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Großbritannien: Großbritannien verabschiedet mit Johnson einen Unkonventionellen

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Großbritannien verabschiedet mit Johnson einen Unkonventionellen

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    Boris Johnson, Noch-Premierminister von Großbritannien, wird am 6. September die Downing Street verlassen – doch ist sein Abschied für immer?
    Boris Johnson, Noch-Premierminister von Großbritannien, wird am 6. September die Downing Street verlassen – doch ist sein Abschied für immer? Foto: Frank Augstein, dpa

    Vor einigen Tagen fuhren Umzugswagen vor der Downing Street Nummer 10 vor, um die Habseligkeiten des Noch-Premierministers Boris Johnson abzuholen. Dieser darf bis zu seinem endgültigen Auszug Anfang September jene Möbel mitnehmen, die er im Rahmen einer umstrittenen Renovierung seit 2020 selbst bezahlt hat – darunter auch goldene Tapeten im Wert von umgerechnet rund 980 Euro pro Rolle. Ein Nutzer auf Twitter scherzte, dass eine Organisation zum Schutz von Kulturgütern Interesse an dem Wandschmuck habe. Schließlich sei er ein Beispiel für den "Narzissmus und die Wahnhaftigkeit der Eliten der 2020er Jahre“.

    Tatsächlich steht die Tapete fast sinnbildlich für Johnson, seinen opulenten Lebensstil, dafür, dass er schon als Kind "König der Welt“ werden wollte. Noch kurz vor seinem Sturz Anfang Juli hatte er angekündigt, für weitere zehn Jahre im Amt zu bleiben. Zu einer Zeit, als er die konservative Partei durch seinen von Lügen, Halbwahrheiten und leeren Versprechungen geprägten Führungsstil längst nachhaltig geschädigt hatte. Zerstörtes Vertrauen in die Demokratie ist damit eines der Vermächtnisse eines Premierministers, der Großbritannien polarisiert wie kein Zweiter. Doch was bleibt von seiner nur drei Jahre dauernden Amtszeit?

    Boris Johnsons Vermächtnis in Großbritannien ist der Brexit

    "Sein Vermächtnis ist der Brexit“, sagte Steven Fielding, Politologe an der University of Nottingham. "Das kann man ihm nicht nehmen.“ Tatsächlich hat Johnson durch seine Unterstützung für die Streit über das Nordirlandprotkoll weiter verschlechtert.

    In die Geschichtsbücher wird Johnson auch als derjenige Premierminister eingehen, der während der Pandemie regiert hat und im April 2020 selbst schwer an Covid-19 erkrankte. Laut Victoria Honeyman, Politologin an der University of Leeds, liege die Bilanz der Pandemie in Großbritannien "im Auge des Betrachters“. So verzeichnete das Land einerseits mit die höchsten Todeszahlen in Europa, auch weil die Regierung zunächst zögerte, im Frühjahr 2020 einen ersten Lockdown zu verhängen. Gleichzeitig wird das britische Impfprogramm wegen seiner Effizienz von vielen Britinnen und Briten als großer Erfolg angesehen.

    Plant Johnson ein politisches Comeback?

    Johnson selbst jedenfalls hat sein Urteil über seine eigene Amtszeit schon gefällt. Er sagte anlässlich seines letzten Auftritts im Parlament im Juli, dass er seine "Mission überwiegend erfüllt“ habe, rühmte sich noch einmal für die Unterstützung der Ukraine im Vorfeld und während des Krieges gegen Russland und schloss mit dem Satz: "Hasta la vista Baby“, "auf Wiedersehen“. Plant Johnson womöglich ein politisches Comeback? Rory Stewart, einst Abgeordneter der Tories, hält seine Rückkehr für möglich. Anhänger bekräftigten Johnson darin, wiederzukommen; sogar ein Misstrauensvotum gegen Liz Truss sei im Gespräch, die ihm wohl in der Downing Street nachfolgen wird. Nur wenige Wochen nach seinem Sturz macht sich offenbar Abschiedsschmerz breit, trotz allem.

    Jetzt aber muss Johnson wohl erst einmal Geld verdienen, um seine große Familie zu finanzieren. Schließlich hat er mit seiner dritten Frau Carrie zwei und aus seiner zweiten Ehe sowie einer Affäre fünf weitere Kinder. So verhandelt er offenbar mit Verlegern über ein Buch, welches auf seinen Erinnerungen an seine Zeit in der Downing Street basieren soll. Experten glauben, dass er darüber hinaus Reden halten wird. Verlangen könne er pro Auftritt umgerechnet wohl 290.000 Euro.

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