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Högl zur Bundeswehr: Schutzwesten fehlen, Kasernen bröckeln

Bundeswehr

Wo Schutzwesten fehlen und Kasernen bröckeln

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    Die Wehrbeauftragte Eva Högl legt einen Bericht vor, der zeigt, dass die geplante Reform der Streitkräfte eine Mammutaufgabe wird.
    Die Wehrbeauftragte Eva Högl legt einen Bericht vor, der zeigt, dass die geplante Reform der Streitkräfte eine Mammutaufgabe wird. Foto: Monika Skolimowska, zb/dpa

    Dass es um die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr nicht zum Besten steht, ist seit langem bekannt. Doch erst unter dem Schock des Krieges in der Ukraine hat die deutsche Politik umgesteuert. Mit einem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro und dauerhaft höheren Verteidigungsausgaben will die Bundesregierung die Streitkräfte ertüchtigen. Ziel ist eine bestens ausgestattete und hoch qualifizierte Armee, die auch im Rahmen des Nato-Bündnisses vielseitig einsetzbar ist. Doch das ist Zukunftsmusik, denn noch sind in der Truppe die Folgen eines jahrzehntelangen Sparkurses überall sichtbar. Das geht aus dem Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Bundestags, Eva Högl, hervor.

    Aus zahlreichen Truppenbesuchen, Gesprächen und rund 2600 persönlichen Eingaben ergibt sich ein düsteres Bild. Den Soldatinnen und Soldaten fehlt es demnach selbst im Auslandseinsatz in Litauen und Mali an den elementarsten Ausrüstungsgegenständen wie Schutzwesten oder dem Klima am Einsatzort angepasster Kleidung. Auch große Geräte wie der Transportpanzer Fuchs sind laut der SPD-Politikerin teils nicht vorhanden, wenn sie gebraucht werden. Die von der Regierung angekündigten Mittel müssten nun sinnvoll investiert werden und zügig in der Truppe ankommen.

    Dobrindt: "Beschaffungsüberholspur" einrichten

    Mehr Tempo fordert auch die Opposition. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sagte unserer Redaktion: „Die Kritik der Wehrbeauftragten an den Ausrüstungsmängeln der Bundeswehr braucht eine schnelle und umfassende Reaktion im Verteidigungsministerium.“ Der Bereitstellung der finanziellen Mittel müsse nun eine schnelle Beschaffung von Ausrüstung folgen. Dobrindt weiter: „Dazu braucht es eine neu einzurichtende Beschaffungsüberholspur, die an den üblichen Genehmigungsprozessen vorbei einen schnellen Beschaffungs- und Ausrüstungsweg eröffnet."

    Die Wehrbeauftragte Eva Högl.
    Die Wehrbeauftragte Eva Högl. Foto: Christophe Gateau, dpa

    Högl mahnt an, in die persönliche Ausstattung der Soldatinnen und Soldaten ebenso zu investieren wie in Großgeräte wie Schiffe und Boote, den schweren Transporthubschrauber und den Kampfflieger FCAS, der gemeinsam mit Frankreich entwickelt werden soll. Auch nach der Entscheidung für den amerikanischen F-35-Jet als Tornado-Nachfolger werde FCAS weiterverfolgt, sagte Högl. Geld allein sei nicht der Knackpunkt, sondern die Strukturen bei Planung, Beschaffung und Vergabe müssten grundlegend modernisiert werden. „Viele Ausrüstungsgegenstände lassen sich schneller auf dem freien Markt kaufen“, sagte sie. In einem teils desolaten Zustand sei aber auch die Infrastruktur der Bundeswehr. Baufällige Kasernen, schimmelige Sanitärräume, marode Sport- und Freizeiteinrichtungen – all dies frustriere die Truppenangehörigen Tag für Tag. Die Kampfschwimmer in Eckernförde haben laut Högl seit rund zehn Jahren keine Schwimmhalle mehr, um zu üben. Insgesamt schiebe die Bundeswehr einen Investitionsstau von rund 19 Milliarden Euro vor sich her.

    Mali-Einsatz der Bundeswehr soll auf den Prüfstand

    Unter schwierigen Rahmenbedingungen leiste die Bundeswehr "Enormes", so Högl. Das habe sich etwa bei der Evakuierungsmission aus Afghanistan gezeigt, mit der ein fast 20-jähriger Einsatz zu Ende ging. Insgesamt 93.000 Truppenangehörige waren am Hindukusch im Einsatz, unzählige trugen Verletzungen an Körper und Seele davon, 59 starben. Mit Blick auf den Bundeswehr-Einsatz im afrikanischen Mali sagte sie: "Ob wir uns dort engagieren, sollte sorgfältig und bedacht diskutiert werden." Das Engagement der Truppe in Litauen sei durch den Krieg in der Ukraine "zu Recht stärker ins Blickfeld gerückt". Aber auch im Rahmen der Amtshilfe im Inland werde Großes geleistet. Seit rund zwei Jahren helfen Militärs dabei, die Corona-Pandemie zu bewältigen, und auch bei der Flutkatastrophe im vergangenen Sommer waren sie im Einsatz.

    Ein Fahrzeug der Bundeswehr am Flughafen nahe des Stützpunktes im Norden Malis.
    Ein Fahrzeug der Bundeswehr am Flughafen nahe des Stützpunktes im Norden Malis. Foto: Michael Kappeler, dpa

    Kampf gegen Rechtsextremismus als "Daueraufgabe"

    Eine Daueraufgabe bleibt es laut Högl, "konsequent gegen extremistisches Verhalten in der Bundeswehr vorzugehen". Sie berichtet mit Berufung auf den Militärischen Abschirmdienst, dass im Jahr 2021 die Zahl der Verdachtsfälle bei Rechtsextremismus auf 589 gestiegen ist - im Vorjahr waren es noch 477. Laut Högl zeigt dies aber auch, "dass die Bundeswehr für das Thema sensibilisiert ist". Die Elite-Truppe "Kommando Spezialkräfte" (KSK), die nach rechtsextremistischen Vorfällen neu aufgestellt worden war, befinde sich, so Högl, mittlerweile auf einem "guten Weg".

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