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Interview: CSU-Generalsekretär über AfD: „Das sind Nazis in neuem Gewand“

Interview

CSU-Generalsekretär über AfD: „Das sind Nazis in neuem Gewand“

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    CSU-Generalsekretär Martin Huber kritisiert die AfD als Partei "außerhalb des demokratischen Spektrums".
    CSU-Generalsekretär Martin Huber kritisiert die AfD als Partei "außerhalb des demokratischen Spektrums". Foto: Ralf Lienert

    Herr Huber, sie haben mit Ihren Kollegen von CDU, SPD, Grünen, FDP und Linke einen Kodex für einen respektvollen, wahrhaftigen Umgang im Wahlkampf unterzeichnet. Wie leicht ist Ihnen das gefallen, nachdem CSU-Generalsekretäre traditionell nicht zu den zimperlichsten Wahlkämpfern zählen?

    Martin Huber: Als Generalsekretär macht man klare Ansagen und nennt die Dinge beim Namen. Allerdings erleben wir zurzeit, dass unsere Demokratie von extremen Kräften herausgefordert wird. Deshalb haben wir parteiübergreifend in dem Papier deutlich gemacht, dass wir Extremismus bekämpfen und die Diskussionskultur ebenso wie die Demonstrationskultur in unserem Land stärken wollen. Wir sagen ausländischen Einflussnahmen, Desinformationsversuchen und Falschinformationen den Kampf an. Wir werben für das Engagement in demokratischen Parteien, weil wir die extremistischen Bedrohungen mit großer Sorge betrachten.

    Wie kam es zu der Initiative?

    Huber:Die demokratischen Parteien haben Selbstverpflichtungen für einen fairen Wahlkampf schon in der Vergangenheit getroffen. Doch angesichts der besorgniserregenden Entwicklungen und jüngsten Ereignisse entfaltet dieses Zeichen zur jetzigen Zeit hoffentlich eine größere Wirkung.

    Mussten Sie sich als angriffslustiger Generalsekretär angesichts solcher Verhaltenskodexe schon mal auf die Zunge beißen?

    Huber: Nein, ich bleibe im Diskurs immer fair. Aber natürlich wissen alle Beteiligten, dass gerade Generalsekretäre gerne Klartext reden. Wichtig war mir, dass alle Parteien erklären, dass sie Bürgerlich-Konservative nicht mit Rechtsextremen in einen Topf werfen. Das wird von links häufig vermischt, etwa wenn vom „Kampf gegen rechts“ die Rede ist. Dazu haben sich alle Parteien in dem Papier bekannt. Das ist in der aktuellen Situation ein gutes und wichtiges Signal.

    Das Papier klingt etwas nach einer Art Allparteienbündnis gegen die AfD. Ist das strategisch hilfreich, um mögliche Protestwähler zu beeindrucken?

    Huber: Es geht um das Signal, dass die demokratischen Parteien gemeinsam gegen Extremisten einstehen. Die inhaltlichen Unterschiede der demokratischen Parteien bleiben klar erkennbar, das ist schließlich Aufgabe eines fairen Wahlkampfs. Völlig klar ist aber auch: Die AfD steht außerhalb des demokratischen Spektrums. Diese Partei steht nicht auf dem Fundament unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung. Da fließen Cash aus China und Rubel aus Russland. Das sind keine Patrioten, das sind Spione für Despoten. Und die unsägliche Verharmlosung der SS durch AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah macht einmal mehr deutlich, dass es sich bei der AfD um Nazis im neuen Gewand handelt. Deshalb ist es eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe – auch für alle demokratischen Parteien – diesem Gedankengut kraftvoll entgegenzutreten.

    Trotz aller Skandale könnte die AfD gemessen an den aktuellen Umfragen erstmals bei einer bundesweiten Wahl zweitstärkste Kraft werden. Warum erreichen die anderen Parteien diese Wählerschaft nicht mehr?

    Huber: Europawahlkämpfe werden meist von landes- und bundespolitischen Themen dominiert, obwohl Europathemen eine größere Rolle verdient hätten. Die aktuelle Stimmung speist sich aus einer massiven Unzufriedenheit mit der Ampelregierung, die inzwischen laut Umfragen mehr als drei Viertel der Deutschen empfinden. Viele Menschen haben Abstiegsängste und sorgen sich um die Zukunft. Bayern ist das Gegenbeispiel zum Bund: Bei uns ist der Großteil der Menschen zufrieden mit der Staatsregierung und die AfD-Werte liegen deutlich unter dem Bundestrend. Als CSU stehen wir für eine Politik, die sich an der Lebenswirklichkeit orientiert. Wir regieren nicht wie die Ampel im Bund an den Menschen vorbei. Gute Regierungsarbeit ist das beste Mittel gegen die AfD.

    Auch in Bayern ist wie in vielen Bundesländern die AfD stärkste Arbeiterpartei. Ist das nicht auch für die CSU als Volkspartei ein schlechtes Zeugnis, die einst stolz auf ihre „Leberkäs-Etage“ war?

    Huber: Diese Behauptung ist vollkommen absurd und falsch. Die stärkste Arbeiterpartei ist die CSU, bei der Landtagswahl lagen wir auch bei den Arbeitern meilenweit vor der AfD. 

    Da haben wir andere Zahlen: Nach der renommierten Wahlanalyse von Infratest Dimap im Auftrag der ARD wählten 31 Prozent der Arbeiter die AfD, 28 Prozent die CSU, 21 Prozent die Freien Wähler und fünf Prozent die SPD …

    Huber: Als CSU vertreten wir schon immer auch die Anliegen der Arbeitnehmer und der Fleißigen. Die SPD dagegen spielt als frühere Arbeiterpartei selbst in den Industrie-Hochburgen kaum noch eine Rolle und ist in Bayern nur noch einstellig. Das liegt daran, dass sie ihren Kompass verloren und zum Beispiel mit dem leistungsfeindlichen Bürgergeld viele Arbeiter verärgert hat. Die CSU ist sich ihrer sozialpolitischen Verantwortung bewusst: Wir haben in Bayern ein eigenes Landesfamiliengeld eingeführt, um junge Familien zu unterstützen, ebenso ein eigenes Landespflegegeld. Und wir unterstützen diejenigen, die hart arbeiten. Wir haben zum Beispiel den Meisterbonus eingeführt, fördern die Ausbildung und wollen Steuerfreiheit für Überstunden. Aber wir sagen auch klar, dass die Voraussetzung für einen starken Sozialstaat eine starke Wirtschaft ist. Nur auf pure Umverteilung wie beim Bürgergeld zu setzen, verletzt das Gerechtigkeitsgefühl vieler Menschen, die dieses Land am Laufen halten.

    Warum sprechen Sie dann im Wahlkampf nicht viel stärker von der Wirtschaft, als sich auf Symbolthemen wie das Verbrenner-Verbot zu stürzen?

    Huber: Beim Verbrenner-Verbot geht es nicht um Symbolik, sondern um die Frage der Mobilität: Darum, wie eine Krankenschwester im ländlichen Raum auch in Zukunft zur Arbeit kommt. Wir sehen schon heute an den Tankstellen, dass Verbrenner mit neuen Kraftstoffen klimaneutral betrieben werden können. Auch die Automobilhersteller machen deutlich, dass der Verbrenner eine klimaneutrale Zukunft hat. Deutschland ist bei dieser Technologie führend. Es braucht Technologieoffenheit statt Verbote. Denn das pauschale Verbrenner-Verbot würde unserem Wirtschaftsstandort und seiner Leitindustrie massiv schaden. Das wollen wir verhindern. Deshalb ist es unser Ziel, als Union so stark wie möglich zu werden und das Verbrenner-Verbot abzuschaffen.

    Warum findet man Ursula von der Leyen auf keinem Plakat der CSU?

    Huber: Die CSU unterstützt Ursula von der Leyen mit voller Kraft. Sie hat Europa in schwierigen Zeiten gut durch die großen Krisen geführt und zusammengehalten. Wir können stolz darauf sein, wie sie angesichts des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine deutlich macht, wo Europa steht und mit starker Stimme die europäischen Werte verteidigt. Aber natürlich erklärt es sich von selbst, dass wir als CSU unseren Spitzenkandidaten Manfred Weber und unsere europapolitischen Botschaften plakatieren. Wir freuen uns auf Ursula von der Leyen bei unserer Abschlusskundgebung am Freitag vor der Wahl in München.

    Warum steht auf Ihren Wahlplakaten eigentlich derselbe Slogan wie bei der Europawahl 2004: „Für ein starkes Bayern in Europa“? Nicht sehr kreativ, oder?

    Huber: Damals wie heute ist das ein sehr treffender und passender Slogan, der deutlich macht, dass nur die CSU Bayern eine starke Stimme gibt. Denn nur die CSU hat ausschließlich bayerische Kandidaten auf der Liste. Der Slogan war schon 2004 sehr erfolgreich. Damals war Markus Söder Generalsekretär und jetzt ist er Parteivorsitzender. Völlig klar, dass man im Wahlkampf seine Handschrift erkennt. 

    Zur Person: Der 46-jährige Landtagsabgeordnete aus Mühldorf am Inn ist seit 2022 Generalsekretär der CSU.

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