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Große Koalition: Die GroKo stellt sich selbst ein gutes Halbzeitzeugnis aus

Große Koalition

Die GroKo stellt sich selbst ein gutes Halbzeitzeugnis aus

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    Betont optimistisch für die weitere Regierungsarbeit: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD).
    Betont optimistisch für die weitere Regierungsarbeit: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Foto: Kay Nietfeld/dpa

    Das Zwischenzeugnis, das sich die Große Koalition selbst ausstellt, fällt blendend aus. Und klingt nach einem klaren Bekenntnis zur Fortsetzung. Tatsächlich ist das Bündnis von Union und SPD akut gefährdet. In ihrer 84-seitigen Halbzeitbilanz, die unserer Redaktion vorliegt, schreibt die Bundesregierung zwar: „Zusammen mit den Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und SPD haben wir viel erreicht und umgesetzt – aber es bleibt auch noch viel zu tun.“

    Doch zwischen den Partnern tobt ein erbitterter Streit. So fordert die SPD, dass die geplante Grundrente ohne eine Bedürftigkeitsprüfung kommen soll – anders als im Koalitionsvertrag vereinbart. In der Union lehnen die einen ein solches Zugeständnis an die SPD kategorisch ab. Andere knüpfen es an Bedingungen: Die Genossen sollen einer Entlastung der Wirtschaft zustimmen.

    Union und SPD streiten noch immer um die Grundrente

    Der Vorsitzende des einflussreichen Parlamentskreises Mittelstand der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Christian von Stetten (CDU), warnt etwa vor „Kosten von mindestens drei Milliarden Euro jährlich“, die eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung zur Folge hätte. Profitieren vom SPD-Modell würden auch Personen, die „andere Alterseinkünfte oder Vermögen“ hätten und darum eine steuerfinanzierte Unterstützung nicht benötigten. In einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel, der unserer Redaktion vorliegt, schreibt von Stetten: „Aus unserer Sicht darf auf eine Bedürftigkeitsprüfung nicht verzichtet werden.“

    Merkel dringt nach Informationen aus der Unionsfraktion indes auf einen Kompromiss. Schließlich habe die SPD die Frage der Grundrente eng mit dem Fortbestand der GroKo verknüpft. Auch CSU-Chef Markus Söder hatte jüngst eine Zustimmung zu den Grundrenten-Plänen angedeutet – wenn die SPD im Gegenzug eine Senkung von Unternehmenssteuern und Stromkosten mittrage. Im Hintergrund laufen nun die Verhandlungen auf Hochtouren.

    Carsten Schneider, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, bekräftigte am Mittwoch, dass die Grundrente für seine Partei eine „entscheidende Frage“ sei. Dass Menschen nach 35 Arbeitsjahren eine Rente über dem Niveau der Grundsicherung bekämen, sorge für sozialen Frieden und mehr Kaufkraft im Land. Schneider deutete allerdings an: „Über Stellschrauben kann man reden.“ Zuletzt war davon die Rede, dass statt des kompletten Vermögens lediglich das laufende Einkommen möglicher Grundrenten-Bezieher geprüft werden solle. Umgekehrt schließt Schneider nicht aus, dass seine Partei Union und Wirtschaft in dem einen oder anderen Punkt entgegenkommt. Für einen Steuersenkungswettbewerb sehe die SPD zwar keine ökonomische Notwendigkeit. „Den Unternehmen kommt das Geld zu den Ohren heraus, das sollten sie investieren“, sagte er. Doch wenn es jetzt um den Bundeshaushalt gehe, müssten die Investitionen in die Infrastruktur verstärkt werden, um dem Bausektor eine langfristige Perspektive zu geben. Dies werde die Konjunktur stabilisieren. Ebenso sei eine bessere Förderung der Forschung von Unternehmen denkbar.

    Merkel und Scholz verweisen auf das bisher Geleistete der GroKo

    Auch aufseiten der Union gibt es vorsichtige Entspannungssignale. Unionsfraktionsvize Georg Nüßlein (CSU) sagte unserer Redaktion: „Momentan testen wir aus unterschiedlicher Motivation die Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft. Grundrente und Klimaschutz sind dabei ehrenwerte Motive.“ Eine verantwortungsvolle Regierung müsse aber den Ausgleich im Blick haben. Nüßlein: „An der von Markus Söder vorgeschlagenen Unternehmenssteuerreform kann die SPD zeigen, ob sie noch eine verantwortungsvolle Regierungsfraktion ist.“ Die Hoffnung habe er jedenfalls noch nicht aufgegeben.

    Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) haben die Große Koalition bei der Präsentation der Halbzeitbilanz als „arbeitsfähig und arbeitswillig“ bezeichnet. Von 300 geplanten großen Maßnahmen seien zwei Drittel umgesetzt oder auf den Weg gebracht worden. Auf den Grundrenten-Streit gingen sie nicht ein. In der Bilanz steht das Thema unter den noch umzusetzenden Vorhaben. Zur Frage der Bedürftigkeitsprüfung heißt es da: „Die Grundrente soll zielgenau sein und denen zugutekommen, die sie brauchen.“

    Am Sonntag treffen sich die Spitzen der Koalition zum nächsten Anlauf, den Konflikt beizulegen.

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