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Politik diskutiert Soforthilfen und mehr Hochwasserschutz

Hochwasser

Was kommt nach der Flut? Politik diskutiert über Hochwasserschutz

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    Wenn alles versinkt: Bild aus Offingen (Kreis Günzburg), wo die Mindel über die Ufer trat. Dort wird ein 22-jähriger Feuerwehrmann vermisst.
    Wenn alles versinkt: Bild aus Offingen (Kreis Günzburg), wo die Mindel über die Ufer trat. Dort wird ein 22-jähriger Feuerwehrmann vermisst. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Die Lage in den Flutgebieten im Süden Deutschlands bleibt auch zu Wochenbeginn angespannt. Während im besonders betroffenen nördlichen Schwaben die Pegel am Sonntag "überwiegend" fielen, stieg das Hochwasser der Donau vor allem bei Günzburg und Donauwörth. Für mehrere Landkreise gilt weiter der Katastrophenfall. Tagelanger Dauerregen und Hochwasser haben große Teile Bayerns in den Ausnahmezustand versetzt. Menschen versuchten verzweifelt, sich vor den Wassermassen zu schützen.

    Überaus dramatisch war die Lage im oberbayerischen Landkreis Pfaffenhofen an der Ilm. Dort brach am Sonntag ein Damm im Bereich der 5500-Einwohner-Gemeinde Baar-Ebenhausen am Donau-Nebenfluss Paar. Anwohner auch der umliegenden Orte Reichertshofen und Manching wurden am Vormittag aufgefordert, "umgehend das Erdgeschoss in ihren Häusern und Wohnungen zu verlassen und sich in höhere Stockwerke zu begeben". Am Mittag drohte ein weiterer Damm zu brechen. Zuvor hatte das Landratsamt bekannt gegeben, dass ein Feuerwehrmann ums Leben gekommen ist. Der 42-Jährige sei bei einem Rettungseinsatz mit dem Schlauchboot gekentert und am frühen Morgen tot geborgen worden.

    Suche nach vermisstem Feuerwehrmann in Offingen musste unterbrochen werden

    In Offingen im schwäbischen Kreis Günzburg wurde am Sonntag weiter nach einem Feuerwehrmann gesucht. Am Abend musste die Suche wetterbedingt unterbrochen werden, sagte ein Polizeisprecher. Der 22-jährige Feuerwehrmann kenterte ebenfalls mit einem Boot bei einem Evakuierungseinsatz in der Nacht auf Sonntag. 

    Nach Angaben von Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) waren seit Freitag rund 40.000 Einsatzkräfte in Bayern im Einsatz. Unterstützt wurden sie von rund 800 Soldaten der Bundeswehr. Sie führten Evakuierungen durch, teils mit Hubschraubern, füllten Sandsäcke, pumpten Keller aus oder errichteten Absperrungen. Insgesamt mussten rund 3000 Menschen in Sicherheit gebracht werden, hieß es aus dem Innenministerium. 

    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU, links) mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) am Sonntag in Babenhausen.
    Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder (CSU, links) mit Kulturstaatsministerin Claudia Roth und Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (beide Grüne) am Sonntag in Babenhausen. Foto: Karl-Josef Hildenbrand, dpa

    Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) schrieb auf dem Kurznachrichtenportal X, der Tod eines Feuerwehrmanns in Pfaffenhofen mache ihn betroffen. Zugleich bedankte er sich bei allen Rettungskräften und Helfern für ihren Einsatz. Scholz will sich am Montag in Bayern ein Bild von der Lage im Katastrophengebiet machen. Bereits am Sonntag besuchte Söder gemeinsam mit Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) Reichertshofen, Babenhausen und Günzburg. 

    Debatte um besseren Katastrophenschutz hat eingesetzt

    Die Lage in Süddeutschland erinnert an die Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen im Juli 2021. Nach Angaben von Meteorologen könnten sich solche Extremwetter häufen. Gerade kleinere Gemeinden drohen davon überfordert zu werden. Daher diskutiert die Politik bereits, wie sich Bund, Länder und Gemeinden besser darauf vorbereiten können. Der Direktor des Bayerischen Gemeindetags, Hans-Peter Mayer, etwa fordert "eine neue Strategie, um mit diesen Herausforderungen klarzukommen". Hierzu nahm er im Gespräch mit unserer Redaktion auch den Freistaat Bayern in die Pflicht. "Wir brauchen mit dem Freistaat eine Vereinbarung: Denn im Moment sind die Eigenanteile der Gemeinden teils sehr hoch. Das überfordert sie", sagte Mayer. Der schaute aber nicht nur auf den Staat. Auch die Landwirte müssten ihren Beitrag leisten, sagte er. Maßnahmen gegen Starkregen- und Hochwasserereignisse setzten bereits bei der Bewirtschaftung der Felder an. So würden Mais-Monokulturen kaum Wasser aufnehmen.

    Uwe Brandl, Präsident des Bayerischen Gemeindetags sowie des Deutschen Städte- und Gemeindebunds, betonte die Rolle der Bürgerinnen und Bürger. "Allen voran braucht es mehr Eigenverantwortung, Eigenvorsorge und die Bereitschaft der Gesellschaft, das Problem gemeinsam anzugehen und auch selber aktiv zu werden", sagte der CSU-Politiker unserer Redaktion. "Dazu gehört es, Grundstücke abzugeben, wenn das zum Hochwasserschutz erforderlich ist, aber auch die Mitfinanzierung von Schutzmaßnahmen oder der Verzicht auf das Bauen im Überschwemmungsbereich."

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    Überflutete Häuser, gesperrte Straßen und Brücken: Das Hochwasser richtet am Samstag und Sonntag in der Region große Schäden an. Fotos aus ganz Schwaben.

    Rotes Kreuz fordert bessere Finanzierung der Katastrophenhilfe

    Gerda Hasselfeldt, Präsidentin des Deutschen Roten Kreuzes, forderte im Gespräch mit unserer Redaktion eine bessere Finanzierung der Katastrophenhilfe. Die neuerliche Hochwasserlage unterstreiche "die Bedeutung eines starken Bevölkerungsschutzes in Deutschland". Trotz des großen Einsatzes der vielen Helfenden müsse Deutschland "dringend in dessen Zukunft investieren". Bayern sei hier Vorreiter, was sich auch im Umgang mit der aktuellen Lage zeige, insgesamt brauche es aber "eine Zeitenwende, insbesondere, was die nachhaltige und zukunftsgerichtete Finanzierung des Bevölkerungsschutzes angeht", sagte sie.

    Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) stellte Flutgeschädigten am Sonntag staatliche Unterstützung in Aussicht: "Wir werden die vom Hochwasser stark betroffenen Bürgerinnen und Bürger nicht im Stich lassen", sagte er auf Anfrage. Die Staatsregierung werde sich am Dienstag mit Hilfen für betroffene Regionen beschäftigen. Klar sei auch, dass eine Pflichtversicherung für Wetterkatastrophen, also Elementarschäden, notwendig sei. Leider sperre sich das FDP-geführte Bundesjustizministerium dagegen – trotz konkreter Aufforderung des Bundesrats vor einem Jahr, so Herrmann.

    Vizekanzler Robert Habeck sagte während seines Besuchs in Babenhausen: "Ich hoffe, dass die Versicherungen sich nicht als zu knauserig erweisen." Der Deutsche Wetterdienst (DWD) rechnet von Dienstag an mit einer allmählichen Entspannung der Wetterlage. DWD-Experte Sebastian Schappert sagte: "So eine Wetterlage kann immer wieder vorkommen. Aber klar ist auch: Alltäglich ist das nicht."

    Inwiefern das aktuelle Hochwasser im Süden Deutschlands eine Folge des Klimawandels ist, können Experten noch nicht sagen. Für den Bayerischen Städtetag steht fest: "Hochwasserkatastrophen werden aufgrund des Klimawandels künftig mit noch größerer Wucht kommen", sagte Pressesprecher Achim Sing auf Anfrage. "Präventionsmaßnahmen wie der Bau von Flutpoldern oder Rückhaltebecken werden damit nochmals wichtiger. Bedauerlicherweise vergisst man das schnell, wenn eine Hochwasserlage wieder vorbei ist."

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