Mit einem Vorstoß zur Lieferung von Leopard-Kampfpanzern an die Ukraine erhöht die polnische Regierung eine Woche vor neuen Gesprächen in Ramstein den Druck auf Deutschland.
Sein Land habe bereits die Entscheidung getroffen, im Rahmen einer Koalition den Ukrainern Leopard-Kampfpanzer für eine Kompanie zu überlassen, sagte Präsident Andrzej Duda in der westukrainischen Stadt Lwiw nach einem Treffen mit seinem ukrainischen Amtskollegen Wolodymyr Selenskyj und Litauens Präsidenten Gitanas Nauseda. Eine Leopard-Kompanie ist in Polen wie in Deutschland üblicherweise mit 14 Kampfpanzern ausgerüstet.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin hat die Mitglieder der sogenannten Ukraine-Kontaktgruppe für den 20. Januar zu einem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz eingeladen. Dabei soll es um die weitere Waffenhilfe gehen. Zu der Ukraine-Kontaktgruppe gehören neben den USA etwa auch Deutschland und Großbritannien.
Deutschland spielt in der Debatte eine Schlüsselrolle
Duda sagte, Voraussetzung für die Übergabe der Leopard-Kampfpanzer sei zum einen "eine ganze Reihe von formalen Anforderungen und Genehmigungen". Zum anderen wolle Polen, dass sich dafür eine internationale Koalition bilde, bei der auch andere Länder Kampfpanzer "vom Typ Leopard und andere" beisteuern würden. Diese müssten dann zeitnah an die Ukraine überstellt werden, um die Verteidigung des von Russland angegriffenen Landes zu unterstützen.
Deutschland spielt in der Debatte eine Schlüsselrolle, weil die Leopard-2-Panzer in Deutschland entwickelt wurden und nicht ohne deutsche Genehmigung an die Ukraine abgegeben werden dürfen. Bei der Bundesregierung gab es keine Signale für einen kurzfristen Kurswechsel. Dass es bis zu dem Treffen in Ramstein eine Veränderung der Haltung der Bundesregierung gebe, sei "nicht sehr wahrscheinlich", sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin. Nach seinen Worten gab es auch keine konkreten Anfragen.
Es sei auch keine konkrete Bitte der Verbündeten bekannt, dass Deutschland selbst Kampfpanzer liefere, sagte Hebestreit. "Wir haben Luftverteidigungssysteme verschiedener Natur, wir haben jetzt Schützenpanzer, wir haben aber auch viele weitere Truppentransporter und Ähnliches geliefert und liefern das weiterhin. Wir beobachten sehr genau die Lage vor Ort", betonte er.
London erwägt Lieferung von Kampfpanzern des Typs Challenger 2
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hatte am Vorabend gesagt, dass die Ukraine zur Befreiung weiterer Gebiete zusätzliche Panzerlieferungen brauche. In den ARD-"Tagesthemen" verteidigte sie hinsichtlich der Forderung nach Leopard-Panzern das Vorgehen der Bundesregierung, sich mit Verbündeten abzustimmen und behutsam vorzugehen. "Auch wenn das Herz einem brennt" sei es wichtig, gemeinsam zu überlegen, wie verantwortungsvolle Schritte gegangen werden könnten.
Die Entscheidung über eine Lieferung von Leopard-2-Panzern sollte laut schwedischem Ministerpräsidenten Ulf Kristersson in einigen Wochen geklärt sein. "Ich denke, es ist ziemlich bekannt, was die Ukraine braucht", sagte Kristersson in Stockholm. Jedes Land werde nun versuchen, Entscheidungen darüber zu treffen, was es leisten könne. Zu berücksichtigen seien dabei die Bedürfnisse der eigenen Streitkräfte und "natürlich der Regelungen und Entscheidungen, die von Partnern in diesen spezifischen Waffensystemen abhängen".
Schweden verfügt ebenfalls über Panzer vom Typ Leopard 2. Es sind an die schwedischen Bedürfnisse angepasste Modelle, die dort Stridsvagn 121 und 122 heißen. Ob für seine Regierung eine Abgabe einiger Panzer an die Ukraine infrage kommt, sagte Kristersson nicht. Laut dem Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS/Military Balance) hatten die Schweden zuletzt 120 Leopard 2A5 (Strv 122). Nicht ganz klar ist, ob sie noch immer neun ältere Leopard 2A4 (Strv-121) haben. Dieser am häufigsten produzierte ältere Typ gilt als möglicher Kandidat für eine Lieferung an die Ukraine.
(Von Doris Heimann, Carsten Hoffmann und Michael Fischer, dpa)