das trifft überproportional die über 80-Jährigen, Leute mit vielen Vorerkrankungen und geschwächtem Immunsystem. Wenn es zu so vielen Neuinfektionen käme, dass wir neue Maßnahmen bräuchten, müsste man diese gezielt schützen – nicht nur vor Corona, sondern generell vor Atemwegsinfekten.

    Nun wird wohl auch XBB.1.5 irgendwann von einer neuen Variante verdrängt, die ansteckender und vielleicht auch gefährlicher ist. Besteht die Möglichkeit, dass wir doch noch einmal in eine Zeit geraten, in der strikte Corona-Regeln nötig sind?
    WATZL: Es kann immer sein, dass eine Variante kommt, die noch ansteckender ist, vielleicht auch noch kränker macht. Es ist deshalb wichtig, die Varianten zu beobachten, damit man Impfstoffe anpassen kann, insbesondere für Immungeschwächte und Menschen über 60. Wenn es eine gefährlichere Variante gibt, könnte auch mal wieder ein Booster für unter 60-Jährige empfohlen werden. Aber dass uns eine neue Variante so weit zurückwirft, dass wir von null anfangen, halte ich für ausgeschlossen. Was wir uns durch Impfungen und Infektionen erarbeitet haben, schützt uns auch in Zukunft.

    Zur Person

    Professor Carsten Watzl ist Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie und leitet den Forschungsbereich Immunologie des Leibniz-Instituts für Arbeitsforschung an der TU Dortmund (IfADo).

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden