Eigentlich wollten Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) mit ihrem Entwurf für ein neues Infektionsschutzgesetz rechtzeitig vor der befürchteten Herbstwelle Klarheit schaffen. Erreicht haben sie das Gegenteil: Etlichen FDP-Politikern gehen die Maßnahmen zu weit – einigen Bundesländern gehen sie dagegen nicht weit genug.
Gesundheitsminister Klaus Holetschek: Infektionsschutz geht nicht weit genug
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) etwa sind nicht nur die geplanten Ausnahmen von der Maskenpflicht für frisch Geimpfte und Genesene ein Dorn im Auge. Er kritisiert auch die Entscheidung der Ampelparteien, den Schutzstatus nach einer Impfung auf drei Monate zu verkürzen: „Da müsste die Ständige Impfkommission um Thomas Mertens jetzt eine klare Stellungnahme abgeben. Aber von ihm höre ich gar nichts“, sagte Holetschek unserer Redaktion. Lothar Wieler vom Robert-Koch-Institut wiederum rede heute über den Klimaschutz und die Mückenplage, aber nicht mehr über die Frage der Isolation. Für Holetschek „ein Kommunikationsdesaster“.
Er hat einen „Werkzeugkasten“ an Maßnahmen für den Herbst gefordert. Ist ihm der Kasten nun groß genug? „Auch wir wollen keine Schließungen – weder in der Schule noch im Kindergarten. Ich glaube, dass wir mit der Maske im Innenraum einiges steuern können.“ Dass im Instrumentenkasten zu wenig liegt, beklagt auch sein Kollege aus Baden-Württemberg, Manfred Lucha (Grüne).
Diskussion um Maskenpflicht und Impfschutz: Ab Oktober entscheiden die Länder
Nach dem Regierungsentwurf können die Länder ab Oktober frei entscheiden, ob eine Maske etwa im Restaurant wieder Pflicht wird – allerdings soll die Vorgabe nur diejenigen betreffen, deren letzte Impfung oder Genesung mehr als drei Monate zurückliegt. Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sieht ebenfalls noch Diskussionsbedarf. Dies gelte vor allem für die Frage, ob sich frisch gegen Corona Geimpfte von der Maskenpflicht befreien lassen können, sagte der SPD-Politiker. „Das halte ich nicht für eine kluge Regelung.“ Auch frisch Geimpfte könnten sich infizieren und andere anstecken.
„Ich wüsste von Herrn Lauterbach gern, wie das kontrolliert werden soll“, kritisierte wiederum Holetschek und bezog sich auf die 90-Tage-Ausnahme. Welche Schwellenwerte für die Wiedereinführung der Maskenpflicht erreicht sein müssen, sei unklar: „Die Parameter des Bundes müssen klarer sein. Da stecken einfach zu viele Unbekannte drin.“ Ob die Maske am Ende auch in ganz Bayern kommt, lässt der Gesundheitsminister offen: „Es hängt davon ab, wie sich das Infektionsgeschehen entwickelt und wie die Situation in den Krankenhäusern ist. Wir brauchen so viele Maßnahmen wie nötig und so wenige wie möglich.“
Freiheiten des Sommers auch im Winter: FDP wehrt sich gegen Verschärfungen
Der FDP-Gesundheitsexperte Andrew Ullmann warnt die Länder davor, das Gesetzespaket noch einmal aufzuschnüren: Sie befänden sich „auf dem Holzweg“, wenn sie jetzt noch weitere Verschärfungen verlangten, betonte er gegenüber unserer Redaktion. „Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat sich erst vor einem Monat dafür ausgesprochen, im kommenden Herbst auch Schulen schließen zu können.“
Mit der FDP werde es keine Schulschließungen, Betriebsschließungen und Lockdowns geben. Das von Lauterbach und Buschmann ausgehandelte Regelwerk ermögliche es, „die Sommer-Freiheiten auch über den Herbst zu bewahren“. Die Länder bekämen ausreichend Rüstzeug an die Hand.