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Inflation: Wie Unternehmen ganz gezielt von der Krise profitieren

Inflation

Wie Unternehmen ganz gezielt von der Krise profitieren

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    Die Verbraucher merken es: Viele Lebensmittel sind teurer geworden – manche sogar mehr, als dies erforderlich wäre.
    Die Verbraucher merken es: Viele Lebensmittel sind teurer geworden – manche sogar mehr, als dies erforderlich wäre. Foto: Arne Dedert, dpa

    Nicht erst bei den Festessen an den Feiertagen wurde es deutlich: Lebensmittel sind in Deutschland massiv teurer geworden. Der Krieg in der Ukraine und die deshalb in die Höhe geschossenen Energiepreise gelten als Treiber – und doch erklären sie nicht allein das Ausmaß des Preisschocks. „Vielmehr scheinen Unternehmen in einigen Wirtschaftszweigen die Preissteigerungen dazu genutzt zu haben, ihre Gewinne auszuweiten“, sagt Joachim Ragnitz, stellvertretender Leiter der Ifo-Niederlassung Dresden.

    Firmen nutzen also die allgemeine Inflation, um selbst übermäßig an der Preisschraube zu drehen. Das gelte unter anderem auch für den Handel, die Landwirtschaft und die Gastronomie. Dort seien die Preise zum Teil stärker erhöht worden, als dies allgemein zu erwarten wäre. „Einige Unternehmen scheinen den Kostenschub als Vorwand dafür zu nehmen, durch eine Erhöhung ihrer Absatzpreise auch ihre Gewinnsituation zu verbessern“, sagt Ragnitz. Dies legten Daten der amtlichen Statistik zur Wirtschaftsleistung nahe.

    Eine Beobachtung, die auch die Verbraucherzentrale gemacht hat. Denn die Preise für Nahrungsmittel sind einer der mächtigsten Treiber der Inflation. Lebensmittel sind zwischen November 2021 und November 2022 um 21,2 Prozent teurer geworden. Vieles davon ist unter anderem durch den Krieg, die Energienot und auch durch stillstehende Produktionsstätten erklärbar. Aber eben nicht alles. „Manche Preissteigerungen bei Lebensmitteln sind weder gerechtfertigt noch nachvollziehbar“, so die Verbraucherzentrale. „Deshalb ist ein kritischer Blick der Politik und des Kartellamtes auf Handel und Lebensmittelhersteller notwendig, um zu prüfen, ob Unternehmen die Lage nutzen, um die eigenen Erträge zu verbessern.“

    Kritik kommt selbst von den Supermarktketten

    Ein Ende der Preiserhöhungen ist nicht in Sicht – im Gegenteil. „Wir haben allein in Deutschland als Rewe Group für das erste Quartal von Markenartiklern Preiserhöhungen im Volumen von mehr als einer Milliarde Euro auf dem Tisch liegen", sagte Rewe-Chef Lionel Souque. Der Handelsriese werde aber nicht mitmachen. „Wir können und wollen die Preise nicht so stark erhöhen, wie die Industrie das fordert. Die Menschen haben nicht so viel Geld“, erklärte der Manager. Besonders US-Hersteller seien aufgefallen, weil die gleichzeitig ihre Gewinnmargen deutlich gesteigert hätten. 

    „Gerade große internationale Konsumgüterhersteller versuchen auch in der aktuellen Situation noch, ihre Gewinnmargen zu erhöhen, und fordern Preiserhöhungen, die nicht gerechtfertigt sind“, sagte Souque. Auch Edeka-Chef Markus Mosa hatte sich ähnlich geäußert. Der Markenverband als Zusammenschluss der Markenhersteller hat die Vorwürfe in einem offenen Brief zurückgewiesen. 

    Politik hofft auf Fairness im Wettbewerb

    In der Politik will man keine eigenen Maßnahmen ergreifen und hofft stattdessen auf Fairness. „Aktuell sinken die Gaspreise. Wichtig ist: Wo die Preise in der Herstellung wieder fallen, entstehen Spielräume, das – wo möglich – auch positiv an die Kundinnen und Kunden weiterzugeben – das gebietet die Solidarität in der aktuellen Situation“, sagte ein Sprecher des Ministeriums für Ernährung und Landwirtschaft unserer Redaktion. Die Bundesregierung habe drei Entlastungspakete auf den Weg gebracht, um Privathaushalte und Wirtschaft zu entlasten.

    Doch genau diese finanziellen Hilfen könnten die Preisanstiege noch befeuert haben, glaubt der Ifo-Experte. Ragnitz sagt: „Auch die Entlastungen durch die Regierung dürften dazu beigetragen haben, die Nachfrage zu stützen und damit Spielräume für Preisanhebungen zu erweitern.“ Und damit die Inflation ungewollt anzuheizen: Die Inflationsrate war 2022 auf den höchsten Stand seit mehr als 70 Jahren gesprungen, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte: 7,9 Prozent. Zum Ende des Jahres hat die Teuerung etwas nachgelassen. "Eine Trendwende ist das aber nicht, weil vor allem der staatliche Energie-Rabatt für den Inflationsrückgang gesorgt hat", sagt Christoph Swonke, Konjunkturanalyst der DZ Bank. "Durch die Übernahme der Dezember-Abschlagszahlungen bekamen viele private Haushalte Erdgas und Fernwärme zum Nulltarif." Dienstleistungen verteuerten sich dagegen im Dezember erneut, und bei Nahrungsmitteln gab es nur einen minimalen Rückgang.

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