Kurz vor der mit Spannung erwarteten Steuerschätzung an diesem Donnerstag nehmen die Fliehkräfte in der Ampelkoalition weiter zu. Während Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) zusätzliche Mittel verlangt und der Wirtschaft mit einem milliardenschweren, aus Krediten finanzierten Investitionsfonds aus der Rezession helfen will, pocht Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf Haushaltsdisziplin und macht sich für weitere Einsparungen stark. Unter anderem will er die Flüchtlinge aus der Ukraine aus dem Bürgergeld heraus nehmen und ihnen künftig weniger Unterstützung zahlen. Außerdem sollen die Empfängerinnen und Empfänger von Bürgergeld ihre Wohnkosten in Zukunft pauschal und nicht nach den tatsächlichen Kosten erstattet bekommen. „Ich glaube, dass wir hier Milliarden Euro einsparen können“, sagte Lindner der Wirtschaftswoche.
Habeck will angesichts der flauen Wirtschaftslage einen neuen Belebungsversuch starten. Er hat dazu ein Sieben-Punkte-Papier vorgelegt, das neben Forderungen wie einem schnelleren Bürokratieabbau auch eine Investitionsprämie in Höhe von zehn Prozent für Unternehmen enthält. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, kritisierte dies scharf: „Diese Idee gehöre in die „Kategorie des Polit-Posings mit Placebo-Effekt“, betonte er gegenüber unserer Redaktion.
Wie soll Habecks Plan finanziert werden?
Gefördert werden sollen nach dem Willen von Habeck alle Investitionen mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen und zwar befristet für fünf Jahre. Woher angesichts der schwierigen Haushaltslage das Geld dafür herkommen, ist unklar. Der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft in Kiel, Moritz Schularick, lobte einerseits die Ausrichtung des Papiers, mahnte andererseits aber auch: „Schuldig bleibt der Minister die Antwort auf die Frage nach der Umsetzung und der Finanzierung der vorgeschlagenen Maßnahmen im aktuellen politischen Umfeld.“
Die Wirtschaft soll angekurbelt werden – doch Habeck hat kein Geld
Habeck räumte ein, dass es keine zusätzlichen Spielräume durch Steuermehreinnahmen gebe. An Steuererhöhungen sei nicht zu denken, das Geld könne auch nicht kurzfristig durch Einsparungen aufgebracht werden. „Das ist ein Papier, das über die Verabredungen im Koalitionsvertrag hinausgeht“, erklärte der Grüne und räumte ein, dass in der Ampel-Koalition über seinen Vorschlag noch nicht gesprochen wurde. Das „größere Wirtschaftswachstum“ bei der Umsetzung seiner Pläne werde aber dafür sorgen, dass die „Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat“ ansteige.
Fachleute sehen das allerdings anders. „Elf Monate vor der Bundestagswahl sind wir offenbar schon im Wahlkampfmodus – das Muster eines Überbietungswettbewerbs zwischen den Ampel-Parteien ist deutlich erkennbar“, sagte Steuerzahler-Präsident Holznagel. Ein schuldenfinanzierter Subventionsfonds ändere weder die steuerlichen Rahmenbedingungen noch deckele er die explodierenden Lohnnebenkosten. Er schaffe keine zusätzlichen Arbeitsanreize und mindere nicht die hohen Bürokratielasten. Es müsse Schluss sein „mit dem teuren Ideen-Wettlauf um scheinbare Leuchtturm-Projekte für eine ausgesuchte Klientel“, forderte Holznagel und ergänzte, die Politik müsse „Deutschlands Wirtschaftsprobleme strukturell lösen“.
Ähnlich argumentierte die Präsidentin des Verbandes „Die Familienunternehmer“, Marie-Christine Ostermann. Eine Zehn-Prozent-Prämie würde Milliardensummen kosten und sei völlig unrealistisch. „Wenn Herr Habeck der Wirtschaft helfen will, dann sollte er als allererstes Strukturreformen auf den Weg bringen“, sagte Ostermann und nannte als Stichworte die Soli-Abschaffung sowie den Bürokratieabbau.
Natürlich hat der Vorschlag Habecks was von einer Verzweiflungstat, auch wenn die Idee auf dem zweiten Blick nicht so schlecht ist, wie sie scheint. Zumindest wenn ausschließlich Investitionen über Steuergutschriften bezuschusst werden. Die Diskussion um die Schuldenbremse erinnert an den Hausbesitzer, der keinen Kredit aufnehmen will, um das Dach zu reparieren, die Heizung zu tauschen und die Fenster abzudichten - er will ja den Kindern keine Schulden hinterlassen. Nach Jahrzehnten der Vernachlässigung ist das Haus aber nur noch abbruchreif und das Geld trotzdem weg - vielen Dank dafür. Schulden gibt es eben nicht nur auf dem Konto. Wir wären gut beraten, richtig Geld in die Hand zu nehmen, wie Draghi oder auch die Industrie fordert, um den Investitionsrückstau wettzumachen. Nur wer investiert und dabei auch Kredite aufnimmt kann überleben . Die USA und China zeigen, wie investitions- und zukunftsgerichtete Industriepolitik geht - Habeck hat das verstanden, Lindner leider nicht.
Haben sie tatsächlich verstanden was er auf dem Arbeitgebertag oder woanders sagte.. dann sind sie ein Genie.. Er steht an dem Rednerpult und während er spricht, rätselt man was sagt, meint er jetzt eigentlich.. und mitten im Satz dreht er sich und fängt an rum zu Nuscheln, Stottern.. Was ich verstanden habe, ist dass der Mittelstand und die Reichen die Ärmeren mittragen sollen, nach dem Prinzip der Gleichheit und Solidarität. Wie Lauterbach der an das angesparte, ab einer bestimmten Höhe der Bürger will.. Bisher hat man in allen Krisen dem Bürger die Probleme aufgebürdet.. die Politik hat es noch nie geschafft für ihre Fehler gerade zu stehen.. Aus den Steuergeldern der Bürger werden Unsummen ins Ausland, Kriegsgebiete gezahlt, obwohl wir gegen Krieg sind, und darum brauchen wir die AFD, BSW und sonstige.. damit diese Veruntreuung aufhört. Während unsere Politik versucht die Welt zu retten, geht unser Land kaputt und verarmt..
Wenn man sich die Gründe für fehlende Investitionen der Industrie in DEU betrachtet, so liegt dies definitiv nicht an fehlendem monetären Unterstützungsmaßnahmen. Wie die Industrie, Handel etc. schon immer anführten, liegen die Probleme anders: Bürokratie, Überregulierung, schleppende Antragsverfahren, fehlende Informationstechnik, zu hohe Kosten usw. usw. Man muss Probleme und deren Ursachen auch erkennen wollen!
Genau richtig. Sie haben die richtigen Gründe für den mangelnden Investitionswillen benannt. Insb für Klein- und Mitelbetriebe also die Masse der Unternehmen trifft das zu. Große Konzerne schliessen einfach Produktionsstätten und verlagern diese ins Ausland möglichst noch ausserhalb der EU. Und die miese Nachfrage bzw. Auftragslage fördert auch nicht den Willen zu Investitionen. Die Weltwirtschaftslage wird nachhaltig durch weitreichende Sanktionen und einseitige Ausgaben für Kriege wie Ukraine oder Naher Osten ( Israel, Palästina ...) zusätzlich belastet. Schliesslich tun die nicht durchdachten Initiativen des Hr Habeck die Leute weiter verunsichern- Heute Hüh morgen morgen hott.
Wenn Sie das, was AfD und BSW von sich geben, besser verstehen, dann tun Sie mir wirklich leid. Denn dann haben Sie nicht verstanden, wo uns diese Parteien hinführen. Mit Sicherheit nicht zu Frieden und Wohlstand, sondern zu Abhängigkeit und Spaltung der Gesellschaft.
Die schlechte wirtschaftliche Situation hat viele Facetten, da gehören die von Ihnen genannten Punkte definitiv dazu. Dazu kommen noch Mängel in der Bildung, die Überalterung und der sich daraus ergebene Fachkräftemangel sowie der selige Schlaf diverser Politiker und Unternehmen, die lieber an den vorhandenen Geschäftsmodellen festhalten wollen anstatt sich zu verändern. Wenn ich an den Faktoren was ändern möchte, dann komme ich auch nicht an monetärer Unterstützung vorbei. Digitalisierung kostet Geld, Qualifizierung kostet Geld, bessere Bildung kostet Geld. Auch der Kauf neuer Anlagen kostet Geld, Innovationen kosten Geld, die Liste ist endlos. Selbst wenn die Bürokratie und die Überregulierung wegfallen würde, wäre bspw. die Subventionen für eine neue Batteriefabrik in USA immer noch so attraktiv ,dass die Firmen dahin gehen. Wie Sie schreiben, man muss Probleme und deren Ursachen sowie vielversprechende Lösungen auch erkennen wollen.
Was Habeck vorhat, ist klassische Keynesianische Wirtschaftspolitik. Diese ist angesichts der weltweiten Wirtschaftsflaute und der ungezügelten schuldenfinanzierten Subventionspolitik unserer Hauptkonkurrenten wie China und den USA auch dringend nötig. Mit Lindner ist das nicht zu machen. Ihm ist der ausgeglichene Haushalt wichtiger als die Zukunft der deutschen Industrie. Im Ausland schüttelt man darüber nur noch den Kopf.
Ihr Urteil, dass es sich um typisch Keynesianische Wirtschaftspolitik handelt, teile ich voll. Und dass sie dringend notwendig ist, ebenfalls. Anders sehe ich Ihre Einschätzung zu Lindner. Auch er weiß, dass antizyklische Maßnahmen momentan gefragt sind. Aber wie finanzieren Bei knapp einer Billion € an jährlichen Steuereinnahmen muss die Finanzierung auch ohne Kredite, Sondervermögen o.ä. via Umschichtung möglich sein.
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