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Grünen-Parteitag: Und Christian Lindner wartet schon im Atomstreit

Grünen-Parteitag

Und Christian Lindner wartet schon im Atomstreit

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    Bei uns läuft's:  Die Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour auf dem Parteitag in Bonn.
    Bei uns läuft's: Die Grünen-Chefs Ricarda Lang und Omid Nouripour auf dem Parteitag in Bonn. Foto: Deutsche Presse-Agentur GmbH / Thomas Banneyer / Thomas Banneyer

    Nach dem Grünen-Parteitag ist vor dem Streit mit FDP-Chef Christian Lindner. Es geht um die verbliebenen deutschen Atomkraftwerke und wie lange sie weiterlaufen sollen. Noch am Sonntag war der Anführer der Grünen, Robert Habeck, mit Lindner und Kanzler Olaf Scholz (SPD) zusammengekommen. Die Grünen hatten da in Bonn kaum ihre Zelte zusammengepackt. Über die Inhalte des Treffens wurde Stillschweigen vereinbart. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur wurde eine Fortsetzung der Gespräche für Montag vorbereitet.

    Der Zeitdruck auf die Bundesregierung ist immens. Denn wenn sich das Ampelbündnis nicht einigt, dann gehen die Meiler Isar2, Neckarwestheim und Emsland Ende des Jahres vom Netz und stehen als Stützen des Stromnetzes nicht mehr zur Verfügung.

    Jürgen Trittin zog die Strippen

    Der Grünen-Parteitag hatte Habeck den Spielraum in Verhandlungen eng gemacht. Alt-Meister Jürgen Trittin spielte am Rhein groß auf. Er hüpfte von Fernsehkamera zu Fernsehkamera, ließ hinter den Kulissen seinen Einfluss walten. Der Parteitag folgte schließlich seinen Forderungen, die er in den Antrag der Parteispitze hineinverhandelte.

    Ex-Umweltminister Jürgen Trittin vor Beginn kämpfte auf dem Parteitag für klare Vorgaben und rote Linien beim Streckbetrieb der letzten Atomkraftwerke in Deutschlands.
    Ex-Umweltminister Jürgen Trittin vor Beginn kämpfte auf dem Parteitag für klare Vorgaben und rote Linien beim Streckbetrieb der letzten Atomkraftwerke in Deutschlands. Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa

    Nur Isar2 und Neckarwestheim gehen in den Streckbetrieb, Emsland wird Silvester abgeschaltet. Spätestens am 15. April ist auch mit den beiden anderen Meilern Schluss, neue Brennstäbe dürfen nicht gekauft werden. Der Beschluss ist nicht nur zum Nachteil für Habeck. Er konnte sich damit vor Lindner stellen und ihm sagen, „sieh, ich kann nicht anders“.

    Der Finanzminister war beim Familientreffen der Grünen ohnehin der Lieblingsgegner der 800 Delegierten, obwohl er ihr Koalitionspartner ist. „Wenn es darum geht, Schaden von unserem Land abzuwenden, hohe Energiepreise zu reduzieren und Blackouts zu verhindern, dann gibt es für mich keine roten Linien“, gab der FDP-Vorsitzende vor der Runde mit Scholz und Habeck zu Protokoll. „Es geht hier nicht um Parteipolitik.“ Lindner legte also die Land-vor-Partei-Karte auf den Tisch, die die Grünen seit Freitagabend in der alten Hauptstadt gespielt hatten.

    Grüne Freude am Regieren

    Dort feierten sie sich drei Tage als die Kraft der Koalition, die die Verantwortung des Regierens beherzt annimmt. „Wir ducken uns nicht weg“, war ein Satz, der häufig fiel. Waffenlieferungen an die Ukraine, aus der Reserve zurückgeholte Kohlekraftwerke und das Angebot, zwei der drei Kernkraftwerke bis in das Frühjahr hinein am Netz zu halten. Die Partei sieht sich als Avantgarde der Ampel, die sich selbst viel zumutet. „Nie habe ich mich so zuhause gefühlt, nie war ich so stolz auf diese Partei“, rief Habeck bei seiner Rede unter lautem Beifall in den Saal.

    Nicht ganz so stolz auf die Grünen sind Öko-Aktivistin, Friedensbewegte und Kernkraft-Gegner. Luisa Neubauer, die Gallionsfigur von Fridays for Future, redete der Regierungspartei kurz vor dem Abschluss des Parteitages in einem traurig-konsternierten Appell ins Gewissen. „Da werden klimafeindliche Entscheidungen so plausibel verteidigt – wenn man still ist, hört man irgendwo ein Ökosystem weinen“, sagte Neubauer.

    Sie, die Fridays und die Grüne Jugend kämpften am Sonntag dafür, dass das hochsymbolische Örtchen Lützerath im Rheinischen Braunkohlerevier doch nicht weggebaggert wird, wie es im Kompromiss mit dem Energiekonzern RWE beschlossen ist. „So lange Kohlekonzerne die Regeln machen, gibt es keine Klimagerechtigkeit“, klagte Neubauer.

    Die Grünen beerdigen ein Symbol

    Während FDP-Chef Lindner schwer kritisiert wurde, entschied sich die Parteispitze dafür, die Kritikerin Neubauer zu umarmen. Viel Applaus bekam sie für ihren Appell, der eigentlich eine Anklage war. „Du hast viel gesagt, was uns zum Nachdenken anregen muss. Es fällt vielen nicht leicht, diese Worte anzuhören“, erklärte Parteivorsitzende Ricarda Lang in ihrer Replik auf die Vorwürfe der prominenten Klimaaktivistin.

    Recht bekam Neubauer trotzdem nicht. Die Mehrheit des Parteitages beschloss, dass der mit RWE ausgehandelte Kompromiss vertretbar ist und Lützerath weichen musss. Die Mehrheit für die Entscheidung war hauchdünn, aber das Partei-Establishment hatte sich durchgesetzt. Die Grünen schreiben Lützerath ab. Es ist für die junge Ökobewegung ein Symbol, wie es früher das Wendland für die Anti-AKW-Bewegung war.

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