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Henry Kissinger ist tot: Ehemaliger US-Außenminister mit 100 Jahren gestorben

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US-Politiker mit bayerischen Wurzeln – Henry Kissinger ist tot

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    Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger starb im Alter von 100 Jahren in seinem Zuhause im Bundesstaat Connecticut.
    Der ehemalige US-Außenminister Henry Kissinger starb im Alter von 100 Jahren in seinem Zuhause im Bundesstaat Connecticut. Foto: Daniel Karmann, dpa

    Henry Kissinger, der ehemalige US-Außenminister, ist tot. Am Mittwoch starb der Deutschamerikaner im Alter von 100 Jahren in seinem Zuhause im Bundesstaat Connecticut. Das bestätigte eine Sprecherin der Kommunikationsagentur Edelman, die dessen Beratungsfirma Kissinger Associates vertritt, der Deutschen Presse-Agentur am späten Abend.

    Kissinger war eine schillernde Figur der US-Politik. Die Spezialität des Friedensnobelpreisträgers war die Geheimdiplomatie. Er gilt als einer der größten Diplomaten des 20. Jahrhunderts. Einer seiner größten Erfolge war die Annäherung der USA an China Anfang der 1970er Jahre. Doch seine Karriere hatte auch Schattenseiten. Kritiker warfen ihm Skrupellosigkeit und Machtbesessenheit vor.

    Henry Kissinger wurde in Franken geboren

    1923 wurde Heinz Alfred Kissinger in Franken geboren. Als er 15 Jahre alt war, flüchteten seine jüdischen Eltern mit ihm nach New York. Doch er verlor seine deutschen Wurzeln niemals aus dem Blick, seine Heimatstadt Fürth besuchte er mehrfach. Sein Aufstieg erinnert an die Idee des amerikanischen Traums: Nach Schule und Militärzeit studierte Kissinger in Harvard; später lehrte er dort. 1969 berief ihn der damalige Präsident Richard Nixon zum Sicherheitsberater, später zum Außenminister. In der Außenpolitik war er der einflussreichste Politiker in Washington.

    Als bedeutender Meilenstein seiner Karriere gilt die Vorbereitung von Nixons Reise nach China. Kissinger reiste in geheimer Mission nach Peking, ebnete den Weg für einen Besuch Nixons und die Normalisierung der Beziehung. Damit wurde er der gefeierte Architekt der amerikanisch-chinesischen Annäherung. Seine diplomatischen Erfolge endeten damit aber nicht. Kissinger handelte Abrüstungsverträge und Friedensabkommen aus und wurde zum Medienstar. 

    Henry Kissingers fragwürdige Rolle bei der Bombardierung Kambodschas

    Doch Kissinger erntete auch Kritik. So wurde er von manchen als reiner Machtpolitiker gesehen. Kritiker warfen ihm Skrupellosigkeit und Machtbesessenheit vor. Mehr als fragwürdig ist die Rolle, die er bei der geheimen Bombardierung Kambodschas spielte. Schwer wiegen auch die Vorwürfe wegen seiner Rolle beim Militärputsch 1973 in Chile. Kissinger musste sich auch immer wieder die Frage gefallen lassen, ob er wirklich auf die Beendigung des Vietnam-Kriegs gedrungen und ihn nicht eher, um Nixons Wahlchancen zu steigern, unnötig verlängert hat. 

    Auch nach seiner Zeit in Washington hat sich Kissinger weiter in die Weltpolitik eingemischt. So beriet er etwa den damaligen Präsidenten George W. Bush. In Interviews und als Redner äußerte er sich auch im hohen Alter noch zu internationalen Themen. Bush würdigte den verstorbenen Kissinger am Mittwoch. "Mit dem Tod von Henry Kissinger hat Amerika eine der verlässlichsten und unverwechselbarsten Stimmen in Fragen der Außenpolitik verloren", so der Ex-US-Präsident.

    Ex-US-Präsident Bush und Bundespräsident Steinmeier würdigen Henry Kissinger

    Kissinger habe in den Regierungen zweier US-Präsidenten gearbeitet und viele weitere beraten, schrieb Bush, der ebenfalls von Kissinger beraten wurde. "Ich bin dankbar für diesen Dienst und Rat, aber am dankbarsten bin ich für seine Freundschaft." Er habe Kissinger, der als Junge vor den Nazis floh und sie dann in der US-Armee bekämpfte, lange bewundert, schrieb Bush weiter. "Laura und ich werden seine Weisheit, seinen Charme und seinen Humor vermissen. Und wir werden immer dankbar sein für die Beiträge von Henry Kissinger."

    Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigt Kissinger in einer schriftlichen Mitteilung. "Wir verlieren mit Henry Kissinger einen beeindruckenden Mann mit einer unglaublichen Lebensgeschichte: den Zeitzeugen eines Jahrhunderts, die treibende geistige Kraft der US-Außenpolitik vieler Jahrzehnte, den Hüter der transatlantischen Beziehungen", so Steinmeier. Kissinger habe mit seiner Entspannungs- und Abrüstungspolitik "den Grundstein für das Ende des Kalten Krieges und für den demokratischen Wandel im Osten Europas" gelegt. Steinmeier nannte es eine ganz besondere Ehre, Kissinger einen Freund zu nennen. An Kissingers Frau, Nancy Sharon Kissinger, gerichtet, schrieb Steinmeier: "Mit Ihrem Mann verlieren wir einen großen Kämpfer für Freiheit und Demokratie."

    Charlotte Knobloch nennt Kissinger eine "Ikone der Zeitgeschichte"

    Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat den gestorbenen früheren US-Außenminister Henry Kissinger als Ikone der Zeitgeschichte gewürdigt. "Mit ihm verlieren wir nicht nur eine der prägenden Figuren der amerikanischen Politik, sondern einen Menschen, dessen Leben wie kaum ein anderes die Höhen und Tiefen des 20. Jahrhunderts abbildete", teilte die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern am Donnerstag mit.

    Der britische Außenminister David Cameron schreibt auf der Online-Plattform X zum Tod von Kissinger: "Selbst mit 100 strahlten seine Weisheit und Nachdenklichkeit durch." Er werde auf der Weltbühne vermisst werden. Der britische Ex-Regierungschef Boris Johnson betrauerte Kissinger als "Giganten der Diplomatie und Strategie - und der Friedensstiftung". "Die Welt braucht ihn jetzt. Wenn es jemals einen Autor des Friedens und Liebhaber der Harmonie gab, dann war dieser Mann Henry Kissinger", schrieb Johnson bei X. (AZ/dpa)

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