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Habeck und die AKW-Frage: Auf dem Grünen-Parteitag droht die Kern-Spaltung

Habeck und die AKW-Frage

Auf dem Grünen-Parteitag droht die Kern-Spaltung

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    Grundsätzlich, das ist Beschlusslage, soll der Atomausstieg, auf den die Grünen seit Jahrzehnten mit Herzblut hinarbeiten, zum Jahresende vollzogen werden.
    Grundsätzlich, das ist Beschlusslage, soll der Atomausstieg, auf den die Grünen seit Jahrzehnten mit Herzblut hinarbeiten, zum Jahresende vollzogen werden. Foto: Armin Weigel, dpa

    Vor dem Grünen-Parteitag, der an diesem Freitag in Bonn beginnt, stehen die Zeichen auf Sturm: Krieg in der Ukraine, Zoff in der Ampel-Regierung und erste Anzeichen schwindender Wählergunst sorgen für jede Menge Zündstoff. Für erhitzte Debatten sorgen dürfte besonders die Frage, wie es der grüne Energieminister Robert Habeck in der Strom- und Gaskrise mit den verbliebenen drei Atomkraftwerken halten soll.

    Dass jetzt auch noch Klimaschutz-Ikone Greta Thunberg Salz in die Atomkraft-Wunde der Grünen streut, zeigt die Brisanz. Am Mittwochabend in der ARD-Talkshow "Maischberger" kritisierte die schwedische Aktivistin das geplante Aus für die letzten deutschen Atomkraftwerke. "Wenn sie schon laufen, glaube ich, dass es ein Fehler wäre, sie abzuschalten und sich der Kohle zuzuwenden", sagte sie.

    Grundsätzlich, das ist Beschlusslage, soll der Atomausstieg, auf den die Grünen seit Jahrzehnten mit Herzblut hinarbeiten, zum Jahresende vollzogen werden. Doch seit Russland den Gashahn zudrehte, herrscht die Angst vor einem Strom- und Wärme-Notstand im Winter. Habeck musste sich bewegen. Nur im äußersten Notfall, so plant er bislang, sollen die beiden Atommeiler Isar 2 und Neckarwestheim, auch im kommenden Jahr Strom liefern können. Inzwischen sagt Habeck auch, dass er glaubt, dass dies nötig sein wird. Doch der Koalitionspartner FDP fordert, dass nicht nur die beiden südlichen Kraftwerke gleich am Netz bleiben, sondern auch das im niedersächsischen Emsland. Zudem sollen die Laufzeiten auch über das kommende Frühjahr hinaus verlängert und dafür neue Brennstäbe angeschafft werden.

    Warnschuss in Niedersachsen: Was ist, wenn der Blackout kommt?

    Gleich am Freitagabend steht das heikle Thema auf der Tagesordnung der 800 Delegierten. Habeck könnte unter Beschuss geraten, denn noch sind die strikten Atomkraftgegner stark. Gleichzeitig hegen Parteistrategen eine große Furcht: Dass es die Grünen auf Jahre hinaus angreifbar machen, sie viele Sympathien bei den Wählerinnen und Wählern kosten wird, sollte es im Winter wirklich zu Stromausfällen kommen. Die Wahl in Niedersachsen am vergangenen Sonntag war als klares Warnzeichen zu verstehen, obgleich sie den Grünen das beste Ergebnis aller Zeiten in diesem Land brachte. Lange aber hatten die Prognosen noch weit mehr erwarten lassen. Angesichts der Energiekrise schrumpften die Erwartungen dann so weit zusammen, dass schließlich mangels echter Chancen auf die Aufstellung einer Ministerpräsidentenkandidatin verzichtet wurde.

    Zustimmung gekostet haben offenbar gerade die Pannen von Robert Habeck, der etwa bei der Gasumlage patzte und sie dann zurückziehen musste. Geht es nach dem Wunsch der Parteispitze, soll das Treffen in Bonn vor allem auch dazu dienen, Habeck und dem übrigen Spitzenpersonal den Rücken zu stärken, die Reihen zu schließen. Doch das kann nur gelingen, wenn im Atomkonflikt ein gangbarer Weg zwischen den weitreichenden Forderungen der FDP und dem harten Kern der Kernkraftgegner in den eigenen Reihen gefunden wird.

    Dieter Janecek: Die wichtigste Aufgabe bleibe, massiv Gas und auch Strom einzusparen.
    Dieter Janecek: Die wichtigste Aufgabe bleibe, massiv Gas und auch Strom einzusparen. Foto: Britta Pedersen, dpa

    Wie dieser aussehen könnte, sagt der Grünen-Politiker Dieter Janecek im Gespräch mit unserer Redaktion. "Ich gehe davon aus, dass wir die zwei Atomkraftwerke im Süden wegen der dortigen besonderen Herausforderungen für die Netzstabilität für diesen Winter ans Netz bringen müssen", so der industriepolitische Sprecher der Bundestagsfraktion. Die wichtigste Aufgabe bleibe, massiv Gas und auch Strom einzusparen, darin liege "der deutlich größere Hebel, denn eine sinkende Nachfrage hilft auch, die Preise zu drücken".

    Kritik an Bayern in Sachen erneuerbare Energien

    Damit macht Janecek einerseits eine klare Ansage an die FDP, dass es weitere Zugeständnisse in Sachen Atomkraft nicht geben soll. Andererseits: Würden die beiden Meiler ohne Unterbrechung weiterlaufen und nicht nur Notreserve bleiben, wäre das eine Kröte, die eingefleischte grüne Atomgegner erst einmal schlucken müssten. Die Alternativen zur Kernkraft angesichts fehlender Gaslieferungen aus Russland, darauf verweist nicht nur Greta Thunberg, sind für viele Grüne ebenfalls schmerzhaft.

    Janecek sagt: "In Rekordzeit werden wir diesen Winter die ersten Flüssiggasterminals in Betrieb nehmen und die Kohlereserve hochfahren. All diese Maßnahmen zusammen garantieren uns Versorgungssicherheit und mit der Gas- und Strompreisbremse drücken wir den Preis." Es sei "schleierhaft, warum CSU, FDP, aber auch Teile der Wirtschaft in dieser Situation jetzt das Hochfahren des niedersächsischen Atomkraftwerks Emsland als Allheilmittel propagieren, das ist absurd". Denn, so Janeck, Niedersachsen habe im Gegensatz zu Bayern bei erneuerbaren Energien seine Hausaufgaben gemacht."

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