Was brachte der Fernwärmegipfel?
"Ein breites Bündnis hat sich zu mehr Tempo beim Aus- und Umbau der Wärmenetze bekannt", sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nach dem Treffen mit Kommunen, der Bauwirtschaft, den Energieversorgern und Verbraucherschützern. Die Runde in seinem Haus war ein Auftakt, um Hindernisse zu identifizieren und aus dem Weg zu räumen. Dabei geht es um technische Vorgaben, Verbraucherschutz und Förderprogramme. Über den Sommer sollen sich Arbeitsgruppen die Probleme im Detail anschauen und im zweiten Halbjahr ein zweites Treffen anberaumt werden. Laut Habeck ist das Interesse an Fernwärme deutlich gestiegen.
Wie funktioniert Fernwärme?
Das Prinzip der Fernwärme ist seit dem Altertum bekannt. Schon die Römer transportierten heißes Wasser aus Thermalquellen zu Häusern, um sie damit über eine Fußbodenheizung zu beheizen. Heute kommt das heiße Wasser meist aus Kraftwerken. Um es zu erhitzen, wird die Abwärme genutzt, die bei der Stromerzeugung anfällt. Gängiger Kraftwerkstyp sind Anlagen mit Kraft-Wärme-Kopplung, die mit Kohle oder Gas befeuert werden. Eingesetzt wird aber auch die Abwärme aus der Müllverbrennung oder Industriebetrieben. Fernwärme ist deshalb nicht automatisch klimafreundlich. Um das zu ändern, soll die Energie künftig auch aus riesigen Wärmepumpen und Geothermiekraftwerken stammen. Frankfurt will die Abwärme von Rechenzentren in sein Fernwärmenetz einspeisen.
Wie kommt sie ins Haus?
Wer Fernwärme bezieht, braucht keine eigene Heizung und keinen Schornstein. Das heiße Wasser fließt über isolierte Rohre zu den Kunden und wird dort an einer Übergabestation empfangen. Im Haus wird es für die Aufbereitung von Warmwasser und die Heizwärme genutzt. Plant ein Energieversorger, ein Fernwärmenetz aufzubauen oder sein bestehendes zu erweitern, dann können Hauseigentümer darauf hoffen, dass sie bis zum Anschluss entweder ihre eingebauten Öl- und Gaskessel weiterverwenden oder im Fall der Havarie durch neue ersetzen können. Die Pflicht zum Einbau einer teureren Wärmepumpe entfiele. Dadurch würde auch die umfassende Dämmung von Dach und Fassade überflüssig, ohne die Wärmepumpen derzeit nicht effizient eingesetzt werden können. Der Kostenvorteil für Hausbesitzer und Mieter ist hoch.
Bis wann muss ein Haus an die Fernwärme angeschlossen werden?
Um mit der bestehenden Heizung arbeiten zu können, muss ein Haus spätestens Ende 2034 an das Fernwärmenetz angeschlossen werden. Die Bundesregierung will deshalb die Städte verpflichten, in den nächsten Jahren eine Wärmeplanung zu erstellen. Kommunen mit über 100.000 Einwohnern sollen dafür bis Ende 2026 Zeit erhalten, Kommunen über zehntausend Einwohner bis Ende 2028.
Ist Fernwärme billiger?
Der Hauseigentümer spart die Kosten für eine Wärmepumpe und möglicherweise die Ausgaben für eine umfassende Wärmedämmung seiner Immobilie, aber die laufenden Kosten sind nicht zu unterschätzen. Allerdings fallen beim Wechsel auf Fernwärme bei einem kleineren Gebäude laut dem Bundesverband der Verbraucherzentralen zudem einmalige Umstellungskosten zwischen 8.000 und 15.000 Euro an. Darin enthalten sind die Entsorgung der alten Kessel, der Anschluss an das Fernwärmenetz und der Einbau der Übergabestation. Im Betrieb haben die Verbraucherschützer einen Durchschnittspreis von 16 Cent je Kilowattstunde ermittelt. „Von diesem Durchschnittspreis gibt es allerdings deutliche Abweichungen nach oben und unten“, heißt es weiter. Zum Vergleich: Bei Gas gilt die Marke von 12 Cent je Kilowattstunde nach dem Wegfall russischer Lieferungen als Richtwert für das neue Normal.
Wie viele Häuser sollen an Fernwärme angeschlossen werden?
Die Ausbauziele sind ehrgeizig. „Es sollen mittelfristig jährlich mindestens 100.000 Gebäude neu an Wärmenetze angeschlossen werden“, heißt es in der Abschlusserklärung. Derzeit sind 14 Prozent der Haushalte an das Fernwärmenetz angeschlossen, von denen es bundesweit 3000 gibt. Bis 2045 soll rund 40 Prozent der Wohnungen mit Fernwärme versorgt werden. Die dafür nötigen Investitionen sind enorm. Der Stadtwerkeverband VKU fordert deshalb staatliche Zuschüsse von drei Milliarden Euro – pro Jahr. Es müssen schließlich neue Wärmequellen gebaut oder bestehende angeschlossen werden, Straßenzüge aufgerissen und Rohre verlegt werden. Ein Vorbild ist Dänemark, wo 65 Prozent der Wohnungen mit Fernwärme geheizt werden. Wofür die Nachbarn 50 Jahre gebraucht haben, muss die Bundesrepublik in der Hälfte der Zeit schaffen.
Welche Nachteile hat Fernwärme?
Das örtliche Fernwärmenetz bildet ein Monopol, ähnlich den Wasserleitungen. Bislang können die Betreiber die Preise laut Verbraucherschutz-Präsidentin Ramona Pop recht freihändig vergeben. Das drücke sich in den Preisen aus, sagte Pop. Sie forderte deshalb die Einrichtung einer unabhängigen Preiskontrolle.