Startseite
Icon Pfeil nach unten
Politik
Icon Pfeil nach unten

Haushaltsstreit: Lindners tickende Zeitbombe im Haushalt

Haushaltsstreit

Lindners tickende Zeitbombe im Haushalt

    • |
    Die hohen Zinsausgaben machen auch Bundesfinanzminister Christian Lindner zu schaffen.
    Die hohen Zinsausgaben machen auch Bundesfinanzminister Christian Lindner zu schaffen. Foto: Hannes Albert, dpa

    Die Deutschen haben sich an Koalitionsstreit gewöhnt, daher wundert es kaum jemanden, dass auch die Haushaltsberatungen der Ampel stocken. Doch dieses Mal sind die Probleme so gravierend, dass sich die Union laut CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bereits auf eine vorgezogene Bundestagswahl in diesem Jahr vorbereitet. „Es gibt keinen Hinweis, dass eine Einigung über den Haushalt in den nächsten Wochen erreicht werden kann“, sagt er. 

    Die Kanzler-Chefsache Haushalt stockt

    In der Koalition ist der Haushalt 2025 absolute Chefsache: Bundeskanzler Olaf Scholz, FDP-Finanzminister Christian Lindner und Grünen-Vizekanzler Robert Habeck suchen seit Wochen persönlich nach einer Lösung. Doch die Zeit verstreicht. Die erwartete Einigung am Montag wurde verschoben. Nun soll der erste Entwurf in zwei Wochen ins Bundeskabinett. Selbst die SPD-Fraktion ist skeptisch, ob dies gelingt: Er werde seine Fraktion nicht ohne Kenntnis der Schwerpunkte des Haushalts in die Sommerpause gehen lassen, sagte Fraktionschef Rolf Mützenich. Das Parlament tagt am 19. Juli zum letzten Mal vor den Ferien. Mützenich kündigte an, den Kanzler nötigenfalls in einer Sondersitzung zum zu zitieren.

    Oberflächlich dreht sich der Streit darum, dass SPD und Grüne mehr Kredite aufnehmen wollen, als die Schuldenbremse erlaubt, während FDP-Chef Lindner zum Sparen mahnt. Doch die Geldprobleme der Koalition greifen viel tiefer. Schon jetzt leidet die Regierung schwerer unter einem Schuldenberg als die vorangegangenen Koalitionen von CDU-Kanzlerin Angela Merkel

    Seit den Corona-Schulden explodieren die Zinsausgaben für den Bund

    Niemand weiß das besser als der Kanzler: Als Bundesfinanzminister feuerte Olaf „Bazooka“ Scholz mit allen Mitteln dagegen an, dass der Coronapandemie-Krise Hunderttausende Arbeitsplätze und Firmen zum Opfer fallen: In den Jahren 2020 und 2021 stieg der Schuldenstand des Bundes um fast 500 Milliarden auf 2,5 Billionen Euro an. Damals war Geld noch billig: Im ersten Coronajahr verdiente der Bund mit einem Negativzins von minus 0,5 Prozent sogar noch beim Schuldenmachen. 

    Doch Russlands Angriff auf die Ukraine machte alle Hoffnungen auf eine schnelle wirtschaftliche Erholung zunichte: Die Zinsen für eine zehnjährige Bundesanleihe stiegen auf den höchsten Wert seit der Finanzkrise auf nun 2,6 Prozent. Was günstig klingt, ist ein gewaltiges Problem: Während der Bund im Jahr 2021 gerade einmal vier Milliarden Euro pro Jahr für Zinszahlungen ausgeben musste, waren es vergangenes Jahr fast 40 Milliarden. Das ist mehr als die Etats für Gesundheit, Familie und Landwirtschaft zusammen. 

    Auch Scholz mahnt: "Müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben"

    Lindner beharrt angesichts der hohen Zinsausgaben auf der Schuldenbremse und wehrt sich gegen neue Kredite für neue Sondervermögen: „Denn die fälligen Zinsen belasten den zukünftigen Steuerzahler, und die europäischen Fiskalregeln gelten auch für Sondervermögen.“ Auch der Kanzler betonte noch zu Beginn des Haushaltsstreits: „Wir müssen mit dem Geld auskommen, das wir haben.“ Dagegen verweisen Spitzenpolitiker von SPD und Grünen auf die historische Krise des Ukraine-Kriegs und seine finanziellen Folgen. Obendrein lahmt die Wirtschaft und lässt die Steuereinnahmen weniger sprudeln. 

    Die Opposition drängt die Regierung zur Einigung. „Die Verzögerung bei den Haushaltsverhandlungen ist ein Armutszeugnis für die Ampel, aber auch ein Drama für Deutschland“, sagt der stellvertretende Fraktionschef Mathias Middelberg. Der Haushalt sei nicht allein ein Zahlenwerk, sondern zugleich das Handlungsprogramm einer Regierung. „Ohne Klarheit über steuerliche Rahmenbedingungen, staatliche Investitionen oder öffentliche Förderprogramme werden auch private Investoren und Verbraucher sich weiter zurückhalten“, warnt der CDU-Politiker. „Der permanente Haushaltszank ist Gift für das Wachstum in Deutschland.“ 

    Die Union fordert weniger Ausgaben für Bürgergeld und Asyl

    Die Union dringt auf Einsparungen bei den Ausgaben für Bürgergeldempfänger und Asylbewerber. „Jeder zehnte Euro aus dem Haushalt fließt mittlerweile ins Bürgergeld“, sagt der CDU-Haushaltspolitiker und fordert mehr Druck zur Arbeitsaufnahme. „Nur 100.000 mehr Menschen in Arbeit statt im Bürgergeld würden den Haushalt um bis zu drei Milliarden Euro jedes Jahr entlasten“, rechnet er vor. 

    „Es reicht nicht, wenn die Ampel sich jetzt einen Haushalt zurechtwürgt“, sagt Middelberg. „Wir brauchen ein kräftiges Wiederanschubprogramm für unsere Wirtschaft.“ Die FDP fordere zu Recht Maßnahmen für eine Wirtschaftswende, sagt der CDU-Politiker. „Sollte der FDP das nicht gelingen, muss sie dieses handlungsunfähige Regierungsbündnis schnell verlassen“, fügt er hinzu.

    Diskutieren Sie mit
    0 Kommentare
    Dieser Artikel kann nicht mehr kommentiert werden