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Innsbruck/Wien: Wahl in Tirol: Österreichs Konservative sehen schwarz

Innsbruck/Wien

Wahl in Tirol: Österreichs Konservative sehen schwarz

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    Anton Mattle wird wohl nächster Landeshauptmann von Tirol. Auch wenn seine ÖVP dort das schlechteste Ergebnis seit 1945 kassierte.
    Anton Mattle wird wohl nächster Landeshauptmann von Tirol. Auch wenn seine ÖVP dort das schlechteste Ergebnis seit 1945 kassierte. Foto: Roland Schlager, APA

    Kurz nachdem die ersten Zahlen bekannt geworden sind, tritt ein Verlierer vor die Kameras, der sich als Gewinner darstellen möchte: Anton Mattle, Spitzenkandidat und Chef der konservativen Österreichischen Volkspartei in Tirol, hält sich kurz. Er danke allen, die ihm das Vertrauen geschenkt haben, auf die schweren Verluste geht Mattle kaum ein: Ein Minus von fast zehn Prozentpunkten bedeutet das schlechteste Ergebnis für die ÖVP im traditionell tiefschwarzen

    Mattle, der erst im Juli den Tiroler Parteivorsitz von Noch-Landeshauptmann Günter Platter übernommen hatte, hat im Wahlkampf alles getan, um das Label „Volkspartei“ möglichst in den Hintergrund zu rücken. Auf den Plakaten und selbst auf dem Stimmzettel prangte statt der ÖVP nur „MATTLE“. Mit der im Bund nach zahllosen Affären schwer angeschlagenen Kanzlerpartei wollte sich der ehemalige Bürgermeister von Galtür im Paznauntal nicht allzu sehr gemein machen.

    Trotz starken Verlust bleibt Tirol ÖVP-Kernland

    Ob die Strategie aufgegangen ist? Immerhin: Der Führungsanspruch der Konservativen in Tirol bleibt mit 34,7 Prozent erhalten – ein Totalabsturz unter 30 Prozent, wie ihn Umfragen prognostiziert hatten, blieb aus. Genau mit einem solchen Szenario hatte Mattle im Wahlkampf gespielt und so auch das eigene Lager auf der Zielgeraden noch mobilisieren können. Trotz des Absturzes bleibt Tirol also „schwarzes Kernland“ – und die Macht in den Händen der ÖVP. Abgewählt wurde am Sonntag allerdings die bisher regierende schwarz-grüne Koalition. Die Grünen büßten zwar nur eineinhalb Prozentpunkte ein (9,2 Prozent), schon rein rechnerisch ist eine Neuauflage aber ausgeschlossen. Deutlich zulegen konnte die rechte FPÖ, sie verdrängte mit 18,8 Prozent sogar die SPÖ von Platz zwei.

    Die Sozialdemokraten schafften es nicht, die für sie eigentlich ideale Themenlage zu nutzen – auch in Tirol dominierten die Teuerungswelle, hohe Energiepreise und das Thema bezahlbares Wohnen den Wahlkampf. Trotz des schwachen Abschneidens wird SPÖ-Spitzenkandidat Georg Dornauer aber sein Ziel erreichen, als neuer Juniorpartner in Innsbruck mitregieren zu können.

    ÖVP verhandelt: Noch steht kein Koalitionspartner fest

    Denn noch am Wahltag schloss ÖVP-Chef Mattle eine Zusammenarbeit mit der FPÖ aus. Eine solche Koalition würde vor allem in Wien nicht gerade auf Gegenliebe stoßen. Dreier-Bündnisse, beispielsweise mit den liberalen Neos, sind zwar auch denkbar, für Platter-Nachfolger Mattle aber sicher keine bequemere Option.

    Ob des miesen Ergebnisses der Konservativen in Tirol steigt auch in Wien die Nervosität – allen voran bei ÖVP-Kanzler Karl Nehammer. Das Ende von Schwarz-Grün in Tirol bedeutet auch eine schallende Ohrfeige für seine eigene Koalition mit den Grünen im Bund, die sich mit historisch niedrigen Zustimmungswerten und anhaltender Kritik über ihre zögerliche und konzeptlos wirkende Krisenpolitik auseinandersetzen muss.

    Das schlechte Wahlergebniss in Tirol macht auch Kanzler Nehammer in Wien nervös.
    Das schlechte Wahlergebniss in Tirol macht auch Kanzler Nehammer in Wien nervös. Foto: Martin Juen, Imago

    Umso stärker betonen Nehammer und sein grüner Vizekanzler Werner Kogler die Notwendigkeit, gerade jetzt, inmitten von Teuerungs- und Energiekrise, die Regierungsarbeit unbedingt fortsetzen zu wollen. Es gilt, sich irgendwie bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst 2024 durchzuschlagen – in der Hoffnung, die Krise könnte sich abmildern und die Stimmungslage sich so bis zum regulären Wahltermin noch zum Positiven wenden.

    Mancherorts hat die FPÖ die ÖVP bereits überholt

    Angeheizt wird durch die deutlichen Zugewinne der rechtspopulistischen FPÖ in Tirol auch die innerparteiliche Diskussion in der ÖVP, wie man ein noch stärkeres Abwandern von Wählerinnen und Wählern zu den Freiheitlichen verhindern könnte. Jüngstes Beispiel für diese Debatte: der keineswegs freiwillige Abgang von ÖVP-Generalsekretärin Laura Sachslehner Anfang September.

    Die Anhängerin von Ex-Kanzler Sebastian Kurz hatte in der Frage der Auszahlung des Anti-Teuerungs-Bonus auch an Asylbewerber den grünen Koalitionspartner attackiert und musste nach Kritik aus den eigenen Reihen zurücktreten. Die FPÖ hat mancherorts in Umfragen bereits die ÖVP überholt und liegt hinter der SPÖ auf Platz zwei.

    Ein schlechtes Vorzeichen ist das Tirol-Ergebnis auch für die mächtige niederösterreichische Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: Sie muss bei der Landtagswahl im kommenden Frühjahr die absolute Mehrheit der ÖVP verteidigen, und auch ihr droht angesichts der Stimmungslage eine Wahlschlappe. Spätestens dann könnte es eng werden für den bisher eher glücklosen Kanzler Nehammer. Gerüchte, wonach statt ihm etwa Europa-Staatssekretärin Karoline Edtstadler oder Finanzminister Magnus Brunner die strauchelnden Konservativen in die nächste Nationalratswahl führen könnten, geistern bereits seit Wochen durch die Medien.

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