In dieser Woche will die Ampel-Koalition ihr umkämpftes Heizungsgesetz durch das Parlament bringen. Zum Auftakt am Montag hatten Sachverständige das Wort. Die Experten kommen zu weit auseinanderklaffenden Bewertungen des Vorhabens. Einig sind sie in ihrer Kritik am schlechten Stil der Regierungsparteien.
Was bemängeln die Fachleute am Vorgehen der Ampel?
Alle Experten ärgerte die kurze Frist auf, die ihnen verblieb, um den finalen Entwurf des Heizungsgesetzes durchzugehen und zu beurteilen. Das Papier hat 111 Seiten und ging ihnen am Freitag zu. Für ihre Einschätzung hatten sie also lediglich über das Wochenende Zeit. Die kommunalen Spitzenverbände – Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund – beklagten in einer gemeinsamen Stellungnahme das Vorgehen der Koalition. Es „ignoriert jedoch vollständig und aus unserer Sicht bei aller Dringlichkeit unvertretbar die Grundsätze der Beteiligung an parlamentarischen Verfahren.“
Der Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft, Axel Gedaschko, sprach von einem der Demokratie unwürdigen Verfahren. Eine sorgfältige und umfassende Beschäftigung mit der hochkomplexen Materie sei innerhalb der kurzen Frist nicht möglich gewesen, kritisierte auch der Bundesverband der Verbraucherzentralen. Unklar ist, ob die Kritik der Sachverständigen überhaupt noch Eingang in das Gesetz finden kann, das schon Ende der Woche beschlossen werden soll.
Was loben die Experten am Heizungsgesetz?
Unterstützung findet der von der Koalition vorgenommene Prioritätenwechsel beim Klimaschutz im Gebäudesektor. Vorrang wird die kommunale Wärmeplanung haben. Hauseigentümer sollen nicht teuer ihre Heizung tauschen müssen, wenn ihr Straßenzug in den nächsten Jahren an das Fernwärmenetz angeschlossen wird. „Das neue Grundprinzip ‚erst Wärmepläne, dann Heizungen‘ zur engen Verzahnung der kommunalen Wärmeplanung mit dem Gebäudeenergiegesetz begrüßen wir“, sagte der Geschäftsführer des Stadtwerkeverbandes VKU, Ingbert Liebing. Die Kommunen gaben sich zuversichtlich, die Planung des Fernwärmenetzes bis 2028 bewerkstelligen zu können. Großstädte über 100.000 Einwohner müssen in drei Jahren fertig sein, während Städte unter 100.000 Bewohnern fünf Jahre Zeit haben.
Wie steht es um die Technik?
Die Verunsicherung, das zeigt die Anhörung, ist im ganzen Land offenbar groß. Das gilt nicht nur für Hausbesitzer und Mieter, sondern selbst für die betroffenen Wirtschaftszweige. „Es sind noch viele Fragezeichen offen, ein Flickenteppich ist zu vermeiden“, meinte der Chef des Zentralverbandes Sanitär Heizung Klima, Helmut Bramann. Wohnungswirtschaftsverbands-Präsident Gedaschko nannte ein Beispiel aus Dortmund, wo mehrere Dutzend installierte Wärmepumpen nicht laufen können, weil sie das Stromnetz überlasten. Der Bundesverband Wärmepumpe wiederum verlangte niedrigere Strompreise, damit die Wärmepumpen wegen der zuletzt stark gefallenen Gas- und Ölpreise wirtschaftlich nicht zu teuer werden.
Heizungsgesetz: Wie steht es um die Finanzierung?
„Ich glaube nicht, dass die Mittel im Klima- und Transformationsfonds für die geplante Förderung reichen“, sagte Gedaschko. Er forderte deshalb, die Finanzierung aus dem Sondertopf für zehn Jahre festzuschreiben, um den Einbau von einer klimafreundlichen Heizung wie geplant mit bis zu 70 Prozent zu subventionieren. Gedaschko fürchtet, dass die Politik in den folgenden Jahren die Zuschüsse absenken könnte. Der Wirtschaftsprofessor Fritz Söllner von der Technischen Universität Ilmenau hält das Heizungsgesetz für komplett missraten. „Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind ökologisch ineffektiv, ökonomisch ineffizient und mit der Wirtschaftsordnung der sozialen Marktwirtschaft nicht konform“, erklärte der Ökonom. Das eingesetzte Geld könnte aus seiner Sicht in anderen Bereichen eine höhere CO2-Einsparung erbringen.
Was sagt die Opposition zum Heizungsgesetz?
Die Linke fordert eine Verschiebung der Abstimmung im Bundestag über das umstrittene Heizungsgesetz bis nach der Sommerpause des Parlaments. „Die Bundesregierung sollte die Verabschiedung des Heizgesetzes in dieser Woche stoppen“, sagte Fraktionschef Dietmar Bartsch unserer Redaktion. Er kritisierte die geplante schnelle Verabschiedung des Gesetzes binnen weniger Tage nach der am Montag angesetzten Expertenanhörung. „Das Verfahren ist unseriös und einer parlamentarischen Demokratie unwürdig“, sagte der Oppositionspolitiker. Die Linke und die AfD prüfen, gegen das Gesetz Klage einzureichen. Der CDU-Abgeordnete Thomas Heilmann hat vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe eine einstweilige Verfügung beantragt und will so eine längere Beratungsfrist im Bundestag erreichen.