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Interview: Laschet über Scholz: "Mir hätte man das nicht durchgehen lassen"

Interview

Laschet über Scholz: "Mir hätte man das nicht durchgehen lassen"

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    Armin Laschet hat nun neue Aufgaben, er ist in der CDU-Fraktion für Russland zuständig.
    Armin Laschet hat nun neue Aufgaben, er ist in der CDU-Fraktion für Russland zuständig. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Herr Laschet, Sie haben im Grunde genommen in einem Jahr als CDU-Vorsitzender und Kanzlerkandidat alles an Höhen und Tiefen erlebt, was ein Politikerleben zu bieten hat. Gab es auch schöne Momente?

    Armin Laschet: Das war schon ein besonderes Jahr. Es hat gut begonnen mit dem digitalen CDU-Parteitag, wo mir die 1001 Delegierten ihr Vertrauen ausgesprochen haben. Es gab da eine ungeheure Aufbruchstimmung. Es folgten die Aufs und Abs – erst lagen die Grünen vorne, dann wir, und am Ende ist Olaf Scholz Kanzler geworden. Es gab in dieser Zeit viele schöne Momente. Je mehr Menschen ich persönlich traf, desto angenehmer waren die Begegnungen.

    Was ist Ihnen in positiv in Erinnerung geblieben?

    Laschet: Es gab viel Aggression im Netz in dieser Zeit. Aber auf den Veranstaltungen vor Ort gab es sehr viel Sympathie. Mehr als in normalen Zeiten. Mir passiert bis heute, dass Menschen Interesse und Wertschätzung zeigen und freundlich sind. Jeder dieser Momente ist schön und bleibt in Erinnerung.

    Nach der Szene inmitten des Flutgebietes, als Sie gelacht haben, haben Sie sich mehrfach entschuldigt, Sie haben erklärt, wie es dazu kam. Trotzdem wurden Sie diesen einen Moment nicht mehr los. Ist Politik ein gnadenloses Geschäft geworden?

    Laschet: Ja, aber ich unterstelle, das war im Grundsatz nie anders. Bei uns nicht und anderswo auf der Welt auch nicht. Es ist allerdings durch die sozialen Medien noch brutaler geworden. Übrigens auch durch die Verfälschung von Bildern, gegen die man sich kaum wehren kann. Ich will da aber gar nicht jammern. Es geht beim deutschen Bundeskanzler immerhin um eines der wichtigsten Ämter in Europa. Da muss man sich dann entsprechend einstellen. Ich habe vieles eingesteckt, aber meine Grundüberzeugung, warum ich mich engagiere, hat nie darunter gelitten.

    Es gab da diese Nacht im Reichstagsgebäude, als es darum ging, ob die CDU mit Ihnen den Kanzlerkandidaten stellt oder die CSU mit Markus Söder. Nicht wenige Beobachter sprechen da rückblickend von einem historischen Moment. War das der spannendste Augenblick Ihrer Spitzenkandidatur?

    Laschet: In der Sekunde des Termins spürt man nicht, dass das eine große Bedeutung hat. Das war ein Termin von ganz vielen, das Treffen ist in manchem Buch und Artikel etwas überhöht worden – übrigens auch mit Blick auf die Rolle von Wolfgang Schäuble. Er hat uns damals einen Ort bereitgestellt und stand uns als erfahrener Vermittler zur Verfügung, nicht mehr und nicht weniger. Aber ja, es war in der Geschichte von CDU und CSU ein entscheidender Abend. Das gilt gleichermaßen für den Tag danach. Es war leider kein befriedender Moment, das steht sicherlich auch fest.

    Sie haben mit sehr viel Energie auf die Kanzlerschaft hingearbeitet. Am Ende hat es nicht gereicht. Was raten Sie Menschen, die sich in einer ähnlichen Situation befinden? Was ist die Lehre aus dieser knappen und auch deshalb für die Partei und Sie persönlich so bitteren Wahlniederlage?

    Laschet: Man darf Herausforderung dieser Art nie unterschätzen. Die Vorstellung, die CDU besetzt automatisch das Kanzleramt, habe ich immer für falsch gehalten. Ich hatte auch immer die Möglichkeit im Hinterkopf, dass wir womöglich nicht gewinnen. Obwohl viele dachten, man könne diese Wahl gar nicht verlieren. Mir war hingegen klar, dass es auch anders kommen kann. Man muss Ziele dieser Art zudem geschlossen bis zum Ende durchtragen, sonst gelingt es nicht. Das ist das, was neu war bei der SPD. Sie war über Jahre zerstritten, sie hat Olaf Scholz innerparteilich vehement bekämpft, aber ab dem Tag der Entscheidung für die Spitzenkandidatur haben alle konsequent gesagt: Scholz ist der Beste. Geschlossenheit und Solidarität haben die

    Der Bundeskanzler Olaf Scholz mit Spitzenpolitikern von SPD, Grünen und FDP: Laschet lobt die Aushandlungen des Koalitionsvertrags zwischen den Parteien der Ampel-Koalition.
    Der Bundeskanzler Olaf Scholz mit Spitzenpolitikern von SPD, Grünen und FDP: Laschet lobt die Aushandlungen des Koalitionsvertrags zwischen den Parteien der Ampel-Koalition. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Was geben Sie Ihrer Partei noch mit auf den Weg?

    Laschet: Was ich am Ende dieses einen Jahres positiv wahrnehme, ist, dass heute in der Partei alle für die Dinge eintreten, für die ich im Januar 2021 geworben habe. Die CDU muss weiblicher werden, sie muss jünger werden, diverser werden, sie darf das Soziale nicht vernachlässigen – das war bei meinem Antritt als Parteichef noch nicht die Meinung aller. Heute ist das Konsens. Ich schöpfe daraus die Zuversicht, dass die Partei auf einem guten Wege ist.

    Wie sieht Ihr Leben als Politiker heute aus? Es dürfte etwas ruhiger geworden sein?

    Laschet: Nein, so richtig Ruhe ist noch nicht eingekehrt. Ich bin jetzt Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages und auf diesem sich ständig verändernden Feld wartet viel Arbeit. Es gibt, um ein Beispiel zu nennen, viele arabische Staaten, die sich im Rahmen der Abraham Accords Declaration diplomatisch Israel annähern – erstmals seit Jahrzehnten des Hasses. Das ist eine sensationelle Entwicklung, die Deutschland unterstützen muss, und da will ich mich als Abgeordneter intensiv kümmern und meine vielen Kontakte aus den letzten Jahren einbringen. Ich bin in der Fraktion außerdem für Russland und die Türkei zuständig. Wir brauchen eine neue europäische Dynamik. Mir gehen ganz viele Ideen im Kopf herum. Langweilig wird es sicher nicht.

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