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Hintergrund: Schon wieder gibt Faeser der Opposition einen Korb

Hintergrund

Schon wieder gibt Faeser der Opposition einen Korb

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    Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist zugleich SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist zugleich SPD-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl in Hessen am 8. Oktober. Foto: Boris Roessler, dpa

    Innenministerin Nancy Faeser bringt die Opposition in der sogenannten BSI-Affäre immer stärker gegen sich auf. Nachdem sie bereits am Dienstag bei einer Sondersitzung des Innenausschusses des Bundestags gefehlt hatte, ließ sie sich auch bei einer zweiten, kurzfristig anberaumten Sitzung Donnerstagfrüh von einer Parlamentarischen Staatssekretärin vertreten. Sie wolle sich auf die Beratung des Haushalts ihres Ressorts im Plenum des Bundestages konzentrieren, so die SPD-Politikerin. Dabei fordern Union und Linkspartei dringend eine persönliche Stellungnahme Faesers zu den Umständen der umstrittenen Entlassung des Chefs des Bundesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm. Es geht dabei auch um den brisanten Verdacht, Faeser habe den Verfassungsschutz auf den Spitzenbeamten angesetzt. Ihr Fernbleiben am Dienstag hatte die Ministerin mit einem Arzttermin begründet, gleichzeitig aber in Hessen ein Interview zum Landtagswahlkampfgegeben, bei dem sie als sozialdemokratische Spitzenkandidatin antritt. 

    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Arne Schönbohm, inzwischen freigestellter Präsident des BSI.
    Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Arne Schönbohm, inzwischen freigestellter Präsident des BSI. Foto: Rolf Vennenbernd, dpa

    CDU zu Verhalten von Nancy Faeser: "Schlicht nicht akzeptabel"

    CDU-Innenexperte Alexander Throm sagte, Faesers Verhalten nähre den Verdacht, dass sie etwas zu verbergen habe. Der Gelegenheit, für Klarheit zu sorgen, habe sie sich nun bereits zum zweiten Mal entzogen – dies zeige, dass sie zu keinem Zeitpunkt vorgehabt habe, dem Ausschuss Rede und Antwort zu stehen. "Das ist bei einem so ernst zu nehmenden Verdacht, nämlich den Verfassungsschutz für bestimmte Zwecke zu instrumentalisieren, schlicht nicht akzeptabel", sagte er.

    Im vergangenen Herbst hatte Faeser Schönbohm als BSI-Chef abgesetzt. Vorangegangen war eine Sendung des ZDF-Satirikers Jan Böhmermann, in der dem Cyberabwehrchef Kontakte zu einem Verein unterstellt wurden, der wiederum Kontakte zu russischen Geheimdiensten pflege. Erhärtet haben sich die Vorwürfe nie, obwohl das Innenministerium offenbar noch Monate später nach belastendem Material suchen ließ. Schönbohm verlangt nun Schadenersatz vom ZDF und von seinem früheren Arbeitgeber, dem Innenministerium. Die Opposition interessiert sich in der Angelegenheit unter anderem für einen geheimen Vermerk eines Faeser-Mitarbeiters, der für die Ministerin zum Problem werden könnte. Wie die Bild berichtet, soll darin stehen, dass sie den Verfassungsschutz aufforderte, „alle Geheimunterlagen zusammenzutragen“. Weiter heißt es: „Ich habe zugesagt, ihr diese Unterlage außerhalb des Dienstweges zukommen zu lassen.“ Dies könnte für Faeser sogar juristische Konsequenzen haben, gelten Akten des Verfassungsschutzes doch als Dienstgeheimnisse.

    BSI-Affäre: War Schönbohm ein "Dorn im Überwachungsauge"?

    Ob mehr hinter dem Rauswurf des Cyberabwehrchefs steckt als die später nicht zu beweisenden Vorwürfe Böhmermanns, darüber wird seit Monaten spekuliert. Als eher unwahrscheinlich gilt, dass Schönbohm gehen musste, weil er CDU-Mitglied ist – das ist Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang auch. In der Tech-Szene kursiert eine andere Erklärung. Sascha Lobo etwa, Internet-Kolumnist des Spiegel, schrieb im Oktober über Schönbohm: "Er ist zum Beispiel zum Ärger des Bundesinnenministeriums gegen die Ausnutzung von IT-Schwachstellen für Überwachung und Staats-Hacker, und stattdessen wie die meisten Fachleute für die Beseitigung bekannter Softwarefehler. Er hat sich mehrfach gegen staatliche Software-Hintertüren für Spähzwecke ausgesprochen." Digitalexperte Lobo kommt deshalb zu dem Schluss: "Er ist mit anderen Worten dem Innenministerium ein Dorn im Überwachungsauge."

    Die Union pocht wegen der umstrittenen Abberufung von Cybersicherheitschef Arne Schönbohm weiter auf Aufklärung durch Nancy Faeser.
    Die Union pocht wegen der umstrittenen Abberufung von Cybersicherheitschef Arne Schönbohm weiter auf Aufklärung durch Nancy Faeser. Foto: Boris Roessler, dpa

    Für Faeser unangenehmes Detail am Rande: In der Affäre fällt immer wieder der Name ihres Zentral-Abteilungsleiters Martin von Simson. Der stand im Zentrum eines Bild-Berichts vom Februar, der mit "Genossenfilz im Innenministerium" betitelt war. Faeser habe ihren Parteifreund demnach bei ihrem Amtsantritt „sprungbefördert“, was diesem einen Gehaltsaufschlag um 3505 auf 12.425 Euro monatlich gebracht habe. Von Simson ist demnach Faesers Vermieter in Berlin. 

    Erst nach der Hessen-Wahl hat Faeser für Fragen Zeit

    Nach den beiden Innenausschuss-Sondersitzungen ohne die Innenministerin hatte die Opposition auf den 27. September gehofft, an dem sie für die reguläre Regierungsbefragung eingetragen war. Doch sie hat bereits abgesagt, wegen eines Termins in Brüssel – am Tag darauf. Dass Minister Termine tauschen, ist nicht ungewöhnlich, meist geht es um eine Sitzungswoche früher oder später. Faeser hätte sich also bereits am 20. September dem Bundestag stellen können. Doch sie wählte einen Ausweichtermin im Dezember. Das wäre dann nach den Landtagswahlen in Hessen am 8. Oktober, bei denen Faeser als Spitzenkandidatin der SPD antritt. CDU-Mann Throm vermutet, dass Faeser bis dahin "weitere negative Schlagzeilen zur Affäre Schönbohm vermeiden will“.

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