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Interview: Aiwanger: "Energiepreise marschieren in die wirtschaftliche Todeszone"

Interview

Aiwanger: "Energiepreise marschieren in die wirtschaftliche Todeszone"

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    Energieminister Hubert Aiwanger fordert Alternativen zur Gasumlage.
    Energieminister Hubert Aiwanger fordert Alternativen zur Gasumlage. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Herr Aiwanger, die Bundesregierung will auf ihrer Kabinettsklausur die Weichen für die Bewältigung der Energiekrise im Herbst stellen und auch die umstrittene Gasumlage überprüfen. Was erwarten Sie aus bayerischer Sicht?

    Hubert Aiwanger: Die Gasumlage muss möglichst schnell eingestampft werden. Sie war bestenfalls gut gemeint, hat aber zu viele Ungereimtheiten. Die Abgrenzung zwischen berechtigten Empfängern und Mitnahmeeffekt ist nur schwer möglich. Sollte die Gasumlage tatsächlich auch eingespeistes Biogas verteuern, wäre das grotesk.

    Was schlagen Sie als Alternative vor?

    Aiwanger: Der Staat muss gezielt eingreifen, wenn Importeure in Schieflage geraten und muss gegebenenfalls sogar selbst Gas einkaufen, um sicherzustellen, dass auch wirklich so viel Gas importiert wird, wie technisch möglich ist und nicht nur aus Sicht der Importeure rentabel ist. Ansonsten brauchen wir endlich eine finanzielle Förderung für die Umstellung von Gas auf andere Energieträger, zum Beispiel für Fälle, in denen Unternehmen günstige alte Gasverträge haben, aber beispielsweise auf Öl umstellen könnten, es aber aus wirtschaftlichen Gründen nicht tun.

    Auch die Strompreise explodieren. Reicht Ihnen die Berliner Ankündigung, „mittelfristig“ eine Strommarktreform zu planen?

    Aiwanger: Um die Wirtschaft zu retten: Nein. Die grüne Ideologie zielt ja darauf ab, durch hohe Energiepreise Bürger und Wirtschaft zum Energiesparen zu zwingen. Insofern sind die hohen Preise ja politisch gewollt. Bis zu einem gewissen Punkt geht die Rechnung auch auf. Wenn die Energiepreise aber in die wirtschaftliche Todeszone marschieren, und da sind wir mittlerweile, dann sind Einsparungen nicht mehr möglich und die Wirtschaft verliert die Wettbewerbsfähigkeit. Viele Unternehmen müssen ihre Produktion drosseln und schließen. Dies kann sehr schnell zu Versorgungsengpässen bei vielen Produkten des täglichen Bedarfs bis hin zu Lebensmitteln führen, an die wir auf den ersten Blick gar nicht denken. Aber auch das scheinen die Grünen billigend in Kauf zu nehmen, anstatt die Preisexplosion zu stoppen – zum Beispiel durch Steuersenkung auch auf Strom und die Entkoppelung des Strompreises vom Gaspreis. Energiesparen ist der Bundesregierung wichtiger, als Arbeitsplätze und Versorgungssicherheit zu erhalten.

    Die Bundesregierung hat genau dagegen einen Strom-Stresstest angekündigt, insbesondere auch mit Blick auf Bayern. Wann erwarten Sie Ergebnisse?

    Aiwanger: Es ist beschämend, dass wir hier nach einem halben Jahr immer noch keine belastbare Antwort vom Bund haben, sondern ständig mit neuen Szenarien neu herumgerechnet wird, ob wir Isar 2 an Silvester abschalten sollen oder nicht. Das Dogma der Bundesregierung ist ja die fatale Fehleinschätzung „Wir haben kein Strom-, sondern nur ein Gasproblem“. Das ist die Neuauflage von Angela Merkels widersinnigem „Wir schaffen das“.

    Derzeit macht Atomstrom aber nur noch einen geringen Anteil an der Stromversorgung aus. Warum halten Sie so hartnäckig an der Laufzeitverlängerung fest? Ist das nicht auch Ideologie?

    Aiwanger: Jeder Bürger und Stromkunde sieht mittlerweile, dass wir natürlich ein massives Stromproblem haben und die Situation beim Strom völlig eskalieren würde, wenn nicht durch massive Gasverstromung das Schlimmste, der Blackout, verhindert wird. Insofern ist es unterlassene Hilfeleistung an unserem Land, nicht schon längst die Verlängerung der noch laufenden Atomkraftwerke beschlossen zu haben und Gundremmingen aktuell zu zersägen, anstatt eine Wiederinbetriebnahme anzustreben. Isar 2 liefert knapp 15 Prozent des bayerischen Strombedarfs, Gundremmingen lieferte bis Ende 2021 weitere zehn Prozent. Beide gemeinsam also rund ein Viertel des bayerischen Strombedarfs. Da brauche ich keinen Stresstest über ein halbes Jahr, sondern nur den gesunden Menschenverstand, dass es besser wäre, im Winter diesen Strom zu haben, als ihn nicht zu haben.

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