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Haushalt: Nach Verfassungsrichter-Urteil: Ampel kämpft mit Geldmangel

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Nach Verfassungsrichter-Urteil: Ampel kämpft mit Geldmangel

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    Die Chefhaushälter der Ampel-Parteien stellen nach einer Nachtsitzung den Rumpf-Haushalt für 2024 vor: Otto Fricke (FDP, links), Sven-Christian Kindler (Grüne, mittig) und Dennis Rohde (SPD, rechts).
    Die Chefhaushälter der Ampel-Parteien stellen nach einer Nachtsitzung den Rumpf-Haushalt für 2024 vor: Otto Fricke (FDP, links), Sven-Christian Kindler (Grüne, mittig) und Dennis Rohde (SPD, rechts). Foto: Imago

    Die ganze Nacht haben die Chefhaushälter der Ampel-Parteien Zahlen gewälzt. In normalen Zeiten stünde am Morgen der Prozedur ein Haushalt für das nächste Jahr. Doch nach dem harten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Mittwoch ist nichts mehr wie es war in der Welt der deutschen Staatsfinanzen. Die obersten Richter habe der Ampel die Geschäftsgrundlage zerschossen. Zeitenwende nun auch beim Budget. 

    Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch geurteilt, dass das Schuldenmachen auf Vorrat gegen das Grundgesetz verstößt. Der Ampel-Koalition fehlen nun 60 Milliarden Euro.
    Das Bundesverfassungsgericht hat am Mittwoch geurteilt, dass das Schuldenmachen auf Vorrat gegen das Grundgesetz verstößt. Der Ampel-Koalition fehlen nun 60 Milliarden Euro. Foto: Uli Deck, dpa

    Die drei Zahlenmänner Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP) haben am Freitag dennoch den Torso eines Haushalts präsentiert, der aber unter Vorbehalt steht. An einigen Stellen wird gespart, doch trotz der Karlsruher Klatsche will das Regierungsbündnis sogar die Neuverschuldung erhöhen und mehr Geld ausgeben.

    Wo spart die Ampelregierung jetzt?

    Gastronomie: Das Schnitzel im Wirtshaus wird nächstes Jahr teurer. Trotz des großen Einsatzes der Gastronomie- und Tourismusverbände im Verbund mit der FDP wird der während der Corona-Pandemie reduzierte Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent auf Speisen Ende des Jahres auslaufen. Mit dem Jahreswechsel steigt der Satz wieder auf 19 Prozent. Kalkuliert ein Wirt vor der Mehrwertsteuer mit einem Grundpreis von 15 Euro für ein Schnitzel mit Pommes Frites, werden derzeit 16,05 Euro fällig. Ab Januar sind es 17,85 Euro. 

    Elterngeld: Beim Elterngeld soll gespart werden, allerdings weniger scharf als geplant. Familienministerin Lisa Paus (Grüne) wollte das Elterngeld eigentlich für Paare mit einem gemeinsamen Einkommen von 150.000 Euro pro Jahr oder mehr streichen. Nun soll der Grenzwert schrittweise sinken. Ab April 2024 auf zunächst 200.000 Euro und ein Jahr später auf 175.000 Euro. Außerdem können die Eltern künftig nur noch im ersten Monat nach der Geburt gemeinsam Elterngeld beziehen. Bislang waren das zwei Monate, die flexibel verteilt werden konnten. Mittelfristig soll das eine halbe Milliarde pro Jahr an Einsparung bringen. Das Elterngeld beträgt in der Regel 65 Prozent des Einkommens, maximal aber 1800 Euro im Monat. 

    Wo wird mehr Geld ausgegeben?

    Der Etat-Entwurf von Finanzminister Christian Lindner (FDP) kalkulierte mit einer Neuverschuldung von 16 Milliarden in 2024. Während der Haushaltsberatungen haben die Fraktionen von SPD, Grünen, und FDP noch einmal 5,5 Milliarden Euro hinzugepackt. Das ist auch unter Einhaltung der Schuldenbremse möglich. Denn weil die Konjunktur schlechter läuft, erhöht sich das erlaubte Defizit. Dickster Brocken der Mehrausgaben ist die Erhöhung des Bürgergeldes im neuen Jahr. Im Rumpf-Haushalt sind außerdem 150 Millionen Euro mehr für Bafög-Empfänger vorgesehen. SPD, Grüne und FDP wollen zudem 100 Millionen Euro für den Kampf gegen Antisemitismus bereitstellen, 20 Millionen für die Bundeszentrale für Politische Bildung und 50 Millionen für Freiwilligendienste. Bei den letzten beiden Posten sollte ursprünglich gespart werden.

    Wo liegt das eigentliche Problem?

    Der Elefant im Raum der Haushaltsberatungen sind die Folgen des Urteils der Verfassungsrichter. Sie haben der Ampel 60 Milliarden Euro aus dem Sondertopf Klima- und Transformationsfonds gestrichen. Die Summe wird nicht komplett im nächsten Jahr fällig, sondern anteilig. Die drei Haushälter beziffern den Fehlbetrag für 2024 auf 18 Milliarden Euro. Das fehlende Geld stellt wichtige Projekte der Koalition infrage, zum Beispiel die Ansiedlung der Chipfabriken in Magdeburg oder Dresden, enorme Zuschüsse für die umweltfreundliche Produktion von Stahl, Milliarden für die Ertüchtigung des Schienennetzes oder der Bonus für E-Autos. „Mit voller Kraft werden wir in den nächsten Tagen und Wochen daran arbeiten, neue Antworten zu finden“, sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck. Konkrete Vorschläge hat weder er noch die anderen Ampel-Partner. Es herrscht große Ratlosigkeit. Die Haushalspolitiker des Dreierbündnis erklärten, dass es jetzt Sache der Regierung sei, über Kürzungen oder das Auftun anderer Geldquellen zu entscheiden. Viel Zeit dafür ist nicht. Nächsten Donnerstag schon soll der Etat im Haushaltsausschuss neuerlich diskutiert und beschlossen werden. 

    Wo droht weiteres Ungemach?

    Neben dem Klima- und Transformationsfonds gibt es mit dem Wirtschafts- und Stabilisierungsfonds einen zweiten Sondertopf. Aus diesem werden Strom- und Gaspreisbremse bezahlt. CDU-Chef Friedrich Merz hat angekündigt, prüfen zu lassen, ob auch dieses Vehikel möglicherweise gegen die Verfassung verstößt. Ähnliche Nebenhaushalte gibt es in etwa der Hälfte der Bundesländer. Sie alle sind unter Aussetzung der Schuldenbremse auf Vorrat mit Geld befüllt, um über mehrere Jahre den Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft auf grün zu bezahlen. 

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