Herr Holetschek, Glückwunsch zu Ihrer Wahl zum Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion. Sie waren noch gar nicht im Amt, da hat Ministerpräsident Markus Söder schon Ihren Arbeitsauftrag formuliert. Sie sollen für „frischen Wind“ in der Fraktion sorgen. Was muss man sich darunter vorstellen?
Klaus Holetschek: Wir starten komplett neu durch. Ich will neue Akzente setzen und die Fraktion selbstbewusster positionieren. Wir müssen das Wissen, das unsere Kolleginnen und Kollegen aus ihren Stimmkreisen mitbringen, noch besser in unsere Arbeit einbeziehen. Unsere Abgeordneten sind Seismografen für die Stimmung im Land. Sie kennen die Probleme der Menschen. Wir haben den Auftrag, diese Probleme zu lösen.
Die CSU hat jetzt erst einmal ein hartes Stück Arbeit vor sich – die Koalition mit den Freien Wählern muss neu verhandelt werden. Hubert Aiwanger, Florian Streibl und Co. treten deutlich selbstbewusster auf als vor fünf Jahren. Haben Markus Söder und Sie bereits eine Strategie?
Holetschek: Erst einmal würde ich den Kolleginnen und Kollegen der Freien Wähler raten, den Bierzeltmodus hinter sich zu lassen und das Wahlergebnis und die damit verbundene Realität anzuerkennen. Die CSU ist die mit weitem Abstand stärkste Kraft. Es muss klar sein, dass der Schwanz nicht mit dem Hund wedelt.
Hubert Aiwanger, der Chef der Freien Wähler, hat der CSU empfohlen, „nicht ewig Wunden zu lecken“, und sie aufgefordert, nicht so „mädchenhaft“ aufzutreten. Das hört sich nicht so an, als würden die Koalitionsverhandlungen wie ein gemütliches Kaffeekränzchen ablaufen.
Holetschek: Ich glaube, die erste Sitzung muss dazu dienen, über Grundsatzfragen zu reden. Ich schließe trotz des engen Zeitkorsetts, das uns die Verfassung vorschreibt, nicht aus, dass wir dazu noch die eine oder andere Stunde brauchen, um eine gute Basis für zukünftiges Regierungshandeln zu finden und festzuschreiben.
Viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen in der CSU haben nach der Wahl von einem „Vertrauensverlust“ im Verhältnis zu Aiwanger gesprochen. Deshalb will auch CSU-Chef Söder erst einmal über „Grundsatzfragen“ sprechen. Worum geht es da genau?
Holetschek: Es geht um die Frage, wo stehen die Freien Wähler im Spektrum der Parteien und wo wollen sie hin.
Wollen Sie Hubert Aiwanger den AfD-Sprech austreiben?
Holetschek: So würde ich das nicht sagen. Ich bin da unvoreingenommen. Aber ich möchte nach allem, was wir im Wahlkampf gehört haben, einfach nur wissen, wohin bei den Freien die Reise geht und ob sie sich klar vom rechten Rand abgrenzen.
Die Arbeit der Minister der Freien Wähler wurde in der CSU in den vergangenen fünf Jahren eher hinter vorgehaltener Hand kritisiert. Wird es da mit Ihnen als neuem Fraktionschef eine härtere Gangart gegenüber dem Koalitionspartner geben?
Holetschek: Wir werden als Parlamentarier die Dinge genau hinterfragen. Wichtig ist zum Beispiel die Frage, wo Hubert Aiwanger, der ja Wirtschaftsminister bleiben will, in Zukunft seine Schwerpunkte sieht. Wenn ich auf die vergangenen fünf Jahre sehe, gibt es da in der Wirtschaftspolitik schon einiges nachzuholen.
Im Wahlkampf wurde in den letzten Monaten viel über Bundespolitik gesprochen, aber kaum über Bayern. Welche Themen stehen für Sie in der Landespolitik nun ganz oben?
Holetschek: Das Thema Migration bewegt die Menschen eindeutig am meisten. Darum müssen wir, auch wenn hier die meisten Kompetenzen beim Bund liegen, zeigen, dass wir Lösungen finden können. In Bayern werden wir bei der Versorgung von Asylbewerbern jetzt sehr schnell von Geld- auf Sachleistungen umstellen. Im Bund werden wir noch mehr Druck machen, um eine wirksame Wende in der Asylpolitik zu erreichen. Insgesamt geht es mir darum, den Menschen zu zeigen, dass Politik handlungsfähig ist. Das betrifft das Thema Migration, aber auch die vielen kleinen Sorgen der Menschen – zum Beispiel in vernünftiger Zeit einen Arzttermin zu bekommen.
Die AfD hat bei dieser Wahl kräftig zugelegt und es werden, nach allem was man hört, deutlich radikalere Kräfte in den Landtag einziehen. Wird es von Seiten der CSU einen anderen Umgang mit der AfD geben?
Holetschek: Es wird auf jeden Fall eine klare und eindeutige Abgrenzung geben. Solange es hier im Landtag Leute gibt, die sich mit dem Thüringer Rechtsextremisten Björn Höcke identifizieren, und solange die AfD im Visier des Verfassungsschutzes steht, werden wir mit aller Kraft dagegen halten. Wir werden alles daran setzen, die kruden Thesen der AfD zu entlarven. Das beginnt bei ihrer Haltung zur EU und zur Nato bis hin zum Umgang mit behinderten Menschen.
Es bleibt also dabei, dass die CSU-Abgeordneten der AfD den Posten eines Landtagsvizepräsidenten verweigern?
Holetschek: Markus Söder hat das klar formuliert. Eine Partei, die vom Verfassungsschutz beobachtet wird, kann kein Verfassungsamt übernehmen.
In Ihrer Fraktion gibt es jede Menge „Frischlinge“. Rund ein Drittel der CSU-Abgeordneten sind neu in den Landtag gewählt. Wie bereiten Sie Ihre jungen Kolleginnen und Kollegen auf die Arbeit im Parlament vor?
Holetschek: Wir werden viele Gespräche miteinander führen. Das geht jetzt gleich los. Die erfahrenen Kolleginnen und Kollegen werden da gut mithelfen.
Was wünschen Sie sich von Ihren Abgeordneten?
Holetschek: Ich wünsche mir Ideen, Mut und Entscheidungsfreude.
Eine persönliche Frage zum Schluss. Sie waren mit vollem Engagement Gesundheitsminister. Fällt Ihnen der Abschied aus diesem Amt schwer?
Holetschek: Ja, eindeutig. Ich werde mich auch in neuer Funktion für diese Themen einsetzen, vor allem für die Zukunft der Pflege und die bayerischen Krankenhäuser.