Er ist zurück in Berlin und nervt mal wieder eine Bundesregierung: Ex-Entwicklungsminister Gerd Müller geht mit der Klimaschutzpolitik von Habeck & Co hart ins Gericht. Deutschland dürfe bei der Energiewende nicht nur auf sich selbst blicken, mahnt er. Mit Milliardensummen wie für den umstrittenen Heizungstausch könne etwa in Afrika ein Vielfaches an Kohlendioxid eingespart werden. Der CSU-Politiker, der heute eine Organisation der Vereinten Nationen leitet, sagte unserer Redaktion: "Deutschland leistet viel beim Klimaschutz. Diesen Ehrgeiz wünsche ich mir auch für die internationale Energiewende." Nicht nur die Menschen in Deutschland seien auf Unterstützung angewiesen. In anderen Regionen stünden die Menschen vor noch größeren Herausforderungen und seien schon jetzt am härtesten von den Folgen des Klimawandels betroffen.
Gerd Müller nimmt kein Blatt vor den Mund
In seinen zwei Amtsperioden unter CDU-Kanzlerin Merkel hatte der 67-Jährige auch gegenüber seinen eigenen Kabinettskollegen selten ein Blatt vor den Mund genommen. Manchen in der Union galt der CSU-Mann mit seinem hartnäckigen Eintreten für die Belange der ärmeren Länder als eine Art verkappter Grüner. Das Lieferkettengesetz musste er gemeinsam mit SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil durchsetzen, gegen heftigen konservativen Widerstand. Nachdem der Allgäuer 2021 als Generaldirektor der Organisation der Vereinten Nationen für industrielle Entwicklung (Unido) nach Wien wechselte, war es in der deutschen Hauptstadt stiller um ihn geworden.
Am Dienstag nun hat Müller an der Spree eine Unido-Niederlassung eröffnet. Vom Internationalen Handelszentrum am Bahnhof Friedrichstraße aus soll künftig der Kontakt zu Ministerien, Verbänden, Unternehmen und Botschaften gepflegt werden. Gleich nebenan hat bereits das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP), das von dem Deutschen Achim Steiner geleitet wird, eine Außenstelle. Leiter des Berliner Unido-Ablegers ist Olaf Deutschbein, Müllers früherer Sprecher im Entwicklungsministerium. Die Eröffnungsfeier geriet zum Stelldichein von Vertretern aus Diplomatie, Politik und Nichtregierungsorganisationen: Letsie III., König des afrikanischen Zwergstaats Lesotho, schaute ebenso vorbei wie Christoph Heinrich, Vorsitzender von WWF Deutschland, oder Linken-Urgestein Gregor Gysi.
Würden die Heizungsmilliarden in Afrika mehr bringen?
Müller mahnte, die Klimakrise müsse im globalen Schulterschluss bekämpft werden: "Entscheidend ist, dass der CO₂-Ausstoß weltweit so schnell wie möglich verringert wird. Wir sollten daher den Klima-Effekt von Maßnahmen berücksichtigen." Mit Blick auf die Pläne von Bundesenergieminister Robert Habeck von den Grünen sagte er: "50 Milliarden Euro Investitionen in die Umstellung von fossilen Heizungen in Deutschland sparen rund zehn Millionen Tonnen CO₂.
Eine solche Investition in die Nutzung von Sonne, Wind und Geothermie in Afrika statt Kohle und in den Schutz des Regenwaldes und der Mangroven spart ein Vielfaches weltweit an CO₂ ein." Weltweit würden derzeit hunderte Kohlekraftwerke geplant und gebaut, sagte der Ex-Minister. Das Beispiel Kenia, wo mit deutschen Investitionen der KfW eine der modernsten Geothermieanlagen das Land mit Erneuerbaren statt mit Kohlestrom versorge, zeige den Weg. "Wir können und müssen durch globalen Technologietransfer enorme Win-win-Situationen für das Klima, Entwicklungsländer und unsere Wirtschaft erzielen", forderte Müller. Solche Partnerschaften anzuschieben, sei auch das Ziel des neuen Berlin-Büros der Unido, die der deutschen und europäischen Wirtschaft ein Netzwerk internationaler Zusammenarbeit für die technologischen Lösungen für globalen Klimaschutz biete.