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Hintergrund: Warum die Linkspartei auch mit neuer Spitze ein Problem hat

Hintergrund

Warum die Linkspartei auch mit neuer Spitze ein Problem hat

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    Zwei Frauen an der Spitze: Wissler und Hennig-Wellsow übernehmen große Baustellen.
    Zwei Frauen an der Spitze: Wissler und Hennig-Wellsow übernehmen große Baustellen. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Es ist so etwas wie die Gretchenfrage der Linkspartei: Sag, wie hältst du’s mit der Macht? Ist die Linke 14 Jahre nach ihrer Gründung regierungsfähig? Oder bleibt sie gespalten zwischen Ideologie und Pragmatismus? Nicht weniger als die Beantwortung dieser Fragen wird sich das neue Führungsduo vornehmen müssen. Mit Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow wurden am Wochenende beim Online-Parteitag erstmals zwei Frauen an die Spitze gewählt. Sie lösen die bisherigen Parteichefs Katja Kipping und Bernd Riexinger ab, die seit 2012 an der Spitze standen.

    „Lasst uns nicht mehr warten! Die Menschen haben keine Zeit, auf uns zu warten“, betonte Hennig-Wellsow. Ihr Ziel ist eine Koalition unter Beteiligung der Linkspartei. „Ob Schwarz-Grün kommt oder Rot-Rot-Grün, liegt auch an uns.“ Und doch dürfte es für sie schwer werden, diesen Wunsch umzusetzen – und das liegt nicht nur an den Wählern. SPD und Grüne tun sich vor allem mit der ablehnenden Haltung der Linken mit Blick auf Auslandseinsätze und die Nato schwer. Auch die Co-Vorsitzende Wissler ist zurückhaltend, was militärische Missionen angeht – selbst, wenn sie unter humanitären Vorzeichen stehen. „Ein bisschen Krieg gibt es nicht“, hatte sie schon vor dem Parteitag gewarnt. Dort erhielt sie Rückendeckung. Ein Vorstoß des Abgeordneten und Verteidigungspolitikers Matthias Höhn, zumindest Blauhelm-Einsätze zuzulassen, wurde abgelehnt.

    Sein Abgeordnetenkollege und friedenspolitischer Sprecher der Partei, Tobias Pflüger, betonte das, was viele denken: Die Linke dürfe nicht von ihrer Ablehnung von Auslandseinsätzen abweichen, „nur damit wir angeblich regierungsfähig sind“. Die Grabenkämpfe in der Partei dürften damit andauern – und eine Koalitionsbeteiligung auf Bundesebene in weite Ferne rücken. Die Partei spricht sich nämlich nicht nur gegen Bundeswehreinsätze aus, sondern auch für eine Abschaffung der Geheimdienste und ein Rüstungsexportverbot.

    Die Partei versucht, ein Signal der Einheit zu senden

    Auch deshalb waren die beiden neuen Vorsitzenden bemüht, ein Signal der Einheit zu senden. „Lasst uns den Rücken gerade machen, den Kopf heben: Wir sind die Linke. Wer andere begeistern will, muss selbst begeistert sein“, sagte Janine Wissler. Die Linke sei nicht perfekt und oft sehr anstrengend. „Wir streiten, wir ringen miteinander um den richtigen Weg.“ Wissler betont die sozialen Positionen der Partei. Alle seien in die Linkspartei eingetreten, weil sie sich über Armut empörten, Ungerechtigkeit nicht hinnehmen wollten, den Krieg verachteten und wüssten, dass der Faschismus nie wieder siegen dürfe. Ob das ausreicht, wo doch schon innerhalb der Zweierspitze die Ziele auseinanderklaffen? Unwahrscheinlich.

    Immerhin in einem sind sich die beiden Frauen einig: Ein zweistelliges Ergebnis bei der Bundestagswahl im September soll her. Aktuell liegt sie in den Umfragen allerdings gerade einmal bei sieben, acht Prozent. Für den Stimmungsumschwung müssen nun Wissler und Hennig-Wellsow sorgen.

    Wer sind die neuen Chefinnen der Linken?

    Realpolitikerin Hennig-Wellsow wurde bundesweit bekannt durch ihre emotionale Reaktion auf die Landtagswahl in Thüringen. Sie warf Thüringens Kurzzeit-Ministerpräsidenten Thomas Kemmerich (FDP) ihren Blumenstrauß vor die Füße – aus Protest, dass der sich mit den Stimmen der AfD ins Amt heben ließ. In Thüringen ist die 43-Jährige seit Jahren neben Ministerpräsident Bodo Ramelow das Gesicht einer erfolgsgewohnten und pragmatischen Linken. Sie hatte maßgeblichen Anteil daran, dass 2014 in Erfurt das bundesweit erste Bündnis von Linke, SPD und Grünen zustande kam – sie weiß also, wie man politische Kompromisse eingeht. Ihre Kämpfernatur kommt auch vom Leistungssport als frühere Eisschnellläuferin. Sie sei 14 Jahre ihres Lebens im Kreis gelaufen, sagte sie einmal. Ihre Ämter als thüringische Linken-Vorsitzende und Fraktionschefin will sie nun aufgeben, um sich für den Erfolg ihrer Partei auch in Berlin einzusetzen. Die Diplom-Pädagogin wurde auf dem Parteitag mit 70,5 Prozent der Stimmen gewählt.

    Bereits auf der Berliner Bühne vertreten ist Janine Wissler. Sie war stellvertretende Parteivorsitzende. Und doch lag auch ihr Mittelpunkt in der Landespolitik. In Hessen führt sie die Landtagsfraktion an, gilt als rhetorisch gewandte Rednerin, die sich mit ihren Argumenten selbst im gegnerischen Lager Gehör verschaffen kann. Die 39-Jährige hat Politikwissenschaft studiert. Sie engagierte sich im globalisierungskritischen Netzwerk Attac, 2004 war sie eine der Gründerinnen der hessischen Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit, die aus Protest gegen die Agenda-Politik der rot-grünen Bundesregierung entstand und 2007 in der Linken aufging. Mit 26 Jahren zog sie das erste Mal in den Landtag ein. Janine Wissler wurde auf dem Parteitag mit 84,2 Prozent der Stimmen gewählt.

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