Es ist eine Woche der Premieren für Liz Truss. Während sie am Dienstag in ihrer Rolle als Premierministerin das erste Mal Königin Elizabeth II. traf, hatte sie am Mittwoch ihren ersten Auftritt im Parlament und sie wurde nicht geschont. Oppositionsführer Keir Starmer kritisierte die 47-Jährige. Er sehe in ihr „keine Veränderung“ im Vergleich zu Johnson. Schließlich habe sie alle Entscheidungen ihres Vorgängers, der das Land in dieser Misere gebracht habe, abgenickt.
Tatsächlich verstehen viele Truss als eine Fortsetzung Johnsons. Denn schließlich hatte sie bis zum Schluss zu ihm gehalten und bekräftigte überdies seinen politischen Kurs. Ein Blick in die Reihen hinter ihr machte am Mittwoch aber auch deutlich, dass die Besetzung ihrer Regierung eine deutlich andere ist als die ihres Vorgängers. Medien beschrieben den Wechsel gar als gnadenlos. Nur eine Stunde nachdem Johnson die Türe der Downing Street Nummer 10 hinter sich geschlossen hatte, erhielten viele Beamte eine E-Mail, in der ihnen mitgeteilt wurde, dass sie von Truss’ neuer Regierung nicht gewollt seien.
In England sind mit Liz Truss die Hardliner an die Macht gekommen
Von den Mitgliedern des Kabinetts, die Johnson im Juli einberufen hatte, durften nur wenige bleiben. Kein einziger Anhänger des einstigen Finanzministers Rishi Sunak, Truss’ direktem Gegner im Kampf um Johnsons Nachfolge, ist noch da. Auf die wichtigsten Posten berief die neue Regierungschefin ihre engsten Verbündeten. Jene Abgeordnete, die auch ihren neoliberalen Kurs teilen. Die Position des Finanzministers erhielt der bisherige Wirtschaftsminister Kwasi Kwarteng. Staatssekretär Jacob Rees-Mogg, der als Gegner grüner Industrien und einflussreiches Mitglied des ultrakonservativen Flügels in der Tory-Partei gilt, wird neuer Wirtschafts- und Klimaschutzminister.
Während Johnson mit Sunak als Finanzminister und Michael Gove, zuletzt Minister für Wohnungswesen, auch moderatere Stimmen in seinem Kabinett hatte, gehören nun alle neu ernannten Top-Posten dem rechten Flügel der Partei an. „Damit ist die Regierung auf jeden Fall nach rechts gerückt“, bestätigte Jill Rutter von der Denkfabrik „UK in a Changing Europe“ gegenüber unserer Redaktion. Jetzt überwiegen die Stimmen jener, die sich für einen harten Brexit und für eine harte Einwanderungspolitik aussprechen und überdies den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte nicht mehr als letzte Instanz akzeptieren wollen.
Zu diesen politischen Hardlinern gehört auch die neue britische Innenministerin Suella Braverman. Die 42-Jährige ist eine jener Politikerinnen mit Migrationshintergrund im Parlament, deren Eltern unter den heute geltenden scharfen Einwanderungsgesetzen niemals nach Großbritannien gekommen wären.